Krämer, Sybille: Sprache - Sprechakt - Kommunikation. Sprachtheoretische Positionen im 20. Jahrhundert, Frankfurt am Main: Suhrkamp 2001, 2. Aufl. 2001
Klappentext:
Gibt es eine Sprache hinter dem Sprechen? Zwölf einflussreiche Sprachdenker des letzten Jahrhunderts werden so dargestellt, dass ihre Antwort auf diese Frage hervortritt. Dabei ergibt sich ein überraschendes Bild: Die "pragmatische Wende" trennt Saussure und Chomsky nicht mehr von Searle und Habermas. Denn diese Autoren stimmen überein in der Annahme vom logisch-genealogischen Primat der Sprache gegenüber dem jedesmaligen Sprechen. Doch für Denker wie Wittgenstein, Austin, Luhmann, Davidson, Lacan, Derrida, Butler und Bourdieu ist das sprachliche Können keineswegs fundiert in einem Wissen um die universellen Regeln von Sprache und Kommunikation.
Saussure, Chomsky, Searle, Habermas - Wittgenstein, Austin, Luhmann, Davidson, Lacan, Derriday, Butler ,Bourdieu.
Das Buch beschreibt eine konventionelle Sichtweise auf Sprache. S. Krämer beobachtet eine Reihe von Autoren. Sie verzichtet auf Kritik, weil sie das Positive herausarbeiten will.
[ das ist eine sehr seltsame Vorstellung von Kritik. Ich lese das so, dass sie den Autoren keine Fehler anlasten will, auch die 2-Welten-Perspektive nicht als Fehler bezeichnen will. Kritik würde das aber ohnehin nicht tun. Kritik zeigt, was aus welchen Setzungen folgt, nicht was falsch oder schlecht ist.]
[ Meine Kritik: SK gibt ein Kriterium für ihre Beobachtung: die 2-Welten-These, mit welcher sie eine spezifische Anordnung der Autoren produziert, beispielsweise Austin und Searle trennt.
SK kennt keine hergestellten Gegenstände. Wie in ihren Computerbuch spielt Material keine Rolle. Und in Bezug auf Sprache spielt dann Pragmatik keine Rolle. C. Peirce und C. Morris (und mithin Pragmatismus) fehlen im Buch. PS: das ist Kritik, meint aber nicht, dass es falsch sei!!
Ihre Interpretation der Grundlagen von F. de Saussure zeigt alle damit einhergehenden kategoriellen (Miss)Verständnisse. Sie unterscheidet weder Sprache und Sprachen, noch Schrift und Sprache. Bei F. de Saussure lässt sie Langage aussen vor.
Ich kommentiere ein paar typische Stellen:
I. Einleitung
1. Wozu dieses Buch? - 9 - [Auszug ]
Gretchenfrage moderner Sprachtheorien: Ein-Welt-Modell versus Zwei-Welten-Modell: Reine Sprache und angewandte Sprache (Langue und Parole)
Explizit: SK unterscheidet Sprache/Sprechen statt Sprache/SpracheN "Austin hat dafür den Boden bereitet, insofern er in seiner Handlungstheorie nicht die Intention, sondern die Ausführung zur handlungstheoretisch allein relevanten Ebene macht, weil allein in der Ausführung etwas mißlingen kann, das Mißlingen-Können aber geradezu definiert, was "menschliches Handeln" überhaupt heißt" (S. 12)
Performanz (Vollzug, Gebrauch) versus Schema (was immer das sein soll) Dann kommt eine interessante Alternative - die als konventionell bezeichnet wird:
Fazit: Eine "Geographie" (wohl Landkarte) mit einer Achse: Sprachschema versus Performanz - was später dann im nächsten Buch als "Verkörperte Sprache" entwickelt werden soll. |
1. Zum Unterschied zwischen Autor und Person
