Beobachtung ist ein ung-Wort zu beobachten.
Im Kontext der Systemtheorien wird beobachten oft spezifischer als in der Umgangssprache verwendet, weil der Beobachter und die Beobachtung dort wesentliche Konzepte bilden. H. Maturana: "Alles was gesagt wird, wird von einem Beobachter gesagt."
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Als Beobachtung bezeichne ich drei verschiedene Sachen:
ein Ereignis und ein Bericht
ein manifestes Resultat dieser Tätigigkeit
Im Kontext der Systemtheorie verwende ich Beobachtung - terminologisch gebunden viel enger - für das Bezeichnen einer Unterscheidung, was im einfachsten Fall durch das Bezeichnen einer Seite der Unterscheidung geschieht. Ich verweise damit auf die elementare Operation eines Beobachters (ausführlicher in: Beobachten als Phänomen und im Blog: Beobachter beobachten)
Als - systemtheoretische - Beobachtung bezeichne ich die Wahl einer Kategorie, die ich impliziere, indem ich die Bezeichnung der einen Seite der Unterscheidung nenne.
Das je gewählte Wort verwende ich dann für diese Beobachtung, die ich explizit machen kann, indem ich meine damit verbundene Unterscheidung erläutere.
Beispiel:
Wenn ich "oben" sage, habe ich (vermutlich oder vielleicht) oben und unten unterschieden und eine Seite der Unterscheidung genannt.
Ich mache mir meine implizite Unterscheidung bewusst, indem ich den nichtbezeichneten Teil bezeichne. Dabei kann ich - D. Baecker folgend - auch den Raum bezeichnen, in welchem die Unterscheidung getroffen wird oder die Unterscheidung selbst.
Beispiel:
Als Kreis etwa bezeichne ich die Unterscheidung, die einen (normalerweise gemeinten) Innen- und einen Aussenbereich in einer Ebene (Raum) festlegt und durch eine Linie (Unterscheidung).
Literatur:
G. Spencer-Brown spricht von consider und observe (betrachten, beobachten, aber seine Sprache ist ohnehin auf LoF bezogen)
A. Doyle:Skandal Beobachten versus sehen.
Textstellen
"Das Beobachten erster Ordnung ist das Bezeichnen - im unerläßtlichen Unterschied von allem, was nicht bezeichnet wird" (Luhmann, GdG: 102)
"Wir sagen also: ein Beobachten zweiter Ordnung liegt immer dann vor, wenn auf Unterscheidungsgebrauch geachtet wird; oder pointierter: wenn das eigene Unterscheiden und Bezeichnen auf ein weiteres Unterscheiden und Bezeichnen bezogen wird. [...] [...]" (Luhmann, GdG: 101)
"Was man bezeichnen und unterscheiden kann, das "begreift" man." (F. Nietzsche, Die dionysische Weltanschauung, in: KSA Bd. I, S. 576)
Was immer als Einheit fungiert, läßt sich nicht von außen beobachten, sondern nur erschließen. Jede Beobachtung muß sich daher an Differenzschemata halten, die Rückschlüsse darauf ermöglichen, was im Unterschied zu anderem als Einheit fungiert. Kein System kann ein anderes analytisch dekomponieren, um auf Letztelemente (Substanzen) zu kommen, an denen die Erkenntnis letzten Halt und sichere Übereinstimmung mit ihrem Objekt finden kann. Vielmehr muß jede Beobachtung ein Differenzschema verwenden, wobei die Einheit der Differenz im beobachtenden und nicht im beobachteten System konstituiert wird. Dies schließt Selbstbeobachtung keineswegs aus, aber Selbstbeobachtung muß von der Einheit der Reproduktion der Einheiten des Systems (Autopoiesis) sorgfältig unterschieden werden. (SozSys, S.611)