Dieser Text gehört zu einer Reihe, in welcher es um die Ordnung der Dinge
(Ontologie der Artefakte) und natürlich zu meiner Technologie
18. 7.23: Neue Erwägungen aufgrund des Dialoges mit R. Ottiger: Neuer Titel
25. 8.23: Es geht mir hier insbesondere auch darum, ohne Physik auszukommen. Das Wort Wärme ist wie Kraft und Energie in der Sprache jenseits von Physik (und in der Physik unbestimmt fremd). Ich habe mich anhand der Wärmepumpe, damit befasst, inwiefern Wärme wie Strom als Natur in dem Motor eingeht. |
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In diesem Text geht es vordergründig um den Motor, aber eigentlich darum, wie ich den Motor beobachte. Der Motor dient als konkretes Beispiel. Er ist ein hinreichend kompliziertes Artefakt, das die Entwicklung einiger Kategorien (m)einer Technologie begründet, die der eigentliche Gegenstand dieses Textes ist.
In der Physik ist die permanente Bewegung durch Naturgesetze gegeben. Die Physik muss Gründe dafür (er)finden, dass sich ein drehendes Rad nicht ewig weiter dreht. In der Technik dagegen ist das sich permant drehende Rad die wohl wichtigste Entwicklung, als deren Keimform ich das Rad am Ochsenkarren betrachte. Praktisch jede Bewegung in der Technik beruht - mindestens mittelbar - auf einem sich drehenden Rad und mithin auf einem Motor.
Als Motor bezeichne ich ein Artefakt, mit welchem ich eine Welle ohne Muskelkraft in eine permanente Rotation versetzen, also antreiben kann. Mit einem Motor bewege ich Artefakte, er bekommt seinen Sinn im Gerät oder in der Maschine, die ich mit ihm antreibe. Jeder Motor zeigt mir, was ich ohne ihn (und ohne ihn ersetzende Fronarbeiter) selbst tun müsste. Wenn ich ein Werkzeug verwende, bewege ich das Werkzeug absichtsvoll, indem ich mich bewege. Es wird mir so zum Objekt einer intendierten Bewegung, das sich mit mir durch mich bewegt. Das Werkzeug und der damit herzustellende Gegenstand bestimmen meine Bewegung und so auch die Bewegung des Werkzeuges. Sie sind Zweckursachen der Bewegung, die auch eine Wirkursache hat. Die "Ursachen", die ich hier meine, sind die Erklärungsprinzipien, von welchen schon Aristotesles sprach: es sind nicht Sachverhalte, sondern die Grenzen meines Wissens über die Genese der Sachverhalte. Wenn ich die Schwerkraft als Ursache für fallende Gegenstände bezeichne, erkläre ich nichts, ich führe lediglich eine Sprechweise ein. Schwerkraft sagt ja genau, dass Gegenstände fallen. Ich müsste also eine Ursache für die Schwerkraft angeben. Wenn ich das nicht mache, verwende ich die Schwerkraft als Erklärungsprinzip. Kraft erklärt nichts, sondern verweist als Grösse auf ein Messverfahren.(2) Als Ursache der hier gemeinten Bewegung betrachte ich neben der jeweiligen Intention des Bewegers ein Phänomen jenseits jeder Intention, das ich als naturwüchsigen Strom bezeichne. Ich komme darauf ausführlich zurück. |
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Als Bewegungen bezeichne ich die sinnlich beobachtbare Veränderung, welche die Position des bewegten Körpers in zwei verschiedenen Relationen betrifft: Ein Körper bewegt sich im Raum, was ich als Fortbewegung bezeichne, oder er bewegt sich um einen Punkt in seinem Körper, was ich als Drehung bezeichne. Bewegung beziehe ich hier - wo es nicht um soziale, sondern um motorisierbare Bewegungen geht - immer auf einen Körper, der sich als Einheit bewegt.(3) Wenn ich von einer Bewegung spreche, impliziere ich einen identischen Körper in verschiedenen räumlichen Lagen, ich impliziere mithin, dass das Veränderte noch dasselbe, aber nicht mehr in derselben Position ist, und ich impliziere ein Gedächtnis, durch welches ich die beiden Zustände vergleichen kann, obwohl ich sie nicht gleichzeitig wahrnehmen kann.(4)
In diesem Text beobachte ich Bewegungen im Zusammenhang mit dem Motor. Teil meiner Definition des Motors ist, dass ich immer auch einen Teil des Motors bewegen muss, ohne einen Motor dafür zu haben.(5) Der Motor ist also ein Mittel dafür, eine von mir beabsichtige Bewegung hervorzubringen, in welcher ich immer eine Bewegung voraussetze, die mir als ursächliches Erklärungsprinzip dient. Diese ursprüngliche Bewegung bezeichne ich als Natur. Ich spreche hier nicht über die Natur und nicht über die Natur der Dinge. Hier beobachte ich Technik, es geht also nicht um Philosophie oder Naturwissenschaft, sondern darum, was ich technologisch mit einem Motor wie bewegen kann.
Als Technologie bezeichne ich eine Lehre, in welcher ich Technik als eine bestimmte Kunst des Effizient-Seins beobachte. Die Technik, die mich dabei interessiert, ist nicht jene eines Fussballers oder eines Kunstmalers, sondern die Technik, in welcher effiziente Verfahren in Artefakten, schliesslich in Automaten aufgehoben werden. In einer Art Inversion bezeichne ich dann alle materiellen Artefakte, die mittels Werkzeugen hergestellt werden oder werden könnten, als (Teile der) Technik. Ich unterscheide dann Artefakte, die mein Bedürfnis unmittelbar erfüllen von solchen, die Mittel zur Herstellung von Artefakten sind. Die einen bezeichne ich als Geräte, die andern als Werkzeuge. In der Produktion verwende ich Geräte und Werkzeuge.
Viele dieser Artefakte werden bewegt und viele enthalten Teile, die bewegt werden. Wenn ich beispielsweise ein Fahrrad verwende, bewege ich mich vergleichsweise effizienter, als wenn ich zu Fuss gehe. Dabei bewege ich nicht nur mich, sondern auch das Fahrrad als Ganzes und verschiedene Teile des Fahrrades, wie etwa die Kette und die Räder. Natürlich benutze ich ein Fahrrad, um mich zu bewegen. Hier interessiere ich mich aber ausschliesslich für die Bewegungen von Artefakten, in deren je betrachteten Umwelt.
