Krämer, Sybille (Hrsg.): Medien, Computer, Realität. Wirklichkeitsvorstellungen und Neue Medien. 1998, ISBN: 978-3-518-28979-2 suhrkamp taschenbücher wissenschaft 1379
enthält:
Krämer, Sybille: Das Medium als Spur und als Apparat
Zur Einleitung in diesen Band .
Das Thema: Drei Fragen widmet sich diese Edition:
Was ist ein Medium?
Was heißt es, den Computer als ein Medium zu interpretieren?
Verändern sich unsere Wirklichkeitsvorstellungen im Zusammenhang mit der durch digitale Medien eröffneten Virtualisierung? Diese Themen umreißen ein ziemlich ausgedehntes Feld. Gibt es nun eine Perspektive, in der einleuchtend wird, daß diese Fragen tatsächlich ein zusammenhängendes Feld markieren?
Der gemeinsame »Fluchtpunkt« der Überlegungen in diesem Band ist eine zeitgenössische Technik, ist der Computer, interpretiert als ein Medium. Schon dieser Blickwinkel auf eine Technik ist keineswegs selbstverständlich. Die an Schwungkraft deutlich einbüßende Debatte über Künstliche Intelligenz erinnert uns daran, daß über Jahrzehnte hinweg die Leitbilder, welche die Entwicklung des Computers begleiteten und kommentierten, den Bahnen eines anthropomorphen Technikmodells folgten, dessen Pointe darin bestand, technische Instrumente im Horizont einer prothesenhaften Verstärkung und Ersetzung menschlicher Sinnes-, Bewegungs- und Denkorgane zu deuten. In dieser Perspektive galt - und gilt noch immer - der Computer als ein Werkzeug der Kopfarbeit, als eine Geistestechnologie. Doch dieses an der Steigerung menschlicher Tätigkeitsvollzüge orientierte Verständnis des Technischen birgt eine Dialektik, die allzu leicht eine nüchterne Werkzeugterminologie umschlagen lässt in eine emphatische Ersetzungs- oder auch Entmächtigungsrhetorik: So kam es, daß der Computer aus einem Werkzeug berechenbarer Prozeduren in eine Denkmaschine mutierte, im Zuge konnektionistischer Modellbildungen gar zum Hirnsimulator avancierte. Selbst die »Hoffnung« wurde laut, daß der mit Künstlicher Intelligenz beflügelte Geist sich von seiner irdischen Verschlingung mit menschlichen Körpern endgültig werde befreien können. Mit einer gewissen Folgerichtigkeit erzeugten solche Visionen von der autonom werdenden Geistmaschine immer auch Versuche, prinzipielle Grenzen zwischen Mensch und Computer aufzufinden - allerdings um den Preis, daß diese mit jeder informationstechnischen Innovation dann in ihrem Verlauf neu zu vermessen und einzurichten waren.
Seit Beginn der neunziger Jahre nun bahnt sich ein Perspektivenwechsel in der Computerinterpretation an: Der Computer fasziniert nicht mehr so nachhaltig als Instrument der Intelligenzverstärkung, sondern beschäftigt eher als ein Medium der Kommunikation. In diesem Neueinsatz reflektieren sich auch Veränderungen in der Computertechnik selbst: Prägend ist dafür nicht nur die elektronische Vernetzung der Computer untereinander, sondern vor allem die durch Digitalisierung eröffnete Integration von Nachrichtentechniken und audievisuellen Apparaten in den Computer. Wenn in diesem Band von »Neuen Medien« die Rede ist, dann geht es um diesen Text-, Bild- und Tonmedien simulierenden vernetzten Computer. Was aber heißt es nun, den , Computer dabei als ein Medium zu interpretieren?
Um eine Antwort auf diese Frage zu finden, müssen wir erst einen Blick auf die Debatte über Medien werfen. In einer labyrinthisch verzweigten Literatur kristallisieren sich - jedenfalls aus der Vogelperspektive betrachtet - drei Diskussionszentren heraus, die sich an ihren Rändern großflächig überlappen. Diese Knotenpunkte des Mediendiskurses können wir mit den Etiketten
(a) »literarische Medien«,
(b) »technische Medien« und
(c) »Massenmedien« kennzeichnen.
