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bildbildHomonym: in der Ernährungslehre wird Nahrung assimiliert

 
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Zwei hier noch nicht geleistete Differenzen:
Assimilation versus Dissimilation
Assimilation versus Akkommodation

Als Assimilation bezeichne ich Prozesse, in welchen ein System Zuordnungen zu bereits vorhandenen Kategorien macht. Assimilation ist "eine Form des Umgangs mit Neuem, die dieses Neue als ein Vorkommen von etwas Bekanntem behandelt.

Biologisch/materiell etwa dadurch, dass Nahrungsmittel in zum System passende Baustoffe umgewandelt werden ("anpassende Einverleibung"), wobei Reste anfallen, die ausgeschieden werden. Begrifflich dadurch, dass solche Abstraktionen geleistet werden, dass die Phänomene so wahrgenommen werden, dass sie zu den bereits bestehenden sensomotorischen oder begrifflichen Schemata passen.

Beispiel:
Wenn ein Kind ein Schema "wau-wau" aufgebaut hat, mag es auch zunächst auch eine Kuh als "wau-wau" wahrnehmen, indem es schematisch "lebendig auf vier Beinen" wahrnimmt.

Die psychische Entwicklung beruht auf Akkommodation, die neue Voraussetzungen für Assimilation schafft.
ausfühlicher in: Ernst von Glasersfeld über Piaget

Nur ein Beobachter kann sagen, dass ein Organismus nur wahrnimmt, was in seine Strukturen passt, weil der Beobachter auch Dinge sieht, die der Organismus eben gerade nicht wahrnehmen kann.

Erkennen ist immer Assimilation. Gelingt das Erkennen nicht (oder nicht kohärent), liegt eine Störung vor, die zur Akkommodation führen kann.


Im Crash-Kurs Hyper-Bibliothek wird Assimilation als Verfahren im Bibliotheksprozess verwendet.


Notizen:

bei E. von Glasersfeld:
Das Begriffspaar stammt - psychologisch verwendet - von Steinthal (Einleitung in die Psychologie und Sprachwissenschaft, Berlin 1871), es wurde von Mark Baldwin populär, und von Piaget allgemein anwendbar gemacht (E. von Glasersfeld: Wege des Wissens). Parallel dazu: "Die Psyche ist eine organische Gestaltungskraft, die zur Erreichung ihrer Zwecke alles modifiziert, was sie in sich aufnimmt, ebenso aber in der Lage ist, sich an Neues anzupassen (H. Vaihinger: Die Philosophie des Als Ob:2)

bei N. Bischof:
Ein Prinzip verleibt sich Material ein; das Markt(prinzip) verleibt sich das (Ver)Käufer(verhalten) ein, oder genereller: die Organisation gestaltet (assimiliert) ihre Mitglieder. Akkommodation heisst dann, dass die (Ver)Käufer den Markt verändern, oder genereller: die Organisation passt sich ihren Mitgliedern an.

bei H. Haken:
Schwimmer im Schwimmbad bilden Muster

bei L. Ciompi:
"Unter 'Assimilation' ist der Einbau von Elementen aus der Aussenwelt in bereits bestehende innere Strukturen zu verstehen" (Ciompi, 1988, 185),
Ciompi greift bezüglich Piaget zu kurz, weil es nicht um importierte Elemente geht, sondern um die Aequilirierung.


Mitteilungen aus anderen Sprach-Welten

(c) Meyers Lexikonverlag: Assimilation [lat.], 1))Stoffwechselphysiologie: der Aufbau von körpereigenen Substanzen (Assimilaten) bei Organismen aus körperfremden Nahrungsstoffen unter Energieverbrauch (Ggs.: Dissimilation), bes. die Biosynthese von Kohlenstoffverbindungen durch Photosynthese oder Chemosynthese. Von A. spricht man auch bei der Aufnahme von Stickstoff-, Schwefel- und Phosphorverbindungen durch Pflanzen. Der jährl. A.gewinn auf der Erde beträgt etwa 100 Mrd. t organ. Substanz. 2))Soziologie und Ethnologie: der soziale Prozeß der Angleichung von Menschen, die inmitten einer anderen ethn. oder rass. Gruppe leben. Wesentl. Merkmal ist neben der Übernahme der sozialen Wertsysteme und der Verhaltensweisen der umgebenden Gruppe der Verlust jegl. Gruppenbewußtseins bei der assimilierten Gruppe.

(c) Meyers Lexikonverlag: Dissimilation [lat.], in der Biologie energieliefernder Abbau körpereigener Substanz in lebenden Zellen der Organismen (z.)B. Atmung, Gärung); Ggs. Assimilation.

(c) Dudenverlag: As|si|mi|la|ti|on [...zion; "Ähnlichmachung"] die; -, -en: 1.a) Angleichung, Anpassung; b) Angleichung eines Konsonanten an einen anderen (z.B. das m in dt. Lamm aus mittelhochdt. lamb); Ggs. Dissimilation (1). 2.a) Überführung der von einem Lebewesen aufgenommenen Nährstoffe in Assimilate; Ggs. Dissimilation (2); b) die Bildung von Kohlehydraten aus Kohlensäure der Luft und aus Wasser unter dem Einfluß des Lichtes, wobei Sauerstoff abgegeben wird. 3. Angleichung von Menschen, die in einer anderen ethnischen od. rassischen Gruppe leben (Soziol.).

Anmerkung: Vergleiche Akkommodation, die von Meyers und Duden hier "verdrängt" wird, obwohl Assimilation in der Literatur viel häufiger mit Akkommodation als mit Dissimilation in Verbindung gebracht wird.


 
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