2. Die Sprache: ein Zeichensystem ohne Repräsentation
SK übersetzt langue/parole mit Sprache und Sprechen (sie hat dabei Schema und Performanz im Kopf)
Die Sprache bildet ein System von Zeichen (FdS, 1967:18)
SK führt 4 Aspekte zu FdS ein (den sie brutal (miss)versteht): Simultanität, Artikuliertheit, Arbitrarität, Differentialität. 2.2 Simultanität
FdS sagt, dass langue ein Gegenstand sei, was sich darin zeige, dass sie in der Schrift - anfassbar - erscheine. Schrift steht dabei wie langue, nicht fafür, was Leute schreiben (parole), sondern sei ein fotografisches (sic) Laut-Bild. FdS betont sie Sozialität der Sprache, womit er meint, dass die Sprahe nicht in einem Menschen existiere. Artikulation
Dann aber FdS (konstruktivistisch): die Artikulation stellt eine Verknüpfung her, wodurch in den verknüpften Bereichen eine Unterscheidung eingeführt wird. Ein bestimmter Laut und ein bestimmter Sinn, wo vorher nur unbestimmtes (Denknebel/Medium) war. (FdS, S. 134) [ Im Schema Langue lässt sich Zeichen so verstehen, in der Perfomanz Parole gibt ei kein Zeichen ohne materiellen Zeichenkörper ] 2.3 Arbitrarität
[ Ganz was anderes: S.30 zur Differenz zur Programmiersprache !! ] 2.4 Differnezialität (31)
[ das muss ich noch mit Luhmann-Differenz abgleichen .. ] 3. Was also ist die Sprache? Sprache ist die Differenz. Es gibt kein einzelnes Zeichen mit Bedeutung. Laute gehören nicht zur Sprache.
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3. Noam Chomsky: Sprache als Kompetenz - 37 -
1. Was macht Chomsky atraktiv? SK sagt, dass Chomsky 1. Sprache (Kopentenz) als formalisierbars (und auch "berechnbares?) System auffasse. Er sehe den Geist als abstrakte Maschine. Und dass er 2. eine Art antropozentisches Denken (sie nennt es Humanismus) habe, in welchem Menschen Schöpfungskraft hätten (?). 2. Was für Nativismus und Generativismus spricht Chomsky unterscheidet SpracheN (verschiedene romanische, aber nur eine chinesische), was er aber politisch, nicht linguistisch begründet. Die Muttersprache lernt man ohne hinreichende Anweisung/Daten. Man lernt insbesondere Grammatik und kann Sätze produzieren, die man nie gehört hat. [ Das war Chomskys Einwand gegen den Behaviorismus ] Nativismus: Es gibt einen angeborenen Mechanismus (im Sinne eines AAEs bei Lorenz-Konsortern), der durch Erfahrungen restringiert wird une eine Muttersprache hervorbringt. Generativismus: Der Mechanismus ist kein Speicher, sondern ein Kalkuel, das Sätze generiert 3. Das Sprachbild Das Sprachbild repräsentiert die 2-Welten noch viel ausgeprägter als jenes der "Langue" Die Implikation: Wir lernen ein Grammatikkalkül, wenn wir eine Sprache lernen. Die Vorstellung von unendlich vielen Sätzen istanders als die von Humboldt, wonach wir unendlich viel ausdrücken können. Die Sätze sind Teil eines Formalismus (eben Kalkül mit Operationen) 4. Sprache = Grammatik = Kompetenz Grammatik behandelt die möglichen, nicht die wirklichen Sätze [ SK hat da eine eigenwillige Auffassung von möglich/wirkich, insbesondere keine Sematik ] Das wichtig Argument: Grammatik ist nicht deskriptiv, sondern präskriptiv, weil ja vorab gewusst werden müsste, welche Sätze grammatikalisch (richtig) sind.
