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"...Diese Regeln, die Zeichensprache und Grammatik des Spieles, stellen eine Art hochentwickelter Geheimsprache dar, an welcher mehrere Wissenschaften und Künste, namentlich aber die Mathematik und die Musik (beziehungsweise Musikwissenschaft) teilhaben und welche die Inhalte und Ergebnisse nahezu aller Wissenschaften auszudrücken und zueinander in Beziehung zu setzen imstande ist.
Das Glasperlenspiel ist also ein Spiel mit sämtlichen Inhalten und Werten unserer Kultur, es spielt mit ihnen, wie etwa in den Blütezeiten der Künste ein Maler mit den Farben seiner Palette gespielt haben mag..." (Hesse: Glasperlenspiel).
"Das Glasperlenspiel ist also ein Spiel mit sämtlichen Symbolen, die unser explizites Wissen ausmachen. Es spielt mit ihnen wie etwa in den Blütenzeiten der Hyperkommunikation ein Schrift-um-Steller mit den Elemente eines Hypertextes spielen mag."
Im Glasperlenspiel interessieren die Verknüpfungen der Symbole, die viele Namen wie Assoziationen, Metaphern, Isomorphien, Synonyme haben und als Hypertext entfaltbar sind. Aus einem Hitzeschild für Weltraumraketen wird eine Bratpfanne. Der knöcherne Schädel wird zum Zeichen für Piraten und Gift, später wird ein Radrennfahrer Pirat genannt und nimmt Gift. Das Gift wirkt bei ihm wie Mitgift, es macht ihn reich und nur psychisch kaputt. Jesus Christ wird Superstar, Madonne seine Nachfahrin.
Jedes Glied jeder Kette wird neu verknüpft. Und wenn ich diese Ketten betrachte, sehe ich weder Priaten noch Madonnas, sondern Buchstaben aufgereiht wie Perlen... Das Spiel hat als Figuren keine Totenköpfe und keine Bratpfannen, sondern Zeichen, die der Betrachter als Symbole für Raketen und Jesus sehen kann. Die Zeichen sind Perlen, sie stehen als Tauschwert für was immer man will.
Jeder Begriff ist eine Perle mit einem Assoziationspotential. Das Glasperlenspiel sucht Konstellationen, in welchen sich Assoziationen verknüpfen und Muster entwickeln. Die Muster sind wiederum Perlen mit Assoziationspotential, deshalb gibt es Muster von Mustern, es gibt den Reigen die Rekursion, die Wiedergeburt, das Fraktal, ... Es gibt die Muster in der Anschauung, im Denken, in der Erzählung, ... Es gibt die Muster im Mythos, in der Wissenschaft, in der Kunst, ...
Im Glasperlenspiel erkennen die Spielenden, was sie erzeugen und so, wer sie sind.
Auf einer formaleren Ebene betrachte ich die Glasperlen als Sprachspiele im Sinne der operativen Semantik von Wittgenstein.