Artefakte bewegen sich im hier gemeinten, intendierten Sinn nicht selbst, jemand muss sie bewegen. Natürlich können Artefakt als physikalische Masse, die sie immer auch sind, durch die Gravitation und andere natürliche Ereignisse in Bewegung geraten, aber dabei erfüllen sie nicht die ihnen innewohnende Gegenstandsbedeutung. Ein Fahrzeug beispielsweise muss nicht nur angetrieben werden, es muss zu richtigen Zeit am richtigen Ort angetrieben werden. Ein Segelschiff beispielsweise muss richtig in den Wind gestellt werden, wenn es als Schiff bewegt werden soll. Wenn es von einem Orkan in die Luft gehoben wird, fliegt es als physikalische Masse, nicht als Schiff.
Ich kann Artefakte auf sehr verschiedene Arten bewegen. Im technisch entwickelten Fall verwende ich einen Motor. Ich kann den Motor - insbesondere solange ich keinen habe - auf verschiedene Arten ersetzen. Als lebendige Bewegung bezeichne ich solche, die auf Muskelkraft von Lebewesen beruht, als tote Bewegung bezeichne ich in dieser Unterscheidung jene, die nicht von Lebewesen bewegten Massen innewohnt. Die Unterscheidung - nicht deren Benennung - ist für mein Verständnis der Genese des Motors grundlegend. Ich komme darauf zurück.(6)
Wenn ich ein Schiff ohne Motor bewegen will, kann ich rudern oder - unter gegebenen Bedingungen - segeln. Wenn ich ein Segelschiff verwende, verwende ich Wind, um ein Artefakt zu bewegen, das keinen Motor hat. Luft strömt auf der Erde wie Wasser in eine Senke und wird durch die Wärme der Sonne zur relativen Quelle emporgehoben. Diese Zusammenhänge muss ich nicht verstehen, wenn ich ein Segelschiff bewege. Ich muss nur das Segelschiff benutzen können und Wind haben - und mich selbst im Schiff bewegen, während ich durch das Schiff mitbewegt werde.
Die Strömungen von Wind- und Wasser benutze ich vermittelt auch in vielen Motoren. Und die Wärme der Sonne ist auch in der Muskelkraft aufgehoben. Als lebender Organismus verwende ich Nahrung, die wie ich selbst durch die Wärme der Sonne gedeiht. Es gibt zu all diesen Zusammenhängen naturwissenschaftliche Lehren, die hier aber keinerlei Rolle spielen, hier geht es um lebensweltliche Zusammenhänge, die ich ohne jede Wissenschaft erkennen kann. Wenn ich nicht genug esse, kann ich mich so wenig bewegen, wie wenn ich vor Kälte starr bin.
Wasser schöpfen kann ich, indem ich mit meinen Händen eine Schale bilde. Ich kann jemandem zeigen, wie ich mittels meiner Hände Wasser aus einem Bach trinke. Er kann das Verfahren kopieren und wendet dann eine bestimmte "Technik" an, die beispielsweise meine Katze nicht anwendet. Ich kann statt meiner Hände eine Schale verwenden - was mir dann auch zeigt, warum ich davon spreche, dass ich mit meinen Händen eine Schale bilde. Ich kann beispielsweise eine hohle Fruchtschale verwenden oder eine hergestellte Schale. Jede hergestellte Schale ist bewusst geformtes Material. Ich kann beispielsweise mit meinen Händen eine Schale aus Lehm formen, was etwas ganz anderes ist als meine Hände als Schale zu nutzen. Die hergestellte Schale hat eine Gegenstandsbedeutung, die ich erkenne, wenn ich sie als Schale wahrnehme. Die Schale ist in diesem Sinne eine konservierte Anweisung für ein Verfahren, das ich als Schöpfen bezeichne. Sie fungiert als externes Gedächtnis, sie erinnert mich daran, dass ich schöpfen kann. Die Schale zum Schöpfen von Hand zu verwenden, ist in vielen Fällen nicht effizient. Deshalb wird sie oft in Maschinen, beispielsweise in Wasserschöpfeinrichtungen oder in Baggern eingesetzt. Und natürlich sind auch Maschinen nicht sehr effizient, wenn ich sie von Hand steuern muss. Deshalb verwende ich lieber geregelte Maschinen, also Automaten. Technik heisst in diesem Sinne die intendiert wiederholbar Anwendung von institutionalisierten Verfahren, die im entwickelten Fall in Artefakten aufgehoben sind, die das Verfahren rekonstruierbar machen. Dem Verfahren schreibe ich quasi rückblickend eine Technik zu, wenn ich beispielsweise ich meine Hände als Schale begreife. re-entry: Wirtschaftliche EffizienzWenn ich Wasser mit einer Schale schöpfe - was der philosophisch Weise nie getan hätte, weil er darin den Anfang einer nie endenden Entwicklung der Technik erkannt hätte - erkenne ich, dass das Schöpfen mit den Händen nicht effizient ist und dass es noch effizientere Verfahren als die Schale geben könnte. Ich unterscheide damit effizient von nicht effizient, und auf der effizienten Seite, effizient und effizienter. Durch diese Verdoppelung der Effizienz gewinne ich auch ein spezifisches Kriterium für das Ausmass der Effizienz, die J. Ortega als Arbeit sparen bezeichnet hat. Wenn ich Wasser mit eine Schale schöpfe, kriege ich mehr Wasser, nicht mehr Geld. Wenn ich Technik in der Warenproduktion verwende, interessiert mich nicht das Produkt, sondern der Gewinn, den ich mit Geld messe. Wirtschaftlich effizient ist, was mehr Gewinn abwirft. |
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Diese Effizienz ist eine sehr verbreitete Rationalisierung der Nutzung von Technik. I. Illich hat uns vor vielen Jahren vorgerechnet, welche Art von Effizienz durch Technik zu haben ist. Wenn ich aufrechne, wieviel Zeit ich arbeite, um ein Auto zu kaufen und zu betreiben, kann ich sehen, dass ich zu Fuss - über alles gesehen - gleich schnell bin, wie mit dem Auto.(7) Man kann zwar einwenden, dass ich im konkreten Fall mit einem Auto schneller irgendwo hin komme, aber das eigentlich effiziente besteht natürlich darin, dass das Auto von anderen gebaut wird, deren Einkommen relativ bescheiden ist. In der politischen Ökonomie wird die Effizienz von technischen Geräten in Form eines Wirkungsgrades gemessen, bei welchem Aufwand und Ertrag in Form von Energie ins Verhältnis gesetzt werden. Diese Effizienz liegt nicht in der Technik sondern - wie K. Marx wohl von B. Babbage gelernt hatte - in den arbeitsteiligen Produktionsverhältnissen. Das ist auch leicht daran erkennbar, dass die Besitzer der AKWs diese immer noch für effizient halten, weil sie unter den gegebenen gesellschaftlichen Verhältnissen eben finanziell effizient sind.
