Ein Lehre über das Zeichnen |
Fast alles, was ich über das Zeichnen in der Literatur und im Internet finden kann, behandelt, wie ich am besten zeichnen würde. Es sind Zeichnen-Kurse, in welchen das Zeichnen selbst nicht thematisiert wird. Es geht um die besten Darstellungen der jeweiligen Referenzobjekte und um die besten Arbeitsmittel. Ich will aber nicht gut zeichnen können, ich will verstehen, was ich zeichnend mache. Mich interessiert nicht, was ich wie zeichnen sollte, sondern die Tätigkeit, die ich zeichnend ausübe. Ich weiss natürlich auch, dass Duden von Zeichenlehrer statt von Zeichnenlehrer spricht. Das interessiert mich sowenig wie, dass der Zeichnenlehrer als Lehrer bezeichnet wird, obwohl sein Lehren mit einer Lehre vom Zeichnen nichts zu tun hat, sondern eine Lehre vom schönen oder guten Zeichnen ist. Lehren ist ein Euphemismus für Belehren, Lehren ist das, was Lehrer tun. Umgangssprachlich wird Lehren - wie etwa beim Skilehrer und eben auch beim Zeichnenlehrer - auch für das Unterrichten verwendet, das wie die Berufslehre auf ein Können abziehlt, ohne dass dabei eine Lehre, die das Wissen bezeichnet, dazu vermittelt wird. Weil an Universitäten Lehren entwickelt werden (sollten), heissen die Belehrer dort nicht Lehrer sondern Dozenten. Zeichnenkönnen wird durch Vormachen vermittelt, nicht durch Erklären. Das Zeichnen als Tätigkeit hat eine Geschichte, in welcher sich die Tätigkeit mit den verwendeten Werkzeugen und Materialien entwickelt. Natürlich muss ich wissen, was ich als Zeichnen bezeichne, wenn ich eine Geschichte des Zeichnens schreibe, aber durch eine solche Geschichte kann ich auch klären, was ich als Zeichnen bezeichne. Etwas begreifen heisst immer auch dessen Gewordensein zu begreifen. In der herkömmlichen Geschichtschreibung ist Zeichnen kein Thema. Die Höhlenmalereien, die in dem Sinne rezent sind, dass sie aktuell noch betrachtet werden können, dienen als historischer Beleg für frühe Kulturen, nicht für das Zeichnen, selbst dort, wo Anthropologen vom Homo pictor sprechen.[1] |
![]() Bildquelle: Zeichnen lernen |
Zeichnen ist zunächst ein Praktizieren, also eine Tätigkeit, die im Sinne von praktischem Handeln keine Zwecke jenseits des Handeln verfolgt, sondern - wie etwa das Schwimmen in einem Schwimmbad - den Zweck in sich selbst hat. Weil es zunächst keinen praktischen Grund gibt, eine Zeichnung von einem Tier an einer Höhlenwand herzustellen, wird dieses Zeichnen als kulturelle Tätigkeit im psychologisierenden Kontext von Kunst oder Religion aufgefasst - als ob Herstellen einen Grund haben müsste. Berühmt ist die psychologische Geschichte, nach welcher Narziss sich selbt sehen wollte.
Das Zeichnen ohne Zweck kann ich als eine Art Spiel auffassen. Spielen ist der Inbegriff von praktizieren. Gleichwohl wird vor allem bei Jungtieren dem Spielen eine Funktion zugeschrieben. Es soll helfen, später benötigte Fähigkeiten zu entwicklen. Es soll sogar - nicht nur bei Kindern - eine Art Propriozeption des Denkens ermöglichen.
Das Zeichnen bekommt seinen poietischen Sinn in den technischen Zeichnungen, die als Mitteilungen fungieren. Technische Zeichnungen sind aber nur bedingt Zeichnungen, gerade weil eigentliche Zeichnungen die technische Funktion der Anweisung nicht gut oder gar nicht erfüllen. Ein Konstruktionszeichnung beispielsweise enthält Texte und Zahlen. Die technischen Zeichnungen werden als Zeichnungen betrachtet, weil die gezeichneten Teile ein wichtiges Kriterium der Zeichnung erfüllen: sie bestehen aus Strichen, die Umrisse darstellen, und sie wurden ursprünglich mit Bleistiften hergestellt.
