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Ernst von Glasersfeld begründete mit dem sogenannten "Radikalen Konstruktivismus" eine systemtheoretische Theorie des Nicht-Wissen. Er hat sich unter systemtheoretischen Gesichtspunkten mit automatischer Uebersetzung befasst und ist dabei auf des Werk des Kinderpsychologen Jean Piaget gestossen, das er radikal interpretierte. Der Ausdruck Konstruktivismus stammt von J. Piaget (La construction du réel chez l' enfant) und besagt, dass wir unsere Realität konstruieren, indem wir unsere Erfahrungen durch Akkomodationen modellieren.
Nach E. von Glasersfeld schaffen wir uns sprachliche "Bedeutungen", indem wir unsere Wörter zunehmend so verwenden, das wir keine Widersprüche erleben. Ein Kleinkind hat vielleicht den Ausdruck "Wauwau" anhand eines Hundes generiert. Beim nächsten Hund sagt es wieder "Wauwau" und seine Mutter nickt zustimmend. Beim nächsten Tier, diesmal vielleicht eine Kuh, sagt das Kind wieder "Wauwau", aber seine Mutter schüttelt den Kopf und sagt "Muh". Jetzt muss das Kleinkind merken, worauf es ankommt, das heisst, es muss eine mentale Struktur aufbauen, so, dass es künftig die beiden Wörter so gebrauchen kann, dass kein Widerspruch entsteht.
Jeder Mensch baut sich seine eigene Welt auf. Wir merken aber nur, wenn eine bestimmte Wortverwendung zu Widersprüchen führt, dass wir die Bedeutung der Wörter selbst festlegen. Wir merken in diesem Sinne nicht, was geht, sondern nur, was nicht geht. E. von Glasersfeld benutzt das Bild eines Blinden in einem Wald. Wenn er einen Weg durch den Wald findet, weiss er wo es keine Bäume hat, er weiss aber nicht, wo es Bäume hat. Bei unsern Wörtern wissen wir, wie wir sie ohne Widerspruch verwenden können, wir wissen aber nicht, was sie auch noch bedeuten können.
Vor diesem Hintergrund ist klar, dass ich keine Mitteilungen machen kann, weil ich ja nur weiss, wie ich die Wörter brauche, aber nicht wie sie von andern Menschen verwendet oder interpretiert werden. Natürlich eigne ich mir mit der Zeit auch Wissen darüber an, mit welchen Wörtern ich in welchen Situationen oft Erfolg habe. Aber auch darin bin ich wie ein Blinder im Wald.
Dieser Ansatz beruht auf einem radikalen Feedback-Konzept. Norbert Wiener, der Erfinder der Kybernetik, sagte: "Was ich gesagt habe, weiss ich immer erst, wenn ich die Reaktion meines Gegenübers wahrnehme". Und Heinz von Förster sagte: "Die Bedeutung einer Rede wird vom Hörer festgelegt, nicht vom Sprecher".
E. von Glasersfeld argumentiert systemtheoretisch. Seine Theorie ist zunächst wirklich radikal, er beugt sich aber oft - wie J. Piaget - dem gesunden Menschenverstand, wo dieser uns vormacht, wir könnten uns doch in einem positiven Sinn - also nicht nur durch Feedback vermittelt - verstehen. E. von Glasersfeld ist Verfechter einer operativen Schule, er hat aber kein operatives Sprachspiel entwickelt, in welchem man die Funktionsweise der Sprache plausibel machen kann, ohne dass auf "Verstehen" rekuriert werden muss.
Ein operatives Sprachspiel hat - auch wenn er es nicht kommunikationstheoretisch begründet hat - David Bohm entwickelt.