Ambiguität bedeutet, dass ein Satz mehr ais eine Tiefenstruktur haben kann. Das sind die 2 Welten. Die Transfomation ist ein Kalkül, mit welchem korrekte Sätze generiert, also Sätze beurteilt werden können werden. [ SK verwendet das Wort berechnen ] Die Kompetenz des SK bezeichnet die Tiefenstruktur als Blackbox, die mit verschiedenen Grammatiken gefüllt sein könne Schliesslich unterscheidet SK eine "sprachliche" Grammatiken von einer solchen, die wohlgeformte Sätze produziert Kompetenz als Wissen nicht als Können (knowing that statt knowing how)
Daran schliesst der Ausdruck "cognizing" von Chomsky an: Das sei Wissen, zu dem er kein Zugang hat - ich glaube, das ist eine gute Interpretation für Kognition * Kompetenz-Begriffe
Kompetenz + Performanz: Die Unterscheidung - 52 - SK schreibt nochmals ihr Schema-Anwendung und dann:
Zum Schluss noch harsche Kritik (entgegen der freundlichen Ankündigung am Anfang des Buches): Der Ansatz von Chomsky lasse keine Rückwirkung zu, so dass sich die Sprache durch Gebrauchserfahrung nicht weiterentwickeln könne. [ na ja, vielleicht ists ja nicht so kritisch gemeint ] |
4. John R. Searle: Wie Regeln Sprechakte konstituieren - 55 -
1. Ein Themenwechsel [ "Zu Sprechen heisst, etwas zu tun" - Tun ist hier Ausdruck einer Handlungstheorie, nicht einer Tätigkeitstheorie !! ] [ re-entry: Searle unterscheidet nicht Sprache (Schema, Kompetenz) und Sprechen (Aktualisierung, Performanz), sondern führt die Unterscheidung auf der Seite des Sprechens wieder ein: universeller Sprechakt und Vollzug ] 2 Die Theorie 1.) Regel:
2.) Bedeutung 3. Der Sprechakt Zwei Kompomenten: Proposition (was ist Sache) und IIlokution
Wichtig: Die Proposition bekommt ihre Bedeutung nicht durch eine Bedeutungs-Semantik der Ausdrücke, sondern durch die Illokution im Sprachakt. Bedeutung steht dabei für die Intention, die geäussert wird.
J. Searle gibt Bedingungen an, für das was als Sprechen in Frage kommt (eben kein Theater, keine Witze und Metaphern, kein Zwang, usw). Normalitäts-Bedingungen. Die Idealisierung betrifft auch soziale Verhältnisse wie Machtunterschiede.
J. Searle gibt Illokutions-Typen (siehe die Tabelle. 4. Trennung von Akt und Vollzug (Warum Searle zu de Saussure und Chomsky gehört) J. Searle referenziert nicht den Vollzug, sondern das Schema (wie die beiden andern)
"Kannst Du mir das Brot geben" ist keine Frage, sondern ein Bitte. Das Gesagte ist identifizierbar indirket.
Die Regeln erscheinen in einem Hintergrund vor welchem gesprochen wird, den man als Institution oder Disposition bezeichnen kann, Der Hintergrund repräsentiert die Regeln nicht, sondern passt zu ihnen. [ dieser institutionelle Hintergrund fungiert als Erklärungsprinzip, Searle hat ihn in seiner Ontologie entwickelt, in welcher er auch sollen vom sein ableitet ] |
5. Jürgen Habermas (1981): Universalpragmatische Grundlagen der Kommunikation - 74 -
1. Kommunikation und Vernunft: ein Konstitutionsverhältnis [ Das Buch von SK behandelt nicht nur Sprache sondern auch Kommunikation (was immer damit gemeint ist). J. Habermas ist ein Kommunikations-Philosoph, der auch Aussagen über Sprache macht, während er von Handlungen spricht ] SK schreibt Habermas sei ein Pragmatiker, deshalb verstehe er Sprechen als Handeln.
