Organismus und Organisation begreife ich als quasi-etymologische Ableitungen von Organ, wobei die Ableitungen den eigentlichen Sinn des Ausdruckes Organ hervorbringen: Organon wird im Kontext der griechischen Sklavenhalter als Werkzeug (miss)verstanden. Die Hände sind keine Werkzeuge und Werkzeuge sind kein Ersatz für Organe. K. Bühler und die ihm folgenden Sprachphilosophen verwenden Organon bis heute im Sinne von Aristoteles: "Mit dem Wort als Werkzeug etwas tun".
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Als Organe bezeichne ich den Repräsentanten einer Funktion innerhalb eines Organismus oder einer Organisation, welchem ich eine relativ autonome Funktionsweise zuschreiben kann.
Beispiel:
Die Wortherkunft ist ambivalent. Der Begriff „Organismus“ wurde 1700 vom Mediziner G. Stahl als Alternative zum cartesischen Begriff Mechanismus vorgeschlagen, weil er Lebewesen und Maschinen sprachlich auseinander halten wollte. G. Leibniz übernahm 1704 den Begriff und machte ihn bekannt. R. Descartes hat sich ausführlich mit den Organen befasst, diese aber mechanisch beschhrieben.
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Noch allgemeiner spreche ich von Organen einer Organisation, wenn ich Aufgabenbereiche als Teilfunktionen sehe, die beispielsweise bestimmten Funktions- oder Rollenträgern zugeordnet sind, wie etwa ein Publikationsorgan einer Partei. Als Zentralorgan wird verkürzt eine Vereinszeitschrift bezeichnet, wo die zuständige Redaktion als Träger der Kommunikation gemeint ist, insbesondere, wenn diese Redaktion implizit, also nicht ausdifferenziert ist.
Und im Recht benötigt eine jede juristische Person ein Organ, weil sie selbst nicht handeln kann.
Vom Organon aus gesehen, sind die hier allgemeineren Fälle eigentliche Organe, weil sie als Funktion eingerichtet wurden, während die Köperorgane auf einer Metapher beruhen, die Teilen des Körpers ein Arbeit zuweist. Kein Mensch sagt ja seinem Herz, dass es pumpen soll.
In einer Organisation werden eigentliche Aufgaben erfüllt, indem die Organe dazu ausdiffernziert werden. Die körperbezogene Metapher bezeichne ich als Organismus, genau dann, wenn ich dessen Organisation betrachte, was ja der Einführung des Ausdruckes durch G. Stahl entspricht (Anm 2).
Das Organ ist in diesem Sinne eine funktionelle Einheit, die in einem organisationellen Deutungszusammenhang wahrgenommen wird, in welchem eine ausdifferenzierte Aufgabe gelöst werden muss. Wenn das Organ ein hergestellter Gegenstand ist, etwa eine Heizung in einem Haus, weiss der Hersteller vorab, wozu er sie herstellt, Artefakte haben einen Zweck, der die Wozufrage beantwortet (vergleiche dazu Gegenstandsbedeutung). Wenn das Organ kein hergestellter Gegenstand ist - was in der umgangssprachlichen Verwendung ja der Fall ist - hat es keinen ausser ihm liegenden Zweck. Dem Herz beispielsweise schreibe ich die Funktion zu, das Blut durch die Adern zu pumpen, also den Blutkreislauf aufrecht zu erhalten. Dazu muss ich das Herz aber willkürlich vom Blutkreislauf unterscheiden, den ich ja seinerseits als Organ sehen kann. Ein Mensch oder ein Baum hat naturgemäss keinen Zweck, aber wenn ich einen Menschen als Sklaven und einen Baum als Werkstoff verwende, ordne ich ihnen innerhalb meiner Verwendung eine Funktion zu. Der Sklave, der mir mit Bäumen ein Haus baut, erfüllt eine Funktion, in welcher er und die Bäume ihre entsprechende Funktion erst durch diese Verwendung bekommen. Der Sklave erscheint in dieser Verwendung als Organ, weil er etwas tut, der Baum dagegen ist hierbei kein Organ, weil er hierbei nichts tut, was ich als Funktionsweise begreifen kann.
Wenn das Organ durch eine Funktion definiert wird, kann es aus mehreren Organen bestehen. Beispiele dafür - die auch die Beliebigkeit zeigen - sind Redeweisen wie Verdauungs-, Geschlechts-, Fortpflanzungs- oder das den Affen fehlende Sprechorgan (Anm 1), die einer recht willkürlichen Unterscheidung von Funktionen entspringen. Neben den Sinnesorganen wird oft sogar die Empfindung als Organ der Wahrnehmung oder der Psyche bezeichnet. Diese Willkür zeigt sich noch ausgeprägter bei der Abgrenzung von Organisationen (oder Funktionssystemen).
Das Stimmorgan ist ein exemplarisches Beispiel für funktionalistische Redeweisen. Das "Organ" gibt es nicht, aber es gibt etwas, was die Funktion erfüllt, und deshalb Organ genannt wird.
organisch wird praktisch nur noch im Sinne der Chemie für Kohlenstoffverbindungen verwendet, und von anorganischen Verbindungen oder Stoffen unterschieden. Früher wurde das Adjektiv auch für "die Organe betreffend" verwendet.
Interessant finde ich dazu die Redeweise von K. Marx:
Die Natur ist der unorganische Leib des Menschen, nämlich die Natur, soweit sie nicht selbst menschlicher Körper ist.
Die Natur, die den Organismus umfasst, wird darin als Differenz beobachtet, in welcher der Teil der Natur, der nicht zum Organismus gehört, als Material des Stoffwechsels zum Organismus gehört (re-entry). Der Organismus fungiert so als Aspekt des natürlichen Stoffwechsels. Er beruht auf einer Autopoiese, in welcher er sich als organische Natur durch die Bildung einer Haut von seiner unorganischen Natur abgrenzt.