Die Entwicklung der sogenannten Dampfmaschine besteht zum einen in einer Entwicklung derer Effizienz. Oft wird J. Watt als Erfinder der Dampfmaschine bezeichnet, weil seine Version finanziell hinreichend effizient war, während die ersten Dampfmaschinen den Kapitalisten sehr wenig finanziellen Ertrag brachten. Die zugrundeliegende Frage lautete, welcher Antrieb bei gleicher Leistung mehr kostet, ein Pferd, ein Arbeiter, eine schlechte oder eine gute Dampfmaschine, was als finanzieller Wirkungsgrad aufgefasst werden kann. Diese Effizienz wird auch anhand der physikalischen Grösse Energie gemessen. In der Technik wurde der Ausdruck Energie Mitte des 19. Jahrhunderts durch die Arbeiten von N. Carnot eingeführt - um die damals schon lange verwendeten Dampfmaschinen spezifisch zu bewerten. Davor hatte man nur von Kraft gesprochen. Von Energie wussten die Erfinder der Dampfmaschinen noch nichts. Wie nebenbei bemerkt die Erfinder der Fliehkraftregelung, die für die Effizienz der Dampfmaschine sehr wichtig war, auch keinerlei Ahnung von der Maxwellschen Mathematik hatten. Eigentlich bezeichnet Energie ein physikalische Grösse. Umgangssprachlich wird Energie aber nicht für die Grösse, sondern für Kraftstoffe und Strom verwendet, die mit dieser physikalischen Grösse quantifiziert werden. Kraftstoffe werden im Unterschied zu einer Grösse verbraucht und kosten eben Geld. Alle Energieprobleme sind Geldprobleme - vom Geld abgesehen gibt es unendlich viel Energie. |
Quelle: Wikipedia |
Als "Energia" ist das Wort so alt wie die alten Griechen, die es irgendwie komplementär zu "Wirkung" verwendet haben, was in allen umgangssprachlichen Formen des Ausdruckes Energie diffus nachschwingt. In unserem Alltag ist hauptsächlich vom Energieverbrauch die Rede. Umgangssprachlich sage ich etwa, mein Auto "verbraucht" viel Energie. Eigentlich sage ich damit, dass das Auto sich - ganz im Gegenteil zur quasietymologischen Deutungen des Wortes - nicht von selbst bewegt, sondern von mir bewegt wird. Dabei verbrauche ich nicht Energie, sondern Benzin. Diese metaphorische Verwendung des physikalischen Ausdruckes Energie ist üblich. Auch die Physiker verwenden den Ausdruck sehr oft für das, was sie mit dieser Grösse messen. Sie sagen etwa, die Summe der Energie sei konstant, was man ja von einer Grösse nicht sagen kann. In einer verkürzten Redeweise wird dann beispielsweise Erdöl als Energie bezeichnet, weil es zum Autofahren oder Heizen benutzt werden kann.
Verbrennungsmotore verbrauchen Kraftstoff. Ich kann mein Auto ohne jede Kenntnis von Physik oder Energie benutzen, aber ohne raffiniertes Erdöl nicht.
Mit Erdöl kann ich einen Motor oder einen Generator antreiben. Dabei verbrauche ich Erdöl, nicht Energie. Das, was in diesem umgangssprachlichen Sinn als Energie bezeichnet wird, bezeichne ich in meiner Physik als Energieladungsträger. Mit einem Liter Erdöl kann ich mein Auto zwanzig Kilometer weit bewegen und das kostet mich dann etwa zwei Dollars. Dollar ist die eigentliche Einheit für verbrauchbare Energie in diesem umgangssprachlichen Sinn - der mich hier aber nicht weiter interessiert. Hier spielt Energie keine Rolle.(8) Hier interessiert mich die spezifische Quantität der Bewegung, die in Geld oder Energie gemessen wird, nicht. Hier interessiert mich, wie eine bestimmte, von mir intendierte Bewegung technisch hervorbringen kann. Ich beobachte die technische Entwicklung, nicht für wen sie rentabel ist. Es gehtdarum, wie ich ein Rad ohne (meine oder fremde) Muskelkraft in eine permanente Rotation versetzen, also antreiben kann, indem ich einen Teil eines Motors antreibe. Der Motor interessiert mich als Verkörperung eines effizienten Verfahrens. Ich benutze - von sehr speziellen Situationen abgesehen - lieber ein Fahrzeug oder ein Gerät mit einem Motor als eines ohne Motor. Diese Vorliebe erkenne ich auch bei jenen, die mangels Motor ihre Kutschen oder ihre Trams von Pferden ziehen liessen. Die Kutsche ist nebenbei bemerkt auch Ausgangspunkt für zwei sehr verschiedene Arten einer Motorisierung. Die Kutsche ist aufgehoben im Eisenbahnwagen, dessen Räder sich drehen, weil der Wagen fährt und im Automobil, das fährt, weil sich dessen Räder drehen. Die beiden verschiedenen Motorisierungen beeinflussten auch stark, was als Kutsche wahrgenommen wurde. G. Daimler hatte mehr den Kutscher auf dem Bock im Auge als die Fahrgäste, für die der Eisenbahnwagen einer Kutsche nachempfunden wurde. Dieselbe Inversion im Antrieb erkenne ich auch ohne Motor im Unterschied zwischen der Draisine und dem Fahrrad. Die Räder des Laufrades bewege ich, indem ich das Laufrad bewege, das Fahrrad bewege ich, indem ich die Kurbel das Antriebes mit den Pedalen bewege. Ich kann zunächst leicht erkennen, dass ich beim Laufrad keinen Motor einbringen kann, weil der technisch entwickelte Antrieb fehlt. Da sich die sprichwörtliche Praxis praktisch nie um deren Theorie kümmert, wird beim Vélosolex anders als beim Motorrad mit dem Motor nicht die Kurbel des Kettenrades angetrieben, sondern der Pneu des Rades, was natürlich auch bei einer Draisine funktionieren würde. Ich bewege ein materielles Artefakt, wenn ich dessen Position oder dessen Ausrichtung im