Umgangssprachlich werden Bilder, die mit einem Bleistift hergestellt wurden, als Zeichnungen bezeichnet und Bilder, die mit einem Pinsel hergestellt wurden, als Gemälde. Ich werde später darauf zurückkommen. Hier ist mir nur wichtig, dass ich nur von einer Zeichnung spreche, wenn sie aus Strichen besteht. Wie und womit die Striche gemacht wurden, spielt dabei keine Rolle.
Zeichnungen - im hier gemeinten Sinn - zeigen den Umriss des Gegenstandes unter einem jeweiligen Gesichtspunkt. Bei technischen Zeichnungen wird der Gesichtspunkt jeweils als Auf- oder Grundriss bezeichnet. Naturwüchsige Zeichnungen zeigen fast immer einen Aufriss. Die Perspektive, die in der Renaissancegeschichte eine wichtige Rolle spielt, wird oft als Beitrage zum Zeichnen gesehen, weil die Perspektive anhand von Zeichnungen erläutert wird. Die Perspektive ist aber ein Bestandteil der Wahrnehmungslehre und natürlich des Zeichnenunterrichtes, wo es darum geht, was ich wie zeichnen sollte. Das perspektivisch richtige Zeichnen ist dehalb so faszinierend, weil es historisch sehr spät erst entdeckt wurde und auch entwicklungspsychologisch beim Kind erst nach langer Zeit und fast immer nur durch Belehrungen möglich wird. Dass die Menschen so lange auf das perspektivische Zeichnen verzichtet haben, und dass das Kind auch lange darauf verzichtet, sagt viel über das Zeichnen aus, insbesondere, dass es - wie andere herstellende Tätigkeiten - nicht an eine bewusste Perspektive gebunden ist.
Ich zeichne einen Gegenstand so, wie ich in in meiner Lebenswelt wahrnehme. Wenn ich aus Ton eine Schale forme, spielt die Perspektive keine Rolle. Wenn ich eine Zeichnung herstelle, kann ich die Perspektive wählen, aber immer auch weglassen. Ich kann Gegenstände insbesondere so zeichnen, wie ich sie sehen würde, wenn ich an einem entsprechende Ort stünde. Ein Gegenstand, der auf dem Boden liegt, muss ich nicht von oben gesehen zeichnen.
Als Zeichnen bezeichne (sic) ich die Tätigkeit, mit welcher ich Zeichnungen herstelle. Gleichgültig, was ich wie zeichne, ich forme Material, wozu ich wie bei jedem Herstellen Werkzeuge verwenden kann. Wennn ich die beispielsweise Tätigkeit eines Schmiedes beobachte, spielt auch keine Rolle, ob er ein Hufeisen oder als Kunsthandwerker ein Gartentor oder als Goldschmied einen Ohrenring oder ob er Pflüge statt Schwerter herstellt. In jedem Fall formt der Metall. Was ich zeichne, spielt keine Rolle. Um ein paar grundsätzliche Aspekte der Tätigkeit zu erläutern, beobachte ich hier zunächst den exemplarischen Fall, in welchem ich eine Zeichnung mit einem Bleistift auf einem Stück Papier herstelle. Das Material, dass ich dabei forme, ist Grafit, das ich mit dem Bleistift auf das Papier auftrage. Wenn ich mit einem Bleistift zeichne, verarbeite ich Material, das als Halbfabrikat zunächst im Bleistift gelagert ist. Ich trage es in kleinen Mengen aus der Mine ab und stelle damit einen Strich her, der eine Anordnung von kleinen Gaphitkörpern ist, die zusammen- und gleichzeitig auf dem Papier haften. Der Körper dieses Striches ist durch eine Lupe betrachtet eine Art flache Trockenmauer, die nicht besonders hoch ist. Der Strich erscheint unter der Lupe wie die chinesische Mauer von einem hochfliegenden Flugzeug aus gesehen. Zeichnungen bestehen aus Strichen, die einer hinzugedachten Linie folgen. Als Linie bezeichne ich - in einer etwas euklidischen Auffassung -, was ich mit einer nicht unterbrochenen Bewegung mit einem Bleistift auf einem Papier darstellen kann. Die gerade Linie oder Gerade stellt ein Spezialfall dar, der andere Linien als Kurve erscheinen lässt. Die Linie hat bei Euklid nur eine Dimension. Was ich zeichne ist also keine Linie, sondern ein Strich, der ein dreidimensionaler, materieller Gegenstand ist. Mit einem Strich