2 Zur Methode der rationalen Nachkonstruktion - 76 - Vier Aspekte, wie das Sprechen die Sprache vollzieht/aktualisert, was zeigt, dass Habermas Chomsky und Searle folgt: a) bei Missverständnissen praraphrasieren oder die Tiefenstruktur beobachten
3. Universalpragmatik - 78 - Wie können Äusserungen kommunikativ gelingen (Konsens erzeugen)? 3.1 Proportional-performative Doppelstruktur Inhalt- und Beziehungsdimension. Perpektivenwechsel, Metakommuniation 3.2 Äusserungen haben vier Geltungsansprüche Äusserungen können angenommen oder zurückgewiesen werden, das macht sie sozial Die immer vorhandenen Geltungsansprüche sind a) Verständlichkeit, b) Wahrheit, c) Richtigkeit und d) Wahrhaftigkeit
3.3 Im Streit kann die Rede durch Diskurs ersetze werden Diskurs problematisiert (reflektiert) Geltungsansprüche (als Metakommunikation)
3.4 Ideale Sprechsituation So tun, als ob sie gegeben wäre.
4. Implikation der Universalpragmatik - 88 - [ Hier kommt die Sein-Sollen-Argumentation von J. Searle ]
SK kritisiert: Argumentation sei zwar "richtig", wenn es um Geltungsansprüche gehe, aber die darin vorausgesetzte Vernunft sei eben "neutrale" Vernunft, jenseits von Verhältnissen, in welchen der Sprecher pragmatisch stehe (Klasse, Geschlecht, usw) [ für mich bleibt der "Weltbezug" der wesentliche/pragmatische Aspekt - er wird aber nicht in Bezug auf Tätigkeit gesehen, sondern wie SK betont in Bezug auf Recht-Satzung ] [ Linguistic Turn - Sprechakte - Geltungsansprüche - Ideale Sprechsituation -] |
III. Zwischenbilanz
6. Die Intellektualisierung von Sprache undKommunikation - 95 -
Was ist Sprache versus Wozu brauchen wir Sprache (Struktur versus Handlung) Saussure/Chomsky versus Searle/Habernas - Sprache/Sprecher -
Nochmals: es geht nicht um die Unterscheidung, sondern um das Verhältnis/Hierarchie zwischen Muster und Aktualisierung 2. Autonomisierung der/von Sprache Sprache wird in diesem Ansatz autonom sie repräsentiert und referenziert nicht mehr etwas, das vor der Sprache ist, etwa eine Ordnung der Dinge oder des Denkens. Sprache ist/macht kein Ab-Bild.
Sprachestellt Strukturen nicht dar, sondern gilt als strukturgebenede Instanz.
3. Merkmale 3.1) Universalität, 3.2) Invisibilität, 3.3) Idealität, 3.4) Regelbezug, 3.5) Können als WIssen, 3.6) Kompetenz(zentrierung), 3.7) Sprecherzentriertheit, 3.8) Mediendifferenz (hier ist gemeint, dass der Kanal kontingent ist, keine Rolle spielt), 3.9) Entkörperung (hier ist gemeint, dass der Körper des Sprechenden keine Rolle spielt),
Der Intelektualistischer Fehlschluss: die Gleichsetzung von Modell und Wirklichkeit (weil die "Sprache" nicht er- sondern gefunden, nicht konstruiert, sondern rekonstruiert scheint. Die Verwechslung ist subtil: Die Wirklichkeit wird durch das Modell gesehen). |
IV. Sprache und.Kommunikation jenseits intellektualistischer Annahmen
7. Ludwig Wittgenstein: Sprache und Lebensform oder: Warum Sprachspiele keine Sprechakte sind - 109 -
1. Sprache ohne Entitäten Wittgenstein wird gemeinhin in 2 geteilt, der frühe (Traktat) und der späte (PU). Der erste hatte ein Kalkül, der zweite ein Spiel.