Raum verändere. Wenn das Artefakt aus verschiedenen zueinander beweglichen Teilen besteht, bewege ich diese Teile, wenn ich deren Position untereinander verändere, was immer auch einer Veränderung im Raum entspricht. Einen Hammer bewege ich, indem ich meinen Arm bewege, ein Segelschiff, indem ich es in den Wind stelle und eigentliche Maschinen, indem ich einen Motor verwende. In den beiden ersten Fällen bewege ich das Gerät als Ganzes im Raum. Wenn ich einen Hammer bewege, bewege ich auch Teile von mir. Wenn ich ein Segelschiff bewege, bewege ich auch mich selbst als Ganzes im Raum. Wenn ich eine Gerät mit einem Motor verwende, bewege ich einzelne Teile des Gerätes und einzelne Teile des Motors, unabhängig davon, ob ich das Gerät und mich selbst auch im Raum bewege. Eine Dampfmaschine kann stationär sein. Ein Gerät mit einem Motor hat ebenso wie der Motor immer auch ein Gestell, das relativ zur Bewegung der Teile unbewegt bleibt. Ich beobachte hier nur Bewegungen von Artefakten, die ich willentlich verursache. Ein Artefakt, das sich quasi von selbst bewegt, indem es beispielsweise von einem Tisch fällt, ziehe ich hier so wenig in Betracht, wie einen vorbeifliegenden Vogel. Ein Schiff will sich nicht bewegen. Ich kann es durch rudern, mit einem Segel oder einem Motor bewegen. Die verschiedenen Möglichkeiten sind in dieser Hinsicht äquivalent: Immer bewege ich das Schiff. Nicht der Wind bewegt das Schiff, ich bewege es, indem ich es in den Wind stelle. Nicht der Motor bewegt das Schiff, ich bewege es mittels eines Motors. Die hier gemeinte Bewegung betrifft immer einen festen Körper und hat die Ursache darin, dass dieser Körper mit seiner Umwelt oder einem Teil davon spezifisch gekoppelt ist. Jede Bewegung eines Artefaktes ist an einen naturwüchsigen Fluss gekoppelt, der kein Artefakt betrifft. Die naturwüchsige Wirkursache der BewegungIch kann beispielsweise ein Schiff bewegen, indem ich es in den Wind oder in einem Fluss stelle. Aber ich kann weder machen, dass der Wind weht noch dass das Wasser im Fluss fliesst. Kein Mensch stellt den Wind her, durch oder mittels welchem ich mein Segelschiff bewege. Ich sage zwar umgangssprachlich, dass ich mich oder meinen Körper bewege, aber natürlich hat auch mich kein Mensch gemacht. Meine Bewegungen sind natürlich wie der Wind. Als Natur bezeichne ich, was nicht hergestellt wurde. Hier beobachte ich die Bewegung des Artefaktes, also nicht dass ich mich bewege oder dass sich ein anderer Teil der Natur bewegt.
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Als strukturelle Koppelung bezeichne ich, dass ich die Bewegung des Segelschiffes mit dem Wind verbinde. Ich kann leicht erkennen, dass der Wind die Ursache ist. Dazu brauche ich nicht das geringste physikalische Wissen und keinerlei Erklärungen dafür, woher der Wind kommt. Wenn ich einen Hammer bewege, ist dieser mit meiner Armbewegung dadurch gekoppelt, dass ich ihn in der Hand halte. Auch das erkenne ich ohne jede Physik. Das fliessende Wasser, das ich verwende, um ein Floss oder Wasserrad zu bewegen, bewegt sich - in der hier vereinbarten Sprache - nicht, es ist kein fester Körper, es fliesst. Technisch spielt keine Rolle, weshalb Wasser abwärts fliesst und warum ich dieses Fliessen mit der Bewegung eines Artefakts koppeln kann. Technisch ist entscheidend, dass das Wasser das Wasserrad antreibt, wenn ich das Wasserrad entsprechend her- und in den Fluss stelle. Andernfalls würde ich kein Wasserrad in einen Bach stellen. Die hier gemeinte Natur zeigt sich komplementär, als Wirkursache der technischen Bewegung. Sie ist das, was ich für die Funktion des Antriebes nutze. Technisch kann ich den Fluss des Wassers durch ein Gestell kontrollieren. Ich kann Wasser auf ein Wasserrad fliessen lassen. Ich kann nichts dafür tun, dass es fliesst, ich kann den Fluss nur partiell verhindern oder lenken. Und natürlich muss ich den Fluss nicht nutzen. Das Regenwasser fliesst auch ins Meer, wenn ich es nicht als Antrieb von Bewegungen verwende. Ich erkenne darin auch keine sinnlos verbrauchte Energie. Der Fluss, in welchem Regenwasser zum Meer fliesst, ist relativ ortsgebunden. Ich muss das Wasserrad zum Fluss bringen. Auch Windräder sind - von ihrer inversen Version als Propeller abgesehenen - ortsgebunden, obwohl der Wind fast überall weht, was ja das Segeln erst möglich macht. Solche Beschränkungen, die mit dem Flusswasser und dem Wind einhergehen, werden durch die Entwicklung der Technik auf einem höheren Niveau kompensiert. Zur Geschichtsschreibung |
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Ich unterscheide Geschichten, die sich mit der technischen Entwicklung des Motors befassen, von solchen, die die Auswirkungen des Motors auf lebensweltliche Verhältnisse thematisieren. Historiker und Technikphilosophen befassen sich hauptsächlich mit den gesellschaftlichen Verhältnissen, unter welchen der Motor - respektive das, was sie als Motor bezeichnen - hervorgebracht wurde und mit dessen sozialen Folgen. Beides interessiert mich hier nicht. Ich gehe davon aus, dass Technik nicht soziale, sondern technische Probleme löst und verursacht, auch wenn das unter gesellschaftlichen Bedingungen passiert.
