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Als "konsensueller" Beobachter beziehe ich das Verhalten von Automaten auf deren Milieu. Die thermostatengeregelte Heizung etwa heizt nur, wenn die Raumtemperatur in deren Milieu unter einem bestimmten Wert liegt, und umgekehrt erhöht sich die Raumtemperatur im Milieu, weil die Heizung heizt. Milieu und Heizung sind - in bestimmten Beziehungen - gegenseitig von einander abhängig oder eben "strukturell gekoppelt": Sie verändern sich innerhalb vorgegebener Strukturen in gegenseitiger Abhängigkeit.
Für die Heizung spielt keine Rolle, ob es regnet oder ob die Sonne scheint, sie reagiert nur auf die Temperatur des Milieus. Und auf die Temperatur reagiert die Heizung nur innerhalb ihrer Möglichkeiten. Das heisst, sie kann beispielsweise nicht auswandern, weil es immer zu kalt ist, oder weil sie etwas zu tun hat. Deshalb bezeichne ich das Verhalten der Heizung als sturkturdeterminiert. Die Heizung hat einen Bereich, in welchem sie reagieren muss.
Im Milieu eines Systems kann ich auch andere Systeme wahrnehmen, die auch in die strukturelle Koppelung eingebunden sein können. Menschen beispielsweise verbrennen Sauerstoff, der von Pflanzen ausgeschieden. Umgekehrt brauchen die Pflanzen Kohlendioxyd, das von den Menschen beim Atmen produziert wird (Photosynthese). Normalerweise atmen Menschen nicht dazu, dass die Planzen Kohlendioxyd haben, und die Pflanzen haben schon Sauerstoff produziert, lange bevor es Menschen gab. Beide Systeme kümmern sich um ihre eigenen Bedürfnisse und nehmen die strukturelle Koppelung lediglich in Kauf. Man darf vielleicht annehmen, dass die Pflanzen gar nichts davon wissen, und dass die Menschen, die davon wissen, dieses Wissen auch erst seit J. Priestley haben. Und bei der Heizung darf man fast sicher sein, dass sie nicht für das Milieu und die darin lebenden Menschen heizt.
Als Beobachtersystem lebe ich in einem Milieu, von welchem ich nichts weiss, in einer Blackbox. Meine Eigenzustände müssen innerhalb bestimmten Grenzen liegen. Mein Blutzuckergehalt muss eine bestimmte Konzentration aufweisen, meine Körpertemperatur muss ungefähr bei 37 Grad liegen. Bei Abweichungen von den angestrebten Werten, wähle ich bestimmte Kompensationsverhalten. Diese Verhaltensweisen haben nur Erfolg, wenn sie in einem - von aussen gesehen - passenden Milieu stattfinden. Eine Heizung braucht Brennstoff, auch wenn sie sich in keiner Weise um dessen Beschaffung kümmert. Ich bin darauf angewiesen, dass es in meinem Milieu Bedingungen herrschen, die mir das Funktionieren ermöglichen. Ich produziere beispielsweise keinen Sauerstoff, aber ich habe Sauerstoff in meinem Blut. Wenn der Sauerstoffgehalt abnimmt, atme ich schneller, vielleicht bewege ich mich auch - was von aussen gesehen etwa als Auftauchen an die Wasseroberfäche beschrieben werden kann. Diese Operationen führen dazu, dass der Sauerstoffgehalt wieder im grünen Bereich ist - oder eben nicht. Woher der Sauerstoff kommt, ist im System nicht erhebbar. Im System ist nur erhebbar, dass bestimmte Aktionen zu einem höheren Sauerstoffgehalt führen - und dass das nicht immer funktioniert (Anmerkung 1).
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Beispiel:
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Die strukturelle Koppelung beschreibt, was ich als deutender Beobachter intuitiv wahrnehme unter spezifischen Gesichtspunkten. Man hat schon Wohnräume "geregelt geheitzt", bevor man Thermostaten und die Systemtheorie kannte. Die begründete Anweisung: "Du musst kein Holz mehr ins Feuer legen, es ist jetzt warm genug!" impliziert rückwärtsgesehen Thermostat und Systemtheorie. Als strukturelle Koppelung beschreibe ich die Verhältnisse, wenn ich die systemtheoretische Sicht bereits mitdenke, aber noch das Phänomen beschreibe. Ich werde im folgenden exemplarisch vorführen, inwiefern "Handlung" und "Sprache" als Produkt dieser Aussenperspektive verstehbar sind. Davor werde ich aber noch die Logik dieser Sicht als Co-Evolution einführen.
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