2. Das morphologische Verfahren [ hier wirds ganz interessant: LW als Tätigkeitstheoretiker ] Tätigsein heisst (bei LW): "mit etwas umzugehen und zwar so, dass wir dabei an einem Verfahren orientiert sind, eine Art von Technik ausüben
Unterscheidung analytisches/morphologisches Verfahren in Bezug auf Phänomene
3. Sprachspiele (1) Vergleichsobjekt: Sprachspiele ordnen nicht Sprache, sondern unser Wissen
Es gibt so viele verschiedene Spiele, dass man nicht versucht, das Allgemeine zu bezeichnen:
(3) Lebensform: Sprachspiele ordnen nicht Sprache, sondern unser Wissen
Das Sprachspiel ist kein Modell und keine Theorie, sondern ..? ein Konzept (eine Seh-Weise), in welcher sprachtheoretische Begriffe eine neue Deutung erhalten. Dazu 3 Beispiele: 4. Bedeutung Bedeutung ist der Gebrauch: Handlungs- statt Gegenstandspragmatik.
Bedeutung kommt von bedeutsam, wichtig, relevant: "Im Fluss des Leben", das aus sprachlichen und nicht sprachlichen Tätigkeiten besteht. Bedeutung heisst die Verknüpfung dieser Tätigkeiten. Was wir sagen, "erhält seinen Sinn durch unsere übrigen Handlungen". Bedeutung kommt von bedeutsam, wichtig, relevant: "Im Fluss des Leben", das aus sprachlichen und nicht sprachlichen Tätigkeiten besteht. Bedeutung heisst die Verknüpfung dieser Tätigkeiten. Was wir sagen, "erhält seinen Sinn durch unsere übrigen Handlungen". 5. Regeln Den Gebrauch erklären heisst Regeln angeben. Die Regeln ist wie ein Wegweiser, der angibt, was wir TUN. Wir haben Regeln, denen wir blind folgen, wenn wir Verhalten als regelhaftes erklären.
6. Grammatik Grammatik ersetzt Logik. Grammatik ist keine Vorschrift und keine Erklärung für Formulierungen. Grammatik stellt - übersichtlich - dar, was in Sprachspielen geschieht. Wie die Buchhaltung das Geschäft. Die Buchhaltungschreibt dem Geschäft nichts vor und erklärt es auch nicht. Grammatik ist quasi eine Kulturgeschichte. 7. Naturalistischer Kulturalismus [ SK kommentiert mit "naturhaft" wo ich "naturwüchsig" sagen würde ] [ ich finde eigenartig, wie SK ihre Interpreation als Sprachtheorie oder als Sprachphilosophie erkennt, obwohl sie schreibt, dass LW eine Naturgeschichte darüber geschrieben habe, wie sich im Sprechen ZEIGE, wie wir wa TUN. Es geht - in ihrem Sinn bei LW weder um Sprache noch um Sprechakte oder Kommunikation (im konventioneellen Sinne) ] [ ich habe mich noch nie mit LW befasst. Durch die "Sehweise" von SK habe ich jetzt aber immerhin eine Perspektive gewonnen, die mir hilft allerlei Zitate besser einzuordnen. ] |
8. John L. Austin: Performative und konstatierende Äusserungen: Warum lässt Austin diese Unterscheidung zusammenbrechen? - 135 -
[ Der Text von J. Austin ist chaotisch. Er ändert unterwegs seine "Theorie" vom performativen zum illuktionären Akt. Erst J. Searle hat Ordnung in die Geschichte gebracht - dabei aber die Ansätze von J. Austin ganz verworfen.
[[ Generell wird Tätigkeit oft als Systemerhaltung missverstanden, also als Kompensierung von Bedarf statt von Bedürfnissen.