In den Geschichten der Technikhistoriker werden normalerweise jene Erfindungen auf einer Zeitachse verortet, die kommerzielle Bedeutungen hatten oder hätten haben können. Wichtig scheint in solchen Geschichten, wer eine bestimmte Idee zuerst publiziert hat oder patentieren liess, und sehr oft wird unterschlagen, dass diese Ideen schon früher von anderen Autoren mit weniger Erfolg veröffentlicht wurden. In solchen Geschichten wird erzählt, wer wann welchen Motor erfunden hat. Dabei wird vorausgesetzt, was ein Motor ist. Wenn überhaupt definitorische Bestimmungen gegeben werden, ist meisten von Kraftmaschinen die Rede oder abstrakt physikalisch von Energieumwandlern.(9)
In der durch K. Marx auf die Füsse gestellten Dialektik bedeutet eine Sache zu begreifen, deren Gewordenheit zu rekonstruieren, also deren Entstehungsgeschichte zu erkennen. In einer Inversion bedeutet das, dass ich durch die jeweilige Geschichte bestimme, von welcher Sache ich spreche. Was ich als Motor bezeichne, bestimme ich erst durch eine Geschichte des Motors, gleichgültig, wie dies in einer Definition aufgehoben ist. Dabei schreibe ich zwangsläufig auch eine Geschichte der Wortverwendungen. In der vorliegenden Geschichte beobachte ich logisch-genetische Entwicklungen, in welchen das zeitliche Auftreten von bestimmten Erfindungen unerheblich ist, weil ich - von für mich bedeutungslosen Patenterteilungen abgesehen - ohnehin gar nicht wissen kann, wer was erfunden hat. Zu praktisch jedem vermeintlichen Erfinder kennen ich einen Erfinder, der die Sache bereits vorher erfunden hat. Die Patentstreiteren, die nur die Spitze des Eisberges zeigen, sind Legionen. Ich schreibe hier also keine Historie, sondern eine Entwicklungsgeschichte, die nicht in der Zeit, sondern in der Sache, die als Objekt der Geschichte erscheint, begründet ist.
Von einer Entwicklung einer Sache spreche ich in diesem Sinne, wenn sich deren strukturelles Niveau erhöht. Wann die Entwicklung stattfindet und wieviel Zeit dabei vergeht, spielt keine Rolle. Ich unterscheide in bestimmten Fällen eine ontogenetische und eine phylogenetische Entwicklung, also ob ich die Entwicklung eines einzelnen Objektes oder eine Entwicklung anhand verschiedener Objekte einer Klasse betrachte. Letzteres bezeichne ich als Evolution. Lebewesen durchlaufen gemäss den Evolutionslehren, die C. Darwin zugeschrieben werden, als Individuen eine ontogenetische Entwicklung, in welcher sie sich verändern. Artefakte dagegen, obgleich sie auch älter werden, verändern sich nicht. Ich kann sie aber von anderen Artefakten, die ich derselben Klasse zurechne, unterscheiden und eben quasi phylogentisch als weiter entwickelt erkennen. Ich betrachte etwa ein Fahrrad und ein Motorrad als Objekte der Klasse zweirädrige Fahrzeuge. Das Fahrrad ist dann entwicklungslogisch älter als das Motorrad, nicht weil es zeitlich früher erfunden wurde, sondern weil es - noch - keinen Motor hat. Wenn ich ein Fahrrad und ein Motorrad vor mir habe, muss ich nicht wissen, was wann erfunden wurde. Ich kann die technische Entwicklung sehen. Ich kann quasi naturwüchsig wahrnehmen, dass ein Fahrrad und ein Motorrad dasselbe in verschiedenen Ausführungen sind, weil sie in gewisser Hinsicht dem gleichen Zweck entsprechen, für dasselbe hergestellt wurden. Und ich kann im Vergleich sehen, dass dem Fahrrad der Motor fehlt.
Jede Entwicklungsgeschichte wird rückblickend geschrieben, wobei jeweils die verschiedene Stufen einer Entwicklung eben als solche nach Massgabe der jeweils letzten Entwicklungsstufe aufgereiht werden. Die Andeutung auf Entwickelteres kann ich in den primitivereren Stufen nur erkennen, wenn ich das Entwickeltere schon kenne. Einem Wurm oder einem Elefanten kann ich nicht ansehen, welche Lebewesen sich noch entwickeln werden. Was mir als erste Motoren oder als Keimform des Motors erscheint, ist abhängig davon, was ich auf der je entwickelsten Stufe der Entwicklung als Motor bezeichne, also nicht davon, was wann zuerst als Motor bezeichnet wurde.(10)
Der Ausdruck Motor wurde im heutigen Sinne im Zusammenhang mit einem Fahrzeug wohl 1681 erstmals in den lateinischen, zur Astronomia Europea zusammengefassten Schriften von Ferdinand Verbiests verwendet. Um 1670 soll F. Verbiest im Dienste des Kaisers von China das betriebsfähige Modell eines Dampfwagens gebaut haben. Das Wirkprinzip basierte wie schon bei früheren Rauchturbinen auf dem Heronsball. Authentische Abbildungen dieses Fahrzeugs kenne ich nicht. Ich erwähne den vermeintlichen Motor hier nur, um die Beliebigkeit von Erfindergeschichten zu illustrieren.(11)
In der deutschen Sprache wird der Motor oft als Kraftmaschine bezeichnet, wodurch er - wenn man Komposition zu wörtlich nimmt - unsinnigerweise als eine spezifische Maschine statt als konstituierender Teil einer Maschine erscheint.(12) Im Englischen ist die Sache noch etwas komplizierter, weil dort auch noch das Wort Engine dazukommt, das laut den Wörterbüchern unsinnigerweise mit Motor austauschbar sein soll.(13) Bezeichnungen sind arbiträr, sie bürgern sich auf unergründliche Art irgendwie ein. Der Ausdruck Motor ist ein gutes Beispiel dafür.
