Differenztheoretisch sehe ich digital durch die Differenz zwischen analog und digital, indem auf der Unterscheidungsseite des analogen das als "digital" Ausgegrenzte wiedereintritt, weil auch das Analoge auf eine Vereinbarung beruht. digital heissen die Symbole, deren Referent man ohne explizite Vereinbarung nicht erkennen kann, insbesondere trifft das für Beschreibungen zu. Man sieht nicht, was mit einem Wort (Ausdruck) gemeint ist, man muss es wissen: |
analoge Referenzierung digitale Referenzierung |
|
Hinweis:
Die Zeichenkörper des Alphabetes einer formalen Sprache bilden eine wichtige Ausnahme, weil sie dort im analogen Sinne für sich selbst stehen.
siehe auch analog und Abbildungsarten
etwas ausführlicher: digital / analog und Das Digitale in der Technologie
Anmerkungen zum Begriffs-Wirrwarr:
Der Ausdruck "digital" ist in der Umgangssprache ein Plastikwort für alles, was mit elektronischer Technik zu tun hat. Das hängt damit zusammen, dass der Ausdruck bereits in der frühen Computer- und Mediengeschichte ganz beliebig verwendet wurde.
N. Goodman schrieb in Sprache der Kunst im Kapitel "Analog und digital", es sei notwendig, mannigfache Bedeutungsunschärfen von beiden Begriffen zu lösen und stattdessen ihren Bedeutungsinhalt genauer zu differenzieren, wobei es einfacher sei, die vermeintlich technologische Differenz analog-digital zu illustrieren als sie zu definieren (http://www.zfl.gwz-berlin.de/fileadmin/bilder/Projekte/Begriffsgeschichte/dennhardt_digitalbegriff.pdf).
N. Goodman bringt aber weder einen Beleg für seine Vermutung noch einen brauchbaren Beitrag zur Begriffsklärung oder eine plausible Illustration.
N. Wiener sagte: "I want to make a distinction between the digital and analogic. The distinction is not sharp. Every digital device is really an analogical device which distinguishes region of attraction rather than by a direct measurement. In other words, a certain time of non-reality pushed far enough will make any device digital." (Pias 2003, 158. (C. Pias: Cybernetics – Kybernetik. The Macy-Conferences 1946 – 1953, Bd. 1, Berlin 2003.
Auch N. Wiener verdreht damit die Verhältnisse, indem er zum einen kontinuierlich mit analog verwechselt und zum andern die Differenz auf analog statt auf digital begründet.
Weitere Literatur zur Einführung
M. Schröter: Analog/Digital – Oppostion oder Kontinuum?, Bielefeld 2004.
C. Shannon: Communication in the Presence of Noise, in: Proceedings of the I.R.E., Vol. 37, No.1, January 1949.
Dazu noch ein Hinweis von Borst, 136: “Nachdem Beda im 8. Jahrhundert das Fingerrechnen als computus vel loquela digitorum beschrieben hatte, nannte Gerbert von Aurillac im 10.Jahrhundert die Zahlzeichen für 1-9 ebenfalls digiti, obwohl er sie als Rechensteine in den Dezimalspalten des Abacus verschob, nicht mehr an den zehn Fingern abzählte. In der englischen Form digits blieb der Begriff für einstellige Zahlen erhalten... Wikipedia meint dazu: „Der Begriff Digit ist aus dem Englischen übernommen worden in der Bedeutung als Ziffer, Ziffernschritt oder Stelle. Er wird in der Digitaltechnik oft verwendet, insbesondere in der digitalen Messtechnik. Wegen des Fehlens einer anerkannten Definition sollte man aber mit ihm vorsichtig umgehen.“! (N.N, MMK2017, Thesenpapier)
Anmerkungen:
Fingerhüte (Digitalis)
Die Fingerhüte (Digitalis) sind eine Pflanzengattung aus der Familie der Wegerichgewächse (Plantaginaceae). Der botanische Name leitet sich ab von lat. digitus für „Finger“.
If Atanasoff is the inventor of the electronic digital computer, as the courts judged in 1973, then it is in the restricted sense outlined here. At the same time […] Mauchly had only vague and ill-defined ideas about how to use vacuum tubes to build circuits that could perform digital calculation. Atanasoff, by contrast, was skilled at circuit design and had a thorough understanding of the difference between electronic circuits used for analog as opposed to digital applications. [Endnote] 7. Indeed, Atanasoff was the first to use the word “analogue” to describe that type of computer [ABC]; “digital” was first used by George Stibitz in 1942.