(a) Literarische Medien: Zum Angelpunkt wird hier die Schrift, genauer, das Verhältnis von gesprochener und geschriebener Sprache. Im Horizont der Unterscheidung von Mündlichkeit und Schriftlichkeit - so die zentrale These - zeigt sich, daß die zumeist überhistorisch und universal verstandenen Begriffe wie »Sprache« »Text« und »Geist« sich tatsächlich auf Phänomene beziehen, die in Abhängigkeit von den kulturell je unterschiedlich gewichteten Praktiken der Oralität und der Literalität historisch auch eine völlig verschiedenartige Gestalt und Verfassung annehmen.
(b) Technische Medien: Hier geht es um die Nachrichtentechniken wie Telegraphie und Telefon, vor allem aber um die auditiven und bilderzeugenden Apparate wie Grammophon, Fotografie, Kinematographie oder Television. In den Blick rückt die Technisierung der Information im Sinne ihrer Übertragung, Speicherung und Verarbeitung durch Artefakte. Sodann geht es um die Technisierung von Wahrnehmen und Kommunizieren, um das Schwinden der raum-zeitlichen Ferne durch die Loslösung des Sprechens, Sehens und Hörens von der leiblichen Anwesenheit am Ort des Geschehens, das wahrgenommen und über das kommuniziert wird.
(c) Massenmedien: Forschungen, die auf sogenannte »Ein-Weg-Medien« zentriert sind, erörtern die Form der Kommunikation die von der dialogischen Beziehung der mündlichen Rede auf charakteristische Weise abweicht, insofern ein Sender mit Hilfe technischer Verbreitungsmittel die gleiche Botschaft an viele zerstreute und anonym bleibende Empfänger richtet. Das setzt schon ein mit dem gedruckten Buch, welches vor Zeitung, Kino, Radio und Fernsehen als erstes Massenmedium gelten kann. Zum Problem wird dabei, wie die Kommunikation via Massenmedien mit Veränderungen von Öffentlichkeit, Wissensformen und kolIektivem Gedächtnis in Zusammenhang steht.
Dieses ABC der Mediendebatte ist zugegeben holzschnittartig. Und doch erlaubt diese Elementargeographie des Diskurses eine erste Präzisierung auf die Frage nach dem Computer als einem Medium: Der vernetzte Computer ist ein Apparat, dessen Einsatz nicht nur für die Domäne »technische Medien«, vielmehr auch für die übrigen beiden Zentren der Mediendebatte zu jeweils neuartigen Phänomenen und theoretischen Fragestellungen führt. Um es der Reihe nach zu machen:
(a) Literarische Medien und Digitalisierung: Trotz Derridas nachhaltiger Kritik am »vulgären Schriftbegriff« ist die geistesversalmünze« geworden, in deren »Werte« beliebige andere Zeichensysteme übertragen werden können. So wie das mit der phonetischen Schrift eingeleitete Wechselspiel von Sprache und Schrift für die Signatur des abendländischen »Geistes« überaus fruchtbar und folgenreich war, so zeichnet sich nun mit der Digitalisierung analoger Medien ein vielleicht nicht weniger innovatives Wechselverhältnis von Bild und Schrift ab.
(b) Technische Medien und Virtualisierung: Die herkömmlichen nachrichtentechnischen und audiovisuellen Medien lösen zwar das Wahrnehmen, Informieren und Kommunizieren ab vom Zwang zur persönlichen Anwesenheit am Ort der Ereignisse, doch sie können das nur um den Preis des Verzichts auf die Möglichkeit, in eben dieses Geschehen auch einzugreifen - nur das Telefon bildete hier eine bemerkenswerte Ausnahme. Diese mit der Geschichte der technischen Medien verbundene wachsende symbolische Verfügung über nicht-anwesende Räume und Zeiten erwirbt nun eine neue Option: Mit Texten, Bildern und Tönen, deren Daten bisher ausschließlich gespeichert, übertragen und verarbeitet werden konnten, kann nun auch interagiert werden. Auf eben dieser Möglichkeit zur direkten Wechselwirkung mit symbolischen Strukturen bezieht sich der Terminus »Virtualisierung«. Virtualisierung wird gegenwärtig vor allem in zwei Gestalten wirksam: als Hypertext und als sogenannte »virtuelle Realität«.