Im Englischen gibt es sehr oft zwei Wörter, für die im Deutschen nur eines als Übersetzung dient, weil das Englische eine normanische und eine angelsächsische Sprache vereint. Normalerweise wissen nicht nur die Englischsprechenden, dass die zwei Ausdrücke im Englischen (etwa Emotion und Feeling) verschiedene Bedeutungen haben, aber bei Engine und Motor scheint die Differenz auch für viele Englischsprechende aufgehoben zu sein. Engine wurde wohl eingeführt, um die vermeintliche Dampfmaschine von "motorlosen Maschinen" zu unterscheiden, während der Ausdruck "Motor" zunächst verwendet wurde, um ihn - speziell den Verbrennungsmotor - von der damals weit verbreiteten Dampfmaschine zu unterscheiden.
Bezeichnungen sind zwar arbiträr, aber - quasietymologisch - sehr oft nicht ganz zufällig gewählt. Als die Dampfmaschinen erfunden wurden, kannte man das Wort Maschine bereits in verschiedenen Verwendungen für mechanische, aus beweglichen und unbeweglichen Elementen zusammengesetzte Vorrichtungen. In einer frühen Verwendung in Deus ex machina geht es um konstruierte Vorrichtungen, mit welchen auf Bühnen Erscheinungen produziert wurden. Das Wort wurde dann auch für allerlei Kriegsgeräte und in den Wasserkünsten verwendet. Dabei spielte keine Rolle, wie diese vermeintlichen Maschinen angetrieben wurden. Als die sogenannte Dampfmaschine - die in meiner Klassifikation keine Maschine, sondern ein Motor ist - erfunden wurde, gab es tautologischerweise noch keine Motoren im heutigen Sinn, weil sie eben der erste Motor ist, der so bekannt wurde, dass dafür eine Bezeichnung notwendig wurde. Es scheint leicht nachvollziehbar, dass Dampf in der Bezeichnung vorkommt. Man hätte Dampfmotor sagen können, wenn man schon gewusst hätte, was ein Motor ist.
Dass die Ausdrücke Maschine und Motor überhaupt in die Alltagssprache gekommen sind, beruht wohl darauf, dass in der sogenannten "industriellen Revolution", die in kurzer Zeit über Europa hinwegfegte, die Mechanisierung von Fabriken im alltäglichen Leben rasch sehr wichtig wurde.(14) In die deutsche Sprache kam die Maschine etwa um 1780, wohl im Zusammenhang mit der Dampfmaschine, die dann in der Wattschen Form Verbreitung gefunden hat, und der Motor etwa 1850, wohl im Zusammenhang mit den ersten Verbrennungsmotoren.(15)
Wenn ich eine Sozialgeschichte der Industriealisierung schreibe, spielt es vielleicht - oder empirisch augenscheinlich - keine Rolle, ob ich von Motoren oder von Maschinen schreibe. In einer Geschichte, die den Motor als Gegenstand hat, zeigt sich, was als Motor bezeichnet wird und dass eine Maschine etwas anderes ist. Die Geschichte des Motors kann ich nur schreiben, wenn ich weiss, was ich als Motor bezeichne. Ich unterscheide Maschinen und Motoren. Als Maschinen bezeichne ich Werkzeuge oder Geräte, die durch Motore angetrieben werden. Mit einer Maschine stelle ich etwas her, mit einem Motor treibe ich eine Maschine an.
Bezeichnungen werden vereinbart, sie können also nicht falsch sein, ich kann mich nur falsch erinnern. Aber umgekehrt sagen Bezeichnungen natürlich vom jeweils bezeichneten Gegenstand nicht, was er ist, sie benennen ihn nur. Ich muss das Bezeichnete in irgendeiner Art kennen, wenn ich die Bezeichnung als Symbol betrachte. In vielen Fällen kann ich das Bezeichnen als metaphorisch deuten und so nachvollziehen, wie wovon die Rede ist. Bei der sogenannten Tret-Nähmaschine etwa wird durch die Bezeichnung "Maschine" sprachlich antizipiert, dass der Antrieb schliesslich mittels eines Motors geleistet werden kann. Die Tret-Nähmaschine ist in diesem Sinne eine Keimform, also wie das Fahrrad noch keine Maschine, weil sie noch durch Muskelkraft angetrieben wird. Dass sie als Maschine bezeichnet wird, verweist darauf, dass Bezeichnungen oft auf pragmatischen Klassifikationen beruhen. Die dabei unterstellten Verwandtschaften können falsch oder bedingungsmässig unvollständig sein, wobei "falsch" hier weder logisch noch letztlich, sondern umgangssprachlich gemeint ist. Definitionen und die in ihnen steckenden "Theorien" sind umgangssprachlich dann falsch, wenn sie am praktischen Anliegen scheitern. Ein Wal ist in diesem Sinne kein Fisch, weil er nicht in einem unmittelbar über dem Wasser gedeckten Aquarium gehalten werden kann.(16) Die Tret-Nähmaschine ist eine ,Maschine‘, der der ,vernünftige‘ Antrieb fehlt. Sie ist eine typisch anachronistische Ingenieursleistung: Ein Werkzeug, das die Entwicklungsstufe der Maschine hat, aber - antriebsmässig - keine ist. Die Erfinder(ingenieure), die im Falle der ersten Nähmaschinen mehr technische Pioniere als Ingenieure waren, widersetzten sich der Definition einer Maschine nach dem Gebot der Praxis. Die Praxis (hier wohl der Markt) verlangte nach einem Werkzeug, das die relativ einfache, aber (für Handwerkerinnen) komplizierte Nähbewegung ersetzte, aber nicht zu teuer war. Was "teuer" damals geheissen hat, zeigen heute weniger die vollautomatischen Billigst-Nähmaschinen, als die fehlende Strominfrastruktur in den Entwicklungsländern. Die Tret-Nähmaschine - ohne Motor - erfüllt bestimmte Gebote des praktischen Lebens. |
Quelle: Wikipedia |
Wer etwa, um Wasser zu schöpfen, einen lebenden Ochsen an den Ziehbrunnen spannt, macht dies wohl eher, weil er kein vernünftigeres Werkzeug, als weil er etwas gegen eine Definition hat. Gleichwohl hat er, oder vielmehr macht er etwas gegen die Definition. Der Ochse am Ziehbrunnen ist dem Ochsenbesitzer, was der Sklave seinem Feudalherrn. Sie überbrücken eine vor-zeitige Idee. Sie stehen für antizipierte Werkzeuge, die noch nicht entwickelt sind. So gesehen verfolgen die Ingenieure eine antizipierte Wirklichkeit, sie "ent-wickeln", packen aus oder entfalten, was dem Werkzeug immer schon innewohnt. Ingenieure entwickeln das Werkzeug im besten Sinne des Wortes. Sie entwickeln, wenn man so will, die Menschen aus ihrer viehischen Not, andere Lebewesen, insbesondere andere Menschen als Werkzeuge zu missbrauchen" (Todesco, Technische Intelligenz, S. 67).