Fn 8: Aspray 1990, 239 und 247. Am 16. April 1942 fand die Conference on Electronic Fire Control Computers statt. Hierfür verfasste Stibitz einen umfassenden Report on electronic predictors for anti-aircraft fire control, in dem er zwei grundsätzliche Klassen von Rechnersystemen unterschied – das impulse system und das direct system (Abb. 3 a, b). Allerdings wies Stibitz zugleich darauf hin, dass in der Praxis eine solche Unterscheidung rein akademischer Natur sei, weil eine tatsächlich gebaute Maschine wahrscheinlich stets beide Eigenschaften aufwiese und das Bestimmen solcher Eigenschaften in Wieners Sinne von der systemischen Skalierung der Funktionsbeschreibung abhinge. Nach Abschluss dieser Konferenz verfasste Stibitz am 23. April 1942 das achtseitige Memorandum Digital Computation For A. A. [Anti Aircraft] Directors, von dem das Deckblatt und der erste Absatz in der Abbildung 5 abgebildet sind, um der Bedeutung dieses Dokumentes sowohl für die Kultur- als auch Technikgeschichte des Digitalbegrifs gerecht zu werden.
Mit den Ausdruck analog charakterisiere ich ein Art meines Referenzierens. Differenztheoretisch kann ich “analog” durch die Differenz zwischen analog und digital sehen, indem auf der Unterscheidungsseite des Analogen das als Digital Ausgegrenzte wiedereintritt, weil auch das Analoge auf einer Vereinbarung beruht, wobei das reentry natürlich durchläuft, weil die Vereinbarungen von analogen Symbolen die Analogie voraussetzen.
Als analog bezeichne ich Symbole, deren Referenzobjekte ich ohne explizite Vereinbarung erkennen kann. Insbesondere trifft das für Zeichnung und Modelle zu. Ich sehe, was gemeint ist. Wenn das Symbol ein Wort ist, sehe ich nicht, wofür es steht, ich muss - unabhängig davon, dass Zeichnungen und Wörter nicht dasselbe referenzeiren – die Vereinbarung für den Ausdruck kennen. Die einfachste Vorstellung einer Symbolvereinbarung besteht darin, mit dem Finger auf einen bezeichneten Gegenstand zu zeigen und das Wort zu sagen. Der Finger heisst in einer anderen Sprache “digit”, deshalb bezeichne ich diese vereinbarte Referenzierung als digital – unabhängig davon, dass Vereinbarungen fast nie durch Zeigen mit dem Finger passieren. Wer nur französisch oder englisch spricht, aber auch in der heutigen Welt lebt, weiss nicht, was ein bestimmtes deutsches Wort bedeutet, aber er kann das Referenzobjekt einer Zeichnung erkennen.
Ich erläutere die Unterscheidung noch etwas eingehender anhand der im Alltag als analog oder digital bezeichneten Uhren. Gemeinhin verfügt eine als analog bezeichnete Uhr über ein Zifferblatt und die dazugehörigen Zeiger. Von einer digitalen Uhr hingegen wird gesprochen, wenn die Zeit nur in Ziffern angezeigt wird.
Die Uhr mit Zeigern ist eine analoge Abbildung des näheren Weltraumes, in welchem die rotierende Erde um die Sonne rotiert. Der kleine Zeiger zeigt – mit proportionalem Mass – dynamisch, wo er und mit ihm sein Uhrträger auf der Erde relativ zur Erd-Sonnen-Achse, welche durch die Achse Uhrmitte-(12-Uhr-Zeichen) symbolisiert ist, steht. Der grosse Zeiger zeigt lediglich genauer an, wo der kleine steht. Die Uhr repräsentiert die gemeinte Wirklichkeit sowohl statisch wie dynamisch, aber die gemeinte Wirklichkeit, also die in der Uhr quasi abgebildete Sache, ist eben keineswegs die Zeit. Die Zeit lässt sich nicht so abbilden. Dem Zifferblatt entspricht vielmehr der Raum der Gestirne, den Zeigerbewegungen die Bewegung der Gestirne. Die analoge Uhr ist also keine “Abbildung” der Zeit, sondern eine Abbildung der Erdbewegung, die ich in der Zeit wahrnehme. Die Analogie besteht (den meisten Uhrtägern nicht bewusst) darin, dass der Zeiger eine zur Bewegung des Uhrträgers analoge, das heisst sichtbar gleichartige Bewegung macht. Auf das sichtbar gleich werde ich später genauer eingehen.