kann ich insbesondere auch den Verlauf einer Linie darstellen. Der Gegenstand, den ich zeichnend herstelle, hat - wie jeder hergestellte Gegenstand - eine durch die Herstellung gegebene Form. Die Striche, die ich zeichnend herstelle, fungieren als Konstruktionselemente, die ihrerseits eine Forme haben, so wie Backsteine, die ich für eine Mauer verwende, auch ein Form haben, ohne dass sie die Form der Mauer festlegen. Die Form der Konstruktionselemente beschränkt, was ich mit ihnen herstellen kann, aber sie bestimmt nicht die Form des hergestellten Gegenstandes. Mit Bachsteinen kann ich sehr verschiedene Mauern herstellen und ich kann auch sehr verschieden grosse Bachsteine verwenden. Die Striche, die ich für eine Zeichnung verwende, stelle ich erst beim Zeichnen her und gebe ihnen die Form, die ich im jeweiligen Fall brauche. In diesem Sinn sind Striche sehr flexible Konstruktionselemente, deren Länge, Dicke und Form ich in einem weiten Bereich wählen kann. Wenn ich - im hier gemeinten Sinn einer Tätigkeit - zeichne, stelle ich einen von mir intendierten Gegenstand her, der aus Strichen besteht. Ich kann mit einem Bleistift auch kritzeln oder schreiben. Beim Kritzeln ordne ich den Grafit mehr oder weniger zufällig an. Ich zeichne dabei nicht, weil ich kein Ziel verfolge, das sich in einer bestimmten Anordnung des Grafites zeigt. Ein Kleinkind kann noch nicht zeichnen, auch wenn es den Bleistift bereits als solchen verwenden kann und eine Erwachsener kann beispielsweise während eines Telefongespräches zur Entspannung kritzeln. Der Sinn von Kritzeln liegt im Praktizieren, nicht im Herstellen. Beim Schreiben gibt die verwendete Schrift vor, wie ich den Grafit anordne. Schreiben ist in diesem Sinne eine sehr spezielle Art des Zeichnens. Wenn ich zeichnen kann, kann ich wie Mönche im Skriptorium es taten, abschreiben, ohne schreiben zu können. Ich bezeichne solche Zeichnen als Abzeichnen, weil ich dabei ein Kopie einer Vorlage herstelle.[2] ==============Gleichgültig, was ich zeichne, ich zeichne immer die Form des jeweils gezeichneten Gegenstandes. Als Form eines Gegenstandes bezeichne ich genau das, was ich zeichnen kann. Als Form bezeichne ich im Kontext der Herstellung von Artefakten in einem operativen Sinn genau das, was ich zeichnen kann.[1] Ich zeichne immer mit Strichen den Umriss des Gegenstandes. Jede Zeichnung repräsentiert eine perspektivische Form des gezeichneten Gegenstandes. Dreirissige Konstruktionszeichnungen sind in diesem Sinne idealtypische Zeichnungen der Form, während einfache Zeichnungen konventionelle Normalansichten darstellen. Dabei speilt keine Rolle, inwiefern die Zeichnung perspektivisch ist. Wenn ich den Umriss des Gegenstandes und eine Zeichnung von ihm betrachte, mache ich mit dem Focus meiner Augen die gleichen Bewegungen. Mental mache ich diese Bewegungen, wenn ich die Augen dabei nicht bewege, sondern mich der Bewegungen (nur) erinnere. Beim Zeichnen mache ich die Bewegung mit der Hand, respektive mit dem Zeichenstift. Als Form bezeichne ich in diesem Kontext also nicht einen Gegenstand wie die Kuchenform. Die sogenannte Kuchenform ist ein exemplarisches Beispiel dafür, dass ich Material forme und beim Gugelhopf dazu eben die ein Werkzeug zum Formen des Teiges verwende, das die gleiche Form hat, wie der damit hergestellte Kuchen. Die Zeichnung der Form zeigt nicht, ob der Kuchen oder die Kuchenform gemeint ist, weil sie dieselbe Form haben. ================ !!! geschlossene Kurve wenn ich den Schwanz der Micky zeichne, mache ich das mit einem Strich, aber egentlich natürlich nicht, weil der Schanz ja ein Körper ist. Auch bei e-mois ist der Mund ein Strich ... SkizzenDie Form des einzelnen Striches einer Zeichnung ist durch die Form des gezeichneten Gegenstandes bestimmt. Ich zeichne die Form des Gegenstandes, indem ich die Striche forme. Jeder Strich hat eine bestimmte Form und in der Zeichnung einen bestimmten Ort. Die Striche bilden eine nicht homogene Menge von geformten Elementen, aus welchen die Zeichnung besteht. Die Zeichnung zeigt die Form des Gegenstandes dadurch, dass die Striche entsprechend angeordnet werden. Die Striche repräsentieren im Sinne einer Wiederholung den Umriss des gezeichneten Gegenstandes. , als Einfassung sie folgt einer Linieund die mentale Umrissaugenbewegung.