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Elektrischer Strom fliesst in geschlossenen Leitungen. Im einfachsten Fall verbindet eine Leitung eine Stromquelle mit einen Stromverbraucher und diesen mit der Senke, wobei Quelle und Senke eine - unter Spannung stehende - Einheit bilden, so dass die Leitung einen Stromkreis bildet. Wenn kein Verbraucher in der Leitung ist, spreche ich von einem Kurzschluss.

In diesem umgangssprachlichen Commonsense sind allerlei technische Fragen aufgehoben. Es ist eine naive Beschreibung einer leicht wiederholbaren Erfahrung: ich kann ein Glühlampe als Stromverbraucher zwischen die Klemmen einer Batterie halten.
Was kann ich sehen? Und wie kann ich mir erklären, was ich sehe?

Die Stromrichtung ist angesichts des Wechselstroms unerheblich. Ihre Festlegung ist konventionell, aber elektrotechnisch enorm wichtig, weil sie die Vorzeichen aller Formeln (Knotenregel (Kirchhoff 1), Maschenregel (Kirchhoff 2)) bestimmt.

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Bildquelle: Wikipedia

 

Vorab:
Strom ist eine Metapher. Wenn ich den Ausdruck Strom eigentlich verwende, bezeichne ich einen Fluss. Wenn ich frage, in welche Richtung ein Fluss fliesse, erwarte ich als Antwort eine Himmelsrichtung.
Beim elektrischen Strom ist die Frage offensichtlich anders gemeint.
Inwiefern fliesst der elektrischen Strom? Was fliesst dabei (falls fliessen nicht als Metapher verwendet wird)?
Die Elektronen werden oft als Kügelchen gezeichnet. Damit verbunden könnte man sich vorstellen, dass Strom wie Sand fliesst, dass sich die Kügelchen wie Sandkörner verhalten. Zu dieser Vorstellung gehörte, dass der Elektronensand durch einen Filter fliesst, der aus Neutronen besteht, die viel grösser als die Elektronen sind.
In einer weniger (oder gar nicht) anschaulichen Vorstellung (für gewieftere Geister) fliessen nicht Elektronen, sondern Ladungen. In solchen Vorstellungen fliesst dann auch "Energie" und das eben sehr oft in die andere Richtung als die Ladungsträger.
Das Bild entspricht der Fahrradkette, bei welcher die Energie auch gegen die Richtung der Kette fliesst - was auch auch allerhand über die Redeweisen aussagt.

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Die "Energie" "fliesst" vom vorderen
zum hinteren Zahnrad
Bildquelle: Wikipedia

 


Die (stritige) Konvention [ ]:
(wo elektrischer Stromals fliessende elektrische "Ladung" aufgefasst wird):
In Physik und Technik wird die Stromrichtung definiert als die Richtung, in der sich positive elektrische Ladung bewegt. Umgangssprachlich tauchen die miteinander konkurrierenden Begriffe der sogenannten „technischen“ und „physikalischen“ Stromrichtung auf. Tatsächlich aber ist die elektrische Stromrichtung identisch mit der „technischen“ Stromrichtung und in der Physik und Elektrotechnik genau gleich definiert.
Die positive Ladung bewegt sich zum Pol, an welchem negative Ladungen überwiegen !
Ausserhalb von Strom- oder Spannungsquellen fliesst die positive Ladung - der Feldlinienrichtung des elektrischen Feldes folgend - vom Pluspol zum Minuspol.
Innerhalb von Strom- oder Spannungsquellen hingegen, fliessen positive Ladungsträger vom Minuspol zum Pluspol. So wird der Stromkreis wieder geschlossen. Dies gilt allgemein und unabhängig von der Art der Ladungsträger als logische Konsequenz aus der Kontinuitätsgleichung.

In einem Plan für eine elektrische Schaltung wird die elektrische Stromrichtung durch einen Zählpfeil gekennzeichnet, dessen Richtung üblicherweise der elektrischen Stromrichtung entspricht. Sollte sich herausstellen, dass die elektrische Stromrichtung dem Zählpfeil entgegengesetzt ist, so erhält die Stromstärke bezüglich der Pfeilrichtung einen negativen Wert.

Zum Sprachchaos:
Im Unterschied dazu bezeichnet der Begriff der „physikalischen Stromrichtung“ nicht den Strom elektrischer Ladung, sondern einen Massen-, Volumen-, Teilchenstrom oder quantenmechanischen (Aufenthalts-)Wahrscheinlichkeitsstrom von elektrischen Ladungsträgern. Er kennzeichnet somit die Bewegung der elektrischen Ladungsträger unabhängig von ihrer jeweiligen Ladung. Teilweise wird offen gelassen, um welche Ladungsträger es sich handelt; oft sind Elektronen in Metallen gemeint, die per Konvention eine negative Ladung besitzen. Dann ist die Elektronenströmung („physikalische Stromrichtung“), wie in der Abbildung verdeutlicht, der (positiven) Ladungsströmung („technische Stromrichtung“) entgegengerichtet.
Da es neben den Elektronen eine Reihe weiterer Ladungsträger gibt, die positiv oder negativ geladen zum Ladungstransport und damit zum Strom beitragen können – in Halbleitern, bei der Elektrolyse oder in Gasentladungen –, ist der Begriff der „physikalischen Stromrichtung“ nicht nur missverständlich, sondern fallweise auch mehrdeutig. Es ist also besser, von vornherein von der Bewegungsrichtung der jeweiligen Ladungsträger zu sprechen, beispielsweise von der „Elektronenflussrichtung“ oder der Bewegungsrichtung der negativen oder positiven Ionen oder Defektelektronen.
Das tatsächlich gar nicht bestehende Gegeneinander von Technik und Physik entsteht nur, wenn nicht sorgfältig zwischen Ladung und Ladungsträgern unterschieden wird.

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Stromkreis mit Elektronen- und Ionenleitung in einer Reihenschaltung
aus Batterie, Ionenleiter (Salzlösung in einem Trog) und Glühlampe,
welche durch den Strom zu leuchten beginnt. Mit roten Pfeilen ist die
Richtung des elektrischen Stroms (= „technische Stromrichtung“)
eingetragen. Grüne Pfeile markieren die Strömungsrichtung der negativ geladenen Ladungsträger, im Metalldraht sind dies Elektronen.
Quelle: Wikipedia

 
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Um keinen Konflikt mit der bereits bestehenden Literatur zu
erzeugen, wurden zwei Stromrichtungen eingeführt, und zwar die
technische (Sichtweise von Ampère) und die physikalische (Richtung
der Elektronen).
Quelle: Andreas Haja https://go.tfe.academy/21020316

 
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