1. Warum gerade an dieser Stelle - und nicht schon früher - Austin? Austin ist zwar Ausgangspunkt für Searle und Habermas, aber sein Ausgangspunkt ist das performative Sprechen, das er vom konstativen unterschieden hat. Weil er diese Unterscheidung nicht durchhalten konnte, hat er sie ersetzt durch die Illukation, die dann Sprechakttheorie wurde. 2. Die "Performative": ihre Entdeckung und Verwerfung Das Neue von J. Austin war, dass er die Bedeutung nicht mehr dem Symbol, sondern dessen situativen Verwendung zugeordnet hat - in "Verständigungshandlungen". Sprechen ist Handeln hat eine spezifische Bedeutung in der Performation.
Er nannte zwei Bedinungen: für konstativ: wahr/falsch und für performativ: gelingen/misslingen. Beides geht aber für beides, weshalb er die Unterscheidung aufgab/durch Illukation ersetzte SK greift die Idee wieder auf, aber nicht wie J. Austin für zwei Klassen (konstativ/performativ):
3. "Performative Äusserungen" und "Illokutionen" als wohl zu unterscheidende Sprachphänomene 3.1 Warum haben ursprünglich Performativa eine Wahrheitsdimension? SK sagt, dass JA das falsche Kriterium verwendet habe, ein innersprachliches statt eines aussersprachlien. [ eigentlich sagt SK das gerade nicht, aber wie argumentiert sie? Es komme auf soziale Verhältnisse an, in welchen das Performativ "wahr" sei, weil es entsprechende Institutionen gibt (was J. Searle dann institutionelle Tatsache nenne ] 3.2 Die Dispensierung des Illokutionären in den ursprünglichen Performativa Die zu unterscheidenden Sprachphänomene zeigen sich, wenn gefragt wird a) zu wem, b) worüber, c) wer SK schlägt vor, den "Dialog" unter Anwesenden als "Urszene des Sprachgebrauches" zu beobachten. Dann zeige sich: a) Performative richten sich nicht an die Gesprächsteilnehmer, sondern an die Gesellschaft (oft vertreten durch Zeugen). Der Standesbeamte gehe kein Verhältnis mit dem Paar ein. Es wird nicht gesprochen, sondern etwas inszeniert. b) worüber: es handelt sich um repetive Nennungen, die nicht durch andere Worte ersetzt werden können. Es wird über nichts gesprochen. c) wer: keine Person, sondern eine Institution Die ursprünglichen Performativa setzen das Gespräch ausser Kraft. SK fragt sich (ohne zu antworten), inwiefern diese Überlegungen auch für Illoktionen gut wären. 4. Was tut Austin, indem er über Performative spricht? spricht Austin konstativ oder performativ? 4.1 Was zeigt sich an Austins Beispielen? Es sind Beispiele, die Misslingen/Abweichungen zeigen [ wie bei B. Whorf ], um das Tun zu zeigen (zB. Die Taufe eine Pinguins). "Das Abnormale wirft Licht auf das Normale" 4.2 Warum inszeniert Austin das Zusammenbrechen seiner begrifflichen Unterscheidung? [ das ist eine sehr gute Frage:
SK gibt aber eine sehr eigenwillige Antwort/Vermutung: Austin wolle damit zeigen, dass philosophische Begriffe scheitern (können), indem er es vorführe/inszeniere. [ das scheint mir eine sehr hilflose Position, die sich SK eingehandelt hat, indem sie Austin nicht als Vorgänger von Searle behandelt, der unterwegs stecken geblieben ist.
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9. Niklas Luhmann: Kommunikation ohne Rationalitätsprätentionen - 154 - [Auszug ]
1. Eine gesellschafrstheoretische Version des "lingistic turn" NL hat das selbst als eine Umstellung von der Sprachtheorie auf Kommunikationstheorie charakterisiert.
"marginale" versus "konstitutionellen Medialität der Sprache": Sprache ist medienindifferent versus sie ist Medium.