[11] sandro. Wenn ich mit einem Bleistift zeichne, ist der hergestellte Gegenstand eine Anordnung von Grafit, der seine Form nur behält, weil ich den Grafit auf ein Papier auftrage, das als Träger der Zeichnung dient. Ich kann mit einem Bleistift keine freistehende Skulptur herstellen. Das Material, das ich forme, ist zunächst im Bleistift in Form einer Mine gespeichert. Das Papier verwende ich als Träger der Zeichnung. Ich kann auch auf eine Höhlenwand oder im Sand zeichnen. Darauf werde ich später zurückkomen. Der Bleistift ist ein Werkzeug. Ich kann auch andere Werkzeuge verwenden. Als Zeichnungen bezeichne ich Artefakte, deren Gegenstandsbedeutung darin besteht, angeschaut zu werden. Ich spreche deshalb von Anschauwerken. Als Artefakte bezeichne ich einen hergestellten Gegenstand, wenn ich von seiner Gegenstandsbedeutung so abstrahiere, dass ich nur noch dessen bewusste Herstellung referenziere. Artefakte werden nicht als Artefakte hergestellt, sondern als Gegenstände mit einer Bedeutung, einem Zweck, der dem Gegenstand bei der Herstellung gegeben wird. und mithin auch Zeichnungen bezeichne ich geformtes Material. Einschränkend sei formuliert, dass diese Arbeit zunächst konkrete Fallbeispiele „unique adequate“ erforscht und es nur nachgeordnet darum gehen wird, generalisierende Claims aus dem Datenmaterial zu extrahieren und zu abstrahieren. Wie aber geht das maßgebende Subjekt die mit den ihren gezeichneten Referenzobjekten die Form teilen, also ananloge Abbildungen repräsentieren. Sie geben nur die Form des Gegenstandes wieder, während ich bei Gemälden als Betrachter die Gegenstände selbst unterscheiden und isolieren muss. Siehe dazu zeichnen und malen. Ich kann Striche auf einem Papier mehr oder weniger zufällig anordnen, was ich als kritzeln bezeichne. Wenn ich zeichne, zeichne ich etwas Das Herstellen einer Zeichnung bezeichne ich als Handlung. Das was ich dabei mache als Tätigkeit. Die Tätigkeit hat kein Ziel und kein Produkt. Wenn ich zeichne, stelle ich immer eine Zeichnung her. Ich kann das Zeichnen üben. Dabei kann mir gleichgültig sein, was ich zeichne, aber ich kann nicht nichts zeichnen. Wenn ich zeichne, stelle ich Striche her, die die Form des jeweils gezeichneten Gegenstandes unter einer gegenen Perspektive repräsentieren. Das Herstellen der Striche bezeichne ich als Operation, es ist der konstruktiv beschreibbare Aspekte der Handlung, den ich auch von einer Maschine, etwa einm Plotter machen Das Ausüben einer Tätigkeit mit einem Ziel bezeichne ich als Handlung. Zeichnen ist in diesem Sinne eine Tätigkeit, eine Zeichnung ist das Resultat einer Handlung.. |
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Anmerkungen
1) Nicht einmal A. Leroi-Gourhan, der über Technik spricht, unterscheidet zeichnen. Auch er sieht nur Bilder. (zurück)
2) Ich will hier nicht näher auf das Schreiben eingehen. Aber Buchstaben und Zahlen, die geschrieben werden, sind natürlich gezeichnete Gegenstände, die als Konstruktionselemente für Texte fungieren. Das Schreiben als Tätigkeit behandle ich in meinen Blog Buch Schrift-Sprache (zurück)
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Zum Unterschied zwischen Gemälde und Zeichnung.
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