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Generalisierung (oft auch als Verallgemeinerung) und Abstraktion gehören umgangssprachlich diffus als Quasisysnonyme zueinander. Die Wikipedia schreibt:
Generalisierung oder(!) Verallgemeinerung steht für:
sie gibt dann aber nur Erläuterungen zu Generalisierung, während Verallgemeinerung doch ein eigenes Lemma darstellt
Generalisierung: Ausbreitung einer Krankheit auf den ganzen Körper
Generalisierung: vereinfachte Darstellung in der Kartografie
Generalisierung: Modellelement der Unified Modeling Language (UML)
Generalisierung: in der Logik der Übergang zu umfassenderen Allaussagen aus Einzelfällen

Siehe Abstraktion - Dialog-Blog: Verallgemeinerung und Abstraktion


 

Wenn ich generalisiere oder verallgemeinere, postuliere ich, dass ein Merkmal, das ich in mehreren Einzelfälle vorfinde, in jedem entsprechenden Fall zu finden ist. Entscheidend ist, was ich als entsprechende Fälle betrachte:
Beim Generalisieren spreche ich über alle Instanzen eines Objektes
Beim Verallgemeinern spreche ich über die Klasse des Objektes

  • Ich generalisiere, wenn ich sage, dass ein bestimmtes Merkmal bei allen Objektinstanzen vorkommt.
    Ich sehe etwa, dass mein Hund vier Beine hat und gehe deshalb davon aus, dass alle Hund vier Beine haben.
    Ich sehe etwa, dass mein Tisch vier Beine hat und gehe deshalb davon aus, dass alle Tische vier Beine haben.
     
  • Ich verallgemeinere, wenn ich sage, dass ein bestimmtes Merkmal bei allen Objekten der übergeordneten Klasse vorkommt.
    Ich kann etwas, was ein Hund macht, allen Hunden, allen Raubtieren oder allen Tieren zuschreiben.
    Ein Hund bellt und frisst Fleisch. Das machen alle Hund, aber nicht alle Raubtiere und nicht alle Tiere.
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Eine Schwierigkeit besteht darin, Begriffe und Referenzobjekte zu unterscheiden:
Hund ist ein Begriff, die Definition führt den Oberbegriff Raubtier ein. In der Definition von Raubtier fehlen ein paar Bestimmungen, die in der Definition von Hund vorhanden sind. Ich lasse sie weg, ich abstrahiere sie.

Wenn ich vom Hund spreche, spreche ich nicht von einer Instanz, also nicht von meinem Hund. Wenn ich von meinem Hund spreche, kann ich sagen, dass er ein Puddel mit schwarzen Fell ist, der manchmal bellt und vier Beine hat. Indem ich das über meinen Hund sage, sage ich auch, wie ich den Begriff Hund verwende. Ich weiss aber unabhängig von meinem Hund, wie ich das Wort verwende. Kein Hund ist ein abstrakter Hund, aber der Begriff Hund ist abstrakter als der Begriff Puddel und weniger abstrakt als der Begriff Raubtier. Mit jedem der drei Begriffe kann ich meinen Hund bezeichnen.

Die Generalisierung betrifft den Begriff. Ob eine Generalisierung zulässig ist, hat zwei Kriterien. Erstens den Begriff und zweitens ob dieser Begriff dann für jeden Hund verwendbar ist.

Ich kann beispielsweise Tisch so definieren, dass vier Beine notwendig sind. Dann kann ich einen dreibeiniges Möbel nicht als Tisch bezeichnen. Und umgekehrt passen dann viele Möbel, die andere Menschen als Tisch bezeichnen, nicht zu meinem Begriff. In solchen Fällen ist oft von Privatsprache die Rede, womit suggeriert wird,es gebe eine in der Sprache eine für alle Sprecher verbindliche Definition.

Ich habe jetzt über Begriffe gesprochen, die ein Ding als Referenzobjekt haben. Es gibt aber viele Begriffe, deren Referenzobjekt eine Sache wie etwa Freiheit oder Wert ist, die sich nicht anfassen lässt. Oft wird das Wort abstrakt - homonym - für solche Sachen verwendet. Zu solchen Sachen gibt es weder ein Generalisierung noch eine Verallgemeinerung.


spezifische Verwendungen:

Bei der Generalisierung in der Kartographie wird der Karteninhalt vereinfacht, damit die Lesbarkeit und Verständlichkeit einer Karte erhalten bleibt. Das ist erforderlich, wenn bei grossen Kartenmasstäben die wirklichkeitsgetreue Wiedergabe des kleineren Massstabes nicht mehr möglich ist.

Beispiel:
Eine Strasse oder ein Fluss hat viele Windungen, die ich auf einer Karte mit Massstab 1:20'000 noch darstellen kann, aber bei 1:50'000 nicht mehr. Generalisieren bedeutet, dass ich den Verlauf der Strasse vereinfache.

Ein generalisierendes Personalpronomen (unpersönliches Pronomen), unterscheidet sich von anderen Personalpronomina dadurch, dass es sich nicht auf eine spezifische Person bezieht, sondern auf eine nur vage bestimmbare, im Kontext vorausgesetzte Gruppe oder auch Einzelperson.

Beispiel:
das deutsche Pronomen man.

Man verweist auch auf Instanzen des Objektes Person. Es verweist nicht auf alle Lebewesen.


 

Luhmann Vorlesung 1967: "Kern des Begriffs [der Generalisierung] ist die Vorstellung unschädlicher Indifferenz gegenüber Einzelheiten, Unterschieden, anderen Möglichkeiten. Zu beachten daran ist insbesondere das selektive Moment. Wichtig ist auch, daß kein Gegensatz zwischen Generalisierung und Spezifikation besteht: Spezifikation setzt auch unschädliche Indifferenz voraus, ist also selbst ein Fall von Generalisierung."


 
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