2. Die Medientheorie als eine neuartige Theorie der Form lose und feste Kopplungen im Medium: br>1) assymetrische Abhängigkeit - Form ist sichtbar br>2) potentielle Formen - einerseits als konkrete Form und andrerseits als kontingente Form (Sichtbarmachen des Unsichtbaren) br>3) Form ist Vollzug (einer Unterscheidung und mithin performativ Fünf philosophische Vorstellungen - die bei NL nicht gemeint sind:
3. Über Kommunikation und die Rolle der Kommunikationsmedien 3.1 Kommunikation ist eine Verstehensoperation.
SK liest den Ausdruck Kommunikation von NL brutal radikal: ein Ereignis, als Zeit-Moment, in welchem verstanden wird.
Es gibt 3 Medientypen: Sprache, Verbreitungsmedien und Erfolgsmedien, (»symbolisch generalisierte Kommunikationsmedien«) 4. Sprache: die Möglichkeit des Dissens - 161 - "...die Sprache (stellt) für alles, was gesagt wird, eine positive und eine negative Fassung zur Verfügung." (NL, 1997, 221)
SK betont, dass NL die Lautlichkeit betont habe - und die Schrift wird als Ersatz für Laute bezeichnet. SK bezeichnet als phonographisches Dogma, dass mündliche Sprache in das Medium von Text übertragen werde.
[ mir scheint das wieder eine unglückliche Formulierung. Ich lese: Dass Schrift dazu diene, mündliche Aussagen zu re-präsentieren, - aber natürlich nicht, dass Text generell eine Übertragung von Gesprochenem sei.
kkkkkkkkkkkkkk
Auf ebendiesen Unterschied zwischen der Lautform der Sprache und der Form der Schrift kommt es Luhmann an: Es gibt eine Überzeugung, die wir das "phonographische Dogma" nennen können und die nahezu einen Gemeinplatz des Sprachdenkens abgibt. Es geht um die Überzeugung, daß mündliche Sprache durch die phonetische Schrift in das Medium von Texten übertragen werde. Luhmann, der hellhörig bleibt für Phänomenalität stimmengebundenen Sprechens, teilt diese Überzeugung nicht: »Es (ist) nicht möglich, mündliche Kommunikation in die Form eines schriftlichen Textes zu bringen.«
Schrift ist nicht Sprache, die durch Laut/Sinn begriffen wird, Schrift ist ein Verbreitungsmedium 5. Verbreitungsmedien: mehr Information und weniger Akzeptanz - 164 - Verbreitungsmedien wie Schrift, Buchdruck und die Massenmedien erweitern, aber anonymisieren auch den Empfängerkreis der Kommunikation und machen Sofortreaktionen unmöglich. (1) Die Buchstaben der phonetischen Schrift repräsentieren nicht Laute, sondern fixieren Unterschiede zwischen den Lauten kkkkkkkkkkkkkk
Die Schrift symbolisiert die Form der Sprache; sie macht damit erst die Differenz von Laut und Sinn definitiv, von der unser Sprachbegriff zehrt. So bringt Schrift durch Markierung der Sprachform die Sprache als ein rationalisierbares Sujet überhaupt erst hervor. Das ist Luhmanns eigene Version von Derridas Diktum des Primats der Schrift gegenüber der Sprache.
(2) Ein zirkulierbarer Text eröffnet Platz läßt für abweichende Interpretationen.