Die analoge Uhr wird in der Tat oft digital gelesen, weil sie Zahlen oft auf dem Zifferblatt hat. Der naive Uhrleser meint dann, der Zeiger zeige auf die Zahlen. Der Zeiger zeigt aber, wo auf der Erde wir stehen und die Zahl auf den Zifferblatt – die nicht mehr oder weniger, sondern digital ist – dient nur dazu, dass ich einem andern sagen kann, wo der Zeiger gerade steht. Die Zahlen auf der Uhr dienen der sprachlichen Kommunikation über die Zeigerstellung. Um die Tages-Zeit – die ja auch etwas ganz anderes ist als Zeit – abzulesen, genügen die Zeiger und die Achsenmarkierung, was daran erkennbar ist, dass viele analoge Uhren gar keine Zahlen auf dem Zifferblatt haben.
Nachdem aber die analoge Uhr digital gelesen wird, kann ich sagen, dass es beispielsweise 5 Uhr ist. Die 5 muss aber per digit vereinbart sein. Und wenn man die 5 vereinbart hat, kann man die Uhr so bauen, dass anstelle der Zeiger die 5 erscheint, was eben bei der sogenannt digitalen Uhr der Fall ist.
Re-entry digital in analog
Als “re-entry” bezeichne ich eine Unterscheidung, die innerhalb der Unterscheidung wiederholt wird. Ich unterscheide analog und digital durch eine Notwendikeit zur Vereinbarung. Die vereinbarungslose “analog”-Seite der Unterscheidung kann ich natürlich als implizite Vereinbarung sehen. “analog” verwende ich dann für die jeweils naheliegensteVereinbarung, in welcher ich die sinnlich wahrnehmbare Form, die eine Zeichnung mit dem gezeichneten Gegenstand teilt als Vereinbarungsgrundlage verwende. Wenn jemand beispielsweise von Tieren Grundrisse statt Aufrisse zeichnet, wird die Problematik klar.
Re-entry analog in digital
Wenn ich vereinbart habe, dass ich Grundrisse zeichne, ist die Zeichnung auf einer nächsten Stufe wieder analog zum Gegenstand, das aber nur, weil ich weiss, was ein Grundriss ist und die Unterscheidung “sinnliche Form” kenne. Solche Re-entries ändern aber nichts an der Unterscheidung, die mitnimmt, dass ich jede Uhr zeichnen kann, aber nicht DIE Uhr, weil die Uhr kein Form hat. PS: Ausblick: Eine ganz andere Geschichte, die in diesem Blog auch noch kommen wird, beleuchtet dass “analog” im deutschen Sprachraum sehr häufig mit kontinuierlich gleichgesetzt wird, dagegen wird digital relativ selten mit diskret verwechselt.
In der Umgangssprache (etwa in der Wikipedia) wird der Ausdruck “digital” als generalisierter Bezeichner für moderne Aufzeichnungsverfahren beispielsweise auf CDs oder DVDs verwendet, bei welchen die Daten als diskrete, binäre Werte gespeichert werden. Dazu gibt es eine gängige Rationalisierung, die den Ausdruck digit zwar zurecht auf den Finger zurückführen, die Finger aber in einem diffus-ulkigen Sinn als diskret-digitale Dinger auffassen, weil sie gezählt werden können oder beim Zählen als “Speicher” benutzt werden. Oft wird das vermehrte Auftreten von elektronischen Speichern in allerlei technischen Geräten als Digitalisierung bezeichnet.
Diese umgangssprachliche Deutung hat sich auch in laxen Fachsprachen eingebürgert, wo das Begriffspaar kontinuierlich/diskret durch die Ausdrücke analog und digital ersetzt wurde, obwohl diese Ausdrücke ursprünglich eine völlig andere Bedeutung hatten. Den Ausdruck “kontinuierlich” verwende ich im hergebrachten Sinn für eine stetig, stufenlose Veränderung, den Ausdruck “diskret” für eine Veränderung in Schritten oder Stufen. Eigentlicher verwende ich “kontinuierlich” in bezug auf Darstellungen von Veränderungen in Form einer Kurve, etwa im Koordinatenkreuz eines Oszillographen. In bezug auf diese Kurve kann ich formal unterscheiden, ob sie aufgrund von einzelnen Messwerten (also quasi als Treppe) oder aufgrund einer differenzialen Funktionsgleichung gezeichnet wird.
Analog und digital bezeichnen – ursprünglich und jenseits akktueller Umgangssprache – Referenzierungsarten. Eine Zeichnung ist zum gezeichneten Gegenstand analog, weil sie quasi die gleiche Form repräsentiert. Ein gezeichneter Tisch sieht wie ein Tisch aus. Ein Wort ist dagegen zum bezeichneten Gegenstand nicht analog, sondern bezeichnet aufgrund einer Vereinbarung. Das Wort Tisch sieht nicht wie ein Tisch aus, man kann es vereinbaren, indem man mit dem Finger, also mit dem digit auf einen Tisch zeigt. Hier geht es nicht darum, ob oder wie oft Wörter tatsächlich auf diese Weise vereinbart werden, sondern darum, dass man sich Vereinbarungen so vorstellen kann, weshalb vereinbarte Symbole als digital bezeichnet werden.
