Aneignung ist ein ung-Wort. Ich bezeichne damit eine Hypostasierung des Aneignens. Aneignung ist ein Homonym, es steht auch für: Hier behandle ich die eigentliche Aneignung, die ich - quasi tautologischerweise - als stoffliche bezeichne, weil umgangssprachlich meistens die anderen "Aneignungen" gemeint sind. Was ich aneigne, kann kein anderer Mensch auch aneignen. |
Als Aneignung bezeichne ich eine Tätigkeit, durch die ich zu mir oder an mich nehme, was für meine Zielsetzung geeignet ist, ohne damit Eigentum zu begründen.
Beispiel:
Ich trinke Wasser aus einem Bach. Ich esse Beeren, die ich im Wald gefunden habe. Ich nehme ein Stück Holz oder einen Stein mit mir, weil ich daraus oder damit etwas machen oder herstellen will.
Als naturwüchsige Keimform der Aneignung beobachte ich, was ich als Autopoiese bezeichne, durch die - wenn ich von ewig lebendenen Seelen und Keimzellen und allen vorausgesetzten Unterscheidungen absehe - ich mich als Lebewesen selbst hervorbringe, indem ich durch einen Metabolismus aneigne, was ich bin. Auf einer bestimmten Entwicklungsstufe der Autopoiese bezeichne ich die Stoffe, die ich aneigne, als Nahrung. Und als Mensch muss ich erkennen, was als Nahrung geeignet ist.
Als Aneignung bezeichne ich eine Tätigkeit jenseits gesellschaftlicher Rechtsformen, die Eigentum begründen. Die in meinem Körper aufgehobene Nahrung ist kein Eigentum. Fähigkeiten, die ich entwickelt habe, sind kein Eigentum. Aneignen im juristischen Sinn kann ich nur, was kein Eigentum ist, also erst Eigentum werden kann.
Wenn ich einen Stein finde, der sich als Werkzeug eignet, nehme ich ihn Besitz. Dieses Besitzen kann unter gegebenen Rechtsverhältnissen ein Eigentum begründen (siehe dazu juristische Aneignung).
Jedes stoffliche Aneignen impiziert ein Hervorbringen, ich kann nichts aneignen, was ich nicht zuvor hervorgebrachte habe. Aber ich muss nicht aneignen, was ich hervor bringe. Ich kann etwas finden und liegen lassen, ich kann etwas herstellen und es dann wegwerfen. Wenn ich etwas herstelle, habe ich das Material angeeignet - mindestens während des Herstellens. Ich kann beispielsweise Ton finden und daraus ein Gefäss machen. Wenn ich dann das Gefäss wegwerfe, weil es nicht eignet, ist die Aneignung des Ton und des Gefässes aufgehoben.
Eine sprachkritische Erwägung:
Aneignen beziehe ich auf eigNen, wenn ich enteigNet werde, beziehe ich das auf Eigentum.
Aneignen und enteignen gehören zu verschiedenen Wortstämmem