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Den Ausdruck "Sprache" verwende ich homonym für die Sprache (ohne Plural) und für Sprachen. Deutsch und Englisch beispielsweise sind Sprachen, die verschiedene Grammatiken haben und von verschiedenen Sprachgruppen gesprochen werden. Wenn ich von der Sprache überhaupt spreche, meine ich nicht die Sprachen, die gesprochen werden, sondern dass überhaupt gesprochen und geschrieben wird (Anmerkung 1). Das, was ich als Sprache bezeichne, leite ich nicht von der Grammatik konkreter Sprachen ab. Als Sprache bezeichne ich einen Handlungszusammenhang, in welchem ich Sprechen in Sprachen erkennen kann (Anmerkung 2).
Als Sprache bezeichne ich einen Handlungszusammenhang, in welchem ich bestimmte Verhaltensweisen eines Beobachtersystems als Sprechen oder Schreiben wahrnehme (Anmerkung 3). Konstitutiv dafür, dass ich von Sprache spreche, sind also nicht Symbole, also nicht Wörter oder Sätze, sondern Handlungen, die auf Symbolen beruhen und diese hervorbringen (Anmerkung 4). Ich erläutere ein exemplarisches Verhalten, welches ich unter Trennung der beiden Beobachterperspektiven im Handlungszusammenhang "Sprache" deute:
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Wenn ich sogenannte Kommunikationsmittel mitbetrachte, kann ich die Signal-Mechanik des Sender-Empfänger-Modells leichter erkennen. |
Als deutender Beobachter nehme ich zwei miteinander sprechende Menschen wahr. Konstruktiv nehme ich ein System wahr, in welchem Signale fliessen, die ich aufeinander beziehe. Das eine von mir beobachtete Teilsystem produziert an seiner Oberfläche durch seine Massnahmen Schallwellen, die ich im Handlungszusammenhang Sprache als Aussage deute: "Kannst Du bitte das Fenster öffnen!". Das geschlossene Fenster, welches ich auch sehe, erscheint mir als der in der Aussage referenzierte Gegenstand. Dass es geschlossen ist, scheint eine Perturbation (Störung) darzustellen, die im System eine Massnahme auslöst, die ich als Beobachter als Aussage interpretiere (meine Deutung). Das Teilsystem "möchte offenbar" (meine Deutung in der Deutung), dass das Fenster geöffnet wird (Anmerkung 5). Das andere Teilsystem will das Fenster "offenbar" (meine Deutung in der Deutung) nicht öffnen. Sein Verhalten, mit welchem es auch Schallwellen produziert, deute ich als Antwort, als Aussage mit bezug auf die vorangegangene Aussage. Es reagiert (meine Deutung) so mit einer Massnahme, die ich an der Systemoberfläche als Schallwellen mit der Struktur "es ist zu kalt" erkenne. Als Beobachter sehe ich in diesen Schallwellen im Handlungszusammenhang Sprache Symbole, die sich auf Verhältnisse um das Fenster beziehen.
Natürlich könnten die beiden Menschen sich unabhängig voneinander und unabhängig vom Fenster so verhalten, wie sie sich verhalten. Der eine könnte Goethe zitieren und der andere Sprachübungen machen. Meine Deutung ist in dem Sinne beliebig, als ich sie in dem Sinne "liebe", dass ich sie wähle, weil ich mir in der gegeben Situation kaum eine andere Deutung vorstellen kann - was allerdings mehr über mich als Beobachter als über die beobachtete Sache sagt (Anmerkung 6). Darin nämlich, dass das zweite Teilsystem für mich "sinnhaft antwortet", also so reagiert wie es im Handlungszusammenhang Sprache vorgesehen ist oder "passt", kann ich mein Verstehen der Verhältnisse sehen. Meine Deutung der Situation als Gespräch macht mir Sinn (Anmerkung 7).
Mache Dir in eigenen Worten bewusst, was Sprache heisst. Fühle Dich frei - Lies zuerst unten die Metakommunikation! Man darf offensichtlich ganz beliebig über Sprache sprachen! |
Hier geht es natürlich nicht mehr nur um Sprache, sondern um Sprache in der Systemteorie, also darum, was Sprache systemtheoretisch bedeutet. Ich glaue auch dazu sind viele Möglichkeiten denkbar. |
Beispiel:
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Einige reativ theorielose Auffassungen von Sprache unterstellen "Sprache" als wichtigste Kommunikationsform zwischen Menschen, die akustisch durch Schallwellen (Lautketten) oder visuell-räumlich durch Gebärden (vgl. Gebärdensprache) oder Schrift (vgl. Schriftsprache) realisiert wird. Edward Sapir (1921) definierte: "Sprache ist eine ausschließlich dem Menschen eigene, nicht im Instinkt wurzelnde Methode zur Übermittlung von Gedanken, Gefühlen und Wünschen mittels eines Systems von frei geschaffenen Symbolen." Ferdinand de Saussure hat - einer bestimmten Tradition folgend - Sprache als Zeichensystem konzipiert und das Sprachzeichen als Verbindung von Lautbild und Vorstellung, also als etwas mentales gefasst. Karl Bühler sieht Sprache als "geformtes Gerät", als Medium des Verständigungshandelns mit den Grundfunktionen der Darstellung (Bezug auf die Wirklichkeit), des Ausdrucks (Befindlichkeit des Sprechers) und des Appells (Beeinflusung des Hörers). Für die Pragmatik ist Sprache ein zweckorientiertes Handlungssystem, das mental verankert ist. Für manche Sprachwissenschaftler ist Sprache ein menschentypisches biologisches Organ (Noam Chomsky), für andere das Medium der Gedankenbildung schlechthin (W.v. Humboldt).
Ich werde einige Aspekte der hier chaotisch aufgelisteten Propositionen später systematisch nachführen. Davor will ich aber den Handlungszusammenhang und vor allem, wie ich ihn invertiere, genauer erläutern.
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