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H. Maturana entwickelte das Konzept der Autopoiese (auto=selbst, poiesis=Erzeugung), nach welchen Lebewesen Systeme sind, die sich selbst erzeugen und erhalten - was man von einer Termostatenheizung ja nicht sagen kann. Lebewesen leben in einem Milieu und unterliegen den Gesetzen der Evolution. Das Milieu, also die Um-Welt - wozu auch alle andern Lebewesen gehören - steuert oder instruiert das System nicht. Es gibt keinen Input, sondern nur Perturbation. Das elementare Beispiel für die Autopoiese ist ein Einzeller, der sich in der sogenannten Ursuppe selbst erzeugt. Die Umwelt sagt dem Einzeller nicht, was er machen soll, der Einzeller reagiert innerhalb seiner eigenen strukturellen Möglichkeiten auf seine eigenen Zustände. Dieses Konzept entwickelt H. Maturana für alle Lebewesen, insbesondere auch für den Menschen.
Bezüglich der Kommunikation argumentiert Maturana unter anderem mit folgenden zwei Bildern:
- Der Kapitän eines U-Bootes sieht nur seine Instrumente, aber er sieht nicht nach draussen. Er reagiert also auf die Zustände des Schiffes, nicht auf dessen Um-Welt. Einem aussenstehenden Beobachter mag es anders erscheinen.
- Ein Team baut ein Haus, ohne dass es einen Plan gibt. Jeder schaut, was die andern machen und macht dann dementsprechend etwas sinnvolles. Nach H. Maturana enthalten unsere Gene keine Information im Sinne eines Bauplanes, weil die ja von jemandem gelesen werden müsste. Die Zellen kommunizieren nicht, sie machen sich keine Mitteilungen.
H. Maturana unterscheidet Systeme verschiedener Stufen. Neben den Einzellern gibt es Vielzeller, soziale Gruppen und Gruppen mit eigentlicher Sprache. Die Prinzipien der Autopoisis gelten aber auf allen Stufen. Es ist nicht leicht nachzuvollziehen, wie H. Maturana diesbezüglich argumentiert (jedenfalls entschieden anders als N. Luhmann).
Autopoiese kann man als Eigenname einer speziellen Systemtheorie auffassen, die Lebewesen als autopoietische Maschinen beschreibt, die sich "selbst organisieren". H. Marurana stammt aus dem Umfeld, in welchem die kybernetische Systemtheorie entwickelt wurde. Er hat am Institut von Heinz von Foerster gearbeitet und mit diesem zusammen die "Systemtheorie 2. Ordnung" - die auch unter dem Namen "Radikaler Konstruktivismus" bekannt ist - entwickelt. So ist es naheliegend, dass sein Ansatz ingesamt systemtheoretisch ist.
H. Maturana behandelt Fragen, wie sie in andern Kommunikationstheorien vorkommen, nur sehr oberflächlich, weil sie sich in seiner Argumentation so nicht stellen. Der wesentlichste Punkt seines Kommunikationsverständnisses ist die operationale Geschlossenheit von Systemen und dass die Mitmenschen Bestandteile der je eigenen Um-Welt sind. Wenn sie sprechen, muss ich das so interpretieren, wie alles andere, was ich als meine Umwelt erfahre. Instruktionen und Mitteilungen sind nicht möglich, möglich ist nur, dass ich bestimmte Aspekte in meiner Um-Welt als Instruktion begreife.
Was bei H. Maturana an Sprachtheorie fehlt, liefert E. von Glasersfeld
Literatur
Kommunikation ist nach Maturana definiert als „das gegenseitige Auslösen von koordinierten Verhaltensweisen unter den Mitgliedern einer sozialen Einheit“ (Maturana, Der Baum der Erkenntnis: 210)