Die Entwicklung der Technik, die hier interessiert, beginnt nicht mit Erzählungen über ägyptische Pyramiden oder sagenhafte griechische Philosophen, sondern mit Keimformen der heute bekannten Maschinen, egal wie alt diese sind. Es gibt viele Geschichten über allerlei Apparate, die schon die alten Griechen kannten. Es ist aber weitgehend unbekannt, ob und wie sich das vorneuzeitliche Wissen, das hauptsächlich Araber über Spanien und teilweise via Sizilien nach Europa brachten, in Europa - ausser bei Philosophen - Anschluss gefunden hat. Ich vermute, dass viel von diesem vorzeitlichen Technikwissen in den Bibliotheken der Klöster erst wiederentdeckt wurde, nachdem es im sich auflösenden Mittelalter im europäischen Handwerk neu geschaffen worden ist. Weitgehend ungeklärt ist auch, wie das elementare Handwerk, etwa das Weben oder das Brückenbauen im dunklen Mittelalter tatsächlich tradiert wurde, also wie oft es einfach neu entwickelt wurde.(17)
Es geht hier nicht um legendäre Erfinder wie Heron von Alexandria Leonardo da Vinci, sondern um eine genetische Entwicklung der Werkzeuge. Es geht um Maschinen, die die Produktion effizienter machten, nicht um phantastische Zeichnungen, die einem Genie zugerechnet werden.(18).
Die Entwicklung der gesellschaftliche Produktion ist keineswegs nur von der hier gemeinten Technik abhängig. Vielmehr hat sich diese Technik gemäss den historischen Geschichten zeitgleich mit kapitalistischen Produktionsverhältnissen entwickelt. Im 15. Jahrhundert entstanden in Europa die ersten fabrikartigen Manufakturen. Gutenberg, der in vielen Technikgeschichten als Erfinder erscheint, war vor allem auch einer der ersten Manufaktur-Kapitalisten. Der Bergbau und die Textilproduktion führten einerseits zu Kapitalkonzentrationen und andrerseits zu europaweiten Finanzverflechtungen. Die Fugger und die Medici entwickelten keine Technik im hier gemeinte Sinn. Sie entwickelten die gesellschaftliche Produktion als Verlags- und Bankwesen jenseits von Maschinen.
Die gesellschaftlichen Verhältnisse werden oft als Ursache und oder als Folge der technischen Entwicklung gesehen. Dabei geht es aber um die Verbreitung und um Auswirkungen von technischen Produkten, nicht um deren Entwicklung. Natürlich kann man sagen, dass die Dampfmaschine von J. Watt nicht entwickelt worden wäre, wenn dafür keinne Nachfrage auf dem Markt vorhanden gewesen wäre. Aber keine noch so grosse Nachfrage hätte bestimmen können, worin die technische Weiterentwicklung bestehen könnte. Die Dampfmaschine von J. Watt mag die Gesellschaft verändert haben, aber das hat allenfalls mit der wirtschaftlichen Effizienz unter den gegebenen gesellschaftlichen Verhältnissen zu tun, nicht damit, wie diese Effiezienz technisch gesteigert werden konnte. Als Kapitalist muss ich nicht die geringste Ahnung von der Technik einer Dampfmaschine haben, um durch ihre Verwendung viel mehr Profit zu machen.