(3) Die zeitliche Entkopplung von Verstehen ... die Zeit behandelt, als ob auf sie wie auf ein Ding referiert werden könne. 5.1. Symbolisch generalisierte Kommunikationsmedien: Die Ermutigung der Kommunikation SgKm präferenzieren Positivwerte, während Sprache das Positive auch durch Negation bezeichnen kann "Es regent nicht" SgKm machen alle einen symbiotischen Bezug zum Körper - [ das macht wohl das Konzept erfolgreich ] 6. Warum für den Systemtheoretiker Luhmann Sprache kein System ist -167 - Die Kompetenz ist die sprachtheoretische Version der Idee einer Form-ohne-Medium Tiefenstruktur zeigt sich als Projektion ihrer schriftsprachlichen Darstellung. Die Schrift dient der Sprachtheorie als - allerdings verschwiegenes - Modell der Sprache. 7. Eine nicht-hermeneutische Konzeption von Sinn -169 - Bei NL heisst verstehen Sinn verstehen. Sinn ist ein Ereignis. Und Operation heisst bei NL, die hervorbringung des Sinns. In der "ontologischen" Welt hat die Operation ein gegenständliches Produkt, etwa eine Schalterstellung. |
10. Donald Davidson: Warum eine gemeinsame Sprache nicht notwendig ist,um zu kommunizieren - 173 -
1. Kommunikation ohne gemeinsame Sprache? Eine Liste von unnötigen Annahmen in der Sprachphilosophie (1990a):
Dies alles, weil Sprache und Welt Sprachwissen und Weltwissen) nicht unterscheidbar ist Warum braucht es keine gemeinsame Sprache?
2. Die zwei Prämissen -175 - 2.1 Interpretieren statt Sprechen Von W. Quine (dessen Schüler er war) vorbereitet, bobachtet DD quasi den Ethnologen, der einen frremde Sprache antrifft - als Normalfall. Wir verstehen nicht Äusserungen, sondern Personen !!
2.2 Wahrheit statt Bedeutung - 178 - Das ist gerade nicht gemeint: Wir verstehen einen Satz, wenn wir wissen unter welchen Bedingungen er wahr ist. Wahrheit bezieht sich nicht auf Tatbestände in der Welt, sondern auf Personen und auf andere Wahrheiten. Sie ist innersprachlich. Wir haben ein vortheoretisches Wissen: wir erkennen die Wahrheit von Märchen, Ironie oder Lügen. 3. wie Davidson Tarski auf den Kopf stellt - 179 - A. Tarski behandelt formale Sprache
1) "Schnee ist weiss" ist wahr wenn "Schnee das Attribut weiss hat. Bei DD kehrt sich die Sache (mit ein paar Komplikationen um: Wenn der Satz wahr ist, folgt daraus eine (Be)Deutung im konkreten Kontext, in welchem er wahr ist. Es regnet, ist in bestimmten Situationen und in einer bestimmten Sprache wahr.
4. Radikale Interpretation - 183 - |
"Er wird damit (durch seine Rezeption als Philosoph, der Bedeutung nicht gegestandsorientiert, sondern handlungsorientiert versteht, F.H.) zum
Pragmatiker par excellence. Und doch: Wittgensteins Beitrag zur Frage nach der Bedeutung besteht weniger darin, einer 'Pragmatisierung der Semantik' zuzuarbeiten, sondern läuft radikaler darauf hinaus, die Unterscheidung zwischen Pragmatik und Semantik selbst für bedeutungslos zu erklären. Und
das aus dem einfachen Grund, weil das Semantische - und zwar auch als pragmatisierte Semantik - für das, was Sprache ist, gar nicht von Belang
ist. Was das Wort zum Wort, den Satz zum Satz, die Äußerung zur Äußerung macht, wurzelt nach Wittgenstein nicht in dem umstand, dass diese eine Bedeutung haben. BEDEUTUNGEN SIND GAR KEINE MERKMALE DER SPRACHE. Aber wir sprechen doch allenthalben von Bedeutungen. Was sind denn Bedeutungen, wenn sie keine Attribute unserer Sprache sind? Wittgensteins Antwort ist: Bedeutung kommt nicht in der Sprache vor, sondern 'nur' in der ERKLÄRUNG der Sprache.
(...) Wir können diese 'Bedeutungsfreiheit' der Sprache auch so ausdrücken: 'Bedeutungen' sind für Wittgenstein, wie auch 'Regeln' oder 'Grammatik',
diskursive Phänomene. Sprache selbst jedoch ist gar kein diskursives Phänomen. Also können sprachliche Äußerungen auch keine Bedeutung haben."
(S. 122 f.)