In meiner Technologie unterscheide ich Werkzeuge, Maschinen und Automaten. Werkzeuge werden von Hand angetrieben und Maschinen werden durch Motoren angetrieben, wobei Motoren ihrerseits Kraft-Maschinen sind. Werkzeuge und Maschinen kann ich durch Konstruktions-Zeichnungen hinreichend gut beschreiben, damit sie hergestellt werden können, oder dass ich deren Funktionsweise erkennen kann. Bei einem Verbrennungsmotor etwa kann ich auf der Konstruktionszeichnung sehen, wie sich der Kolben bewegt und wie sich die Ventile in Relation zur Kolbenbewegen öffnen und schliessen. Aus diesem Grund werden in der Herstellung Konstruktionszeichnungen und nicht etwa sprachliche Beschreibungen verwendet. Die analoge Darstellung ist hinreichend und sehr effizient.
Als Automaten bezeichne ich geregelte Maschinen. Ein höherentwickelter Teil der Automaten ist programmierbar. Programmierbare Automaten verhalten sich abhängig von verschiedenen Bedingungen verschieden. Sie durchlaufen also nicht immer dieselbe Verhaltenssequenz. Ihr Verhalten lässt sich deshalb durch Zeichnungen nicht hinreichend festlegen und nicht hinreichend beschreiben, es muss sprachlich – also digital – abgebildet werden.
Soweit wie die programmierbaren Automaten Maschinen sind, werden sie natürlich wie andere Maschinen gezeichnet. Das gilt insbesondere auch für die Steuerung, die aus einer Menge von Schaltern besteht. Sowohl die Schalter wie deren Anordnung kann gezeichnet werden, aber daraus wird nicht ersichtlich, wie die Schalterzustände einander beeinflussen, wenn die Maschine läuft. Wenn ich sage, dass programmierbare Automaten digital dargestellt werden müssen, meine ich also nicht die ganze Maschine, sondern nur die Konfiguration von deren Steuerung, die das Verhalten der Maschine bestimmt. Genau das mache ich, wenn ich ein Programm schreibe. Und umgekehrt kann ich im Programm lesen, wie sich die Maschine verhält.
Genau in diesem und nur in diesem Sinne sind programmierbare Maschinen digitale Maschinen. Inwiefern digitale Maschinen diskrete Aufzeichnungsverfahren erfordern, werde ich später unter den Begriffen Programm und Programmiersprache behandeln. Vorerst geht es mir darum, in meiner Technologie eine bestimmte Entwicklung als funktionale Bestimmung zu erkennen. Die Entwicklung des Toolmaking erkenne ich quasi rückblickend als Evolution der Programmiersprache. Das technische Funktionssystem muss in dieser Hinsicht über den Code programmierbar entwickelt werden.
Digitalisierung
Wie funktioniert Digitalisierung?
Digitalisierung ist Übersetzung: von einer Aufzeichnungskonvention in eine andere… (Sie betrifft daher lediglich Repräsentationen …) Digitalisierbar ist auch nur was aufgezeichnet - neunörd: "gespeichert" werden kann/soll.
Aufzeichnung ist kollektivierbare Erinnerung. „Digitalisierung“ (landläufig) meint dementsprechend eine Übersetzung (und jede Übersetzung verändert) unserer Erinnerungs(kultur)techniken.
Was also wollen wir uns merk(helfen) von der Welt? (Eine Entscheidung.)
Das „Repräsentation“ (immer schon) mit den „Dingen selbst“ verwechselt wird (Reentry) ist keine Frage der (Aufzeichnungs)Technik sondern die Grundvoraussetzung „symbolisch generalisierter Kommunikationsmedien“. Z.B. Geld. Auch hier wird der Übersetzungsvorgang (Digitalisierung) bei der Aufzeichnung von „Wert“ in „Betrag“ ausgeblendet. Die Unbeobachtbarkeit dieser „Apparatur“ (der Geldwertregulierung) macht gerade Schlagzeilen.
Für die Architektur heißt das: Wer wohnt, weiß nichts vom Grundriss, und wer baut (Risse zeichnet), kann nicht (mehr) unmittelbar Wohnen.?
"Nur die Beobachtung ‚digitalisiert‘ das, was geschieht; nur sie hebt das eine im Unterschied zum anderen hervor. Die Zeit selbst bleibt ein Kontinuum der Transformation; sie modifiziert die Verhältnisse (...) nicht digital, sondern analog, nämlich in einem Kontinuum der Fortsetzung von Gleichzeitigkeit" (Luhmann, GdG, 886)
[Gesicht statt Passwort]
[wp]