In der hier beschriebenen Entwicklung der Technik geht es um die Aufhebung bestimmter Aspekte der herstellenden Tätigkeit. Ich kann ein Artefakt von Hand herstellen, also ohne technische Artefakte zu verwenden, oder mittels eines Automaten, der jedes weitere Eingreifen von mir überflüssig macht. Bei den Artefakten unterscheide ich - wie bereits erläutert - Werkzeuge und andere. Wenn ich ein Werkzeug verwende, bewege ich das Werkzeug. In der Entwicklung der Technik wird dieses Bewegen als Tätigkeit aufgehoben. Im einfachsten Fall besteht das Werkezug aus einer festgekoppelten Einheit, es hat also keine beweglichen Teile. Beispiele dafür sind Hammer und Sichel, die ich als Ganzes mit meiner Hand bewege. In bestimmten Fällen verwende ich den Hammer zusammen mit einem Amboss. Als Amboss bezeichne ich einen zum Hammer komplementären Werkzeugteil, der meistens aus einem spezifisch geformten Stahlblock besteht. Ohne Hammer macht der Aboss keinen Sinn. Er ist ein "bewegungspassiver" Werkzeugteil, wie etwa eine Schablone. Er ist mit dem Hammer durch die Verwendung verbunden. Komplementäre Werkzeugsteile sind auch beispielsweise Stricknadeln oder Besteck. Ich verwende sie in den meisten indentierten Fällen nicht als einzelne Werkeuge, sondern zusammen mit anderen. Sie erfüllen ihre Funktion als komplementäre Teile eines Werkzeuges, das aus unverbundenen Bestandteilen besteht, die ich je separat, aber koordiniert bewege. Die Bestandeteile bewegen sich dann nicht nur im Raum, sondern auch relativ zu einander. [ Fortsetzung folgt ] [xx][ ] [ ] [ ] [ ] [ ] Anmerkungen1) "Der Gebrauch und die Schöpfung von Arbeitsmitteln, obgleich im Keim schon gewissen Tierarten eigen, charakterisieren den spezifisch menschlichen Arbeitsprozess, und Franklin definiert daher den Menschen als "a toolmaking animal", ein Werkzeuge fabrizierendes Tier" (K. Marx, MEW 23:194). (zurück) 2) G. Bateson sagte, die Evolutionstheorie sei keine kausale, sondern eine kybernetische Theorie, weil sie nicht mit Ursachen, sondern mit einschränkenden Bedingungen (constraints) arbeite. E. von Glasersfeld> hat die aristotelischen Ursachen ausführlich diskutiert. (zurück) 3) In Anlehnung an F. Heider begründe ich solche Einheiten mit fester Koppelung. In gewisser Weise bewegt sich auch eine Fahne. Sie ist aber weder ein fester Körper, noch wird sie durch einen Motor angetrieben. (zurück) 4) Über die Objektpermanenz haben S. Ceccato und J. Piaget geschrieben. Hier ist nicht der Ort, um diese Voraussetzungen zu betrachten. Das mache ich in meiner Theorie. (zurück) 5) Die Bewegung des Kolbens in einem Motor ist ein Folge der Konstruktion des Motors, aber der Kolben wird nicht durch den Motor angetrieben. Ich komme unten ausführlich darauf zurück. (zurück) 6) Für diese Unterscheidung habe ich bereits 1992 im Buch "Technische Intelligenz" die Bezeichnungen lebendig und tot in Bezug auf Energie verwendet. Eigentliche Werkzeuge werden durch Muskelkraft bewegt, Maschinen durch einen Motor. Maschinen werden durch Muskelkraft gesteuert, Automaten durch sekundäre Energiekreise. (zurück) 7) Illich, I.: Energie und Gerechtigkeit (zurück) 8) Ein paar Anmerkungen zur Energie mache in in meinem Blog Gegenenergie (zurück) 9) Was ein Motor ist, lässt sich nicht durch das Zeigen eines beliebigen Motors bestimmen. Erst nachdem ich verstanden habe, was ich als Motor bezeichne, kann ich eine Definition dazu geben. Wenn jemand keine Ahnung davon hat, was ein "Fisch" sein soll, hilft ihm die Definition, ein Fisch sei ein "Wirbeltier mit Schwimmblase" nicht weiter. (zurück) 10) Der Mensch als evolutionstheoretischer Schlüssel zum Verständnis des Affen. "Die Anatomie des Menschen ist ein Schlüssel zur Anatomie des Affen. Die Andeutung auf Höhres in den untergeordnetren Tierarten können dagegen nur verstanden werden, wenn das Höhere selbst schon bekannt ist." (Einleitung zu den "Grundrissen der Kritik der Politischen Ökonomie" 1857. In: MEW 42:39). Ich kann natürlich den beim Fahrrad fehlenden Motor nur sehen, wenn ich das Motorrad bereits kenne. (zurück) 11) Ich werde auf den Heronsball noch zurückkommen. Er ist in meiner Terminologie kein Motor, weil er keine bewegliche Teile hat. (zurück) 12) Motor: "Maschine, die durch Umformung von Energie mechanische Antriebskraft erzeugt" (https://www.dwds.de/wb/Motor)
13) "Motor and engine are interchangeable in standard English." (https://en.wikipedia.org/wiki/Engine). Synonyme gibt es nicht. Wo sie unterstellt werden, zeigt sich mangeldes Sprachgefühl. (zurück) 14) Als industrielle Revolution bezeichne ich die Ertablierung von Industrie, was weder die Errichtung von Fabriken noch den Einsatz von (Dampf)- Maschinen bezeichnet, sondern das gesellschaftlichen Verhältnis "Lohn", das zuerst in mechanisierten Fabriken massenweise eingerichtet wurde. Die Bezeichnung "Revolution" hat Arnold Toynbee hundert Jahre später in seiner "Vorlesungen über die Industrielle Revolution in England" (1884) vorgeschlagen. Sie wird gemeinhin mit der Dampfmaschine verbunden und von 1750 bis 1850 verortet. J. Watt erfand 1765 die erste direktwirkende Niederdruck-Dampfmaschine. (zurück) 15) Google zeigt mit seinem "Ngram Viewer", wann Wörter in welcher Häufigkeit in der Literatur erscheinen, was ich als grobes Indiz verwende. (zurück) 16) Bezeichnungen verweisen oft auf spezielle Klassifikationen. Erdbeere sind keine Beeren, werden aber wie Beeren gegessen. (zurück) 17) H. Illig vertritt im Buch Das erfundene Mittelalter die These, dass die vorherrschende historische Chronologie 297 Jahre, die Zeit zwischen 614 und 911, zuviel beobachtet und die Geschichte dort quasi enorm in die Länge zieht, um "Karl dem Grossen" und den Karolinger eine Existenzzeit zu geben. Er argumentiert anhand von Kanal- und Kirchenbauten damit, dass sich die Technik in diesen 300 Jahre nicht entwickelt habe. (zurück) 18) Leonardo da Vinci gilt als sagenhaftes Universalgenie. Gemäss einer etwas kühleren Erzählung war er ein Bauernkind mit beachtlichem handwerklichen Geschick, das er in seiner intellektuellen Entwicklung aufgehoben hat. Alles, was er nicht herstellen konnte, hat er gezeichnet. Seine Notizen (Codices) lassen keine sachliche Ordnung erkennen. Es ist unklar, woher die Ideen stammen, die ihn als Genie erscheinen lassen. Er war - soweit Zeugnisse gelten - mehr an Techne, nicht an Technik interessiert. Von Wissenschaft im Sinne von G. Galilei hatte er keine Ahnung, er hat vielmehr alles mögliche sehr gut beobachtet und dokumentiert. (zurück) Literatur Textstelle aus dem Kapital: ".. auch wenn der Mensch selbst noch der erste Motor bleibt (394)
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