»Hypertext« löst den linearen Textfluß auf in ein Netz von Textstücken und wechselseitigen Verweisungen, in dem sich die Leser mit Hilfe der angebotenen Verbindungen je eigene Routen suchen. »Virtuelle Realitäten« beruhen auf der Technik der »Immersion«, durch die wir Bilder nicht nur anschauen, sondern in den Bildraum auch eintreten und auf die Bildumgebung ohne (wahrnehmbare) Zeitverzögerung einwirken können. Obwohl es literarische und bildliche Vorformen dieser Techniken gegeben hat, etwa in Gestalt der Enzyklopädie und der Fußnotentechniken oder dem Übergang vom TafelLild zu Bildräumen z. B. in Panorama oder Stereoskopie, ist doch zu vermuten, daß die Begriffe von »Text« und »Bild«, wie auch die Begriffe des »Lesens« und »Betrachtens«, sich durch diese Techniken verändern werden.
(c) Massenmedien und Interaktivität: Für die Frage nach der Rolle von Massenmedien, damit nach dem Verhältnis von öffentlicher und privater Kommunikation, eröffnet die Möglichkeit telematischer Interaktion neue Perspektiven.
Es geht um die Hoffnung, daß die mit den traditionellen Massenmedien verbundene EinWeg-Struktur der Kommunikation sich zu reziproken, also zweiseitigen Kommunikationsverhältnissen »zurück«wandeln lasse. Aus Lesern und Zuschauern sollen Teilnehmer werden, die durch ihre Entscheidungen das im Medium jeweils Zugängliche für sich individualisieren können, also ihre persönliche Zeitung oder ihren persönlichen Film zusammenstellen.
Allerdings verkennt diese Vision die Rolle von Massenmedien, die eben darin besteht, durch das Aussenden einer für alle gleich bleibenden Botschaft, in atomisierten Gesellschaften doch einen anschlussfähigen Horizont der Kommunikation zu schaffen sowie beizutragen zur Bildung eines kollektiven Gedächtnisses.
Die Frage drängt sich hier auf, ob die am mündlichen Gespräch orientierte Interaktion, verstanden als eine reziproke Wechselbeziehung zwischen Personen überhaupt das Vorbild abgeben kann für das, was in der Interaktion in elektronischen Netzen geschieht.
Digitalisierung, Virtualisierung und Interaktivität sind also diejenigen Phänomene, die wir zu untersuchen haben, wenn wir den Computer in der Perspektive betrachten, ein Medium zu sein. Der Medienbegriff, der eine solche Perspektive zu akzentuieren erlaubt, rückt ab von der Vorstellung, daß Medien der bloßen Übermittlung von Botschaften dienen. So ergibt sich ein »gemeinsamer Nenner« bei den Autoren des vorliegenden Bandes durch eben diesen reichhaltigen Medienbegriff: Medien übertragen nicht einfach Botschaften, sondern entfalten eine Wirkkraft, welche die Modalitäten unseres Denkens, Wahrnehmens, Erfahrens, Erinnerns und Kommunizierens prägt.
Damit aber erweitert sich die Frage nach der »Natur« von Medien zur Frage nach der Medialität unseres Weltverhältnisses. Denn wie wir denken, wahrnehmen und kommunizieren, hat immer auch Folgen für die Art und Weise, in der unsere Umwelt für uns zur Welt wird, in der sich die Vorstellung über das, was für uns wirklich ist und was "Wirklichkeit" heißt, ausbildet und verdichtet.
Nun gibt es eine eingängige und weitverbreitete Auffassung, nach der die Techniken der Virtualisierung unser Konzept von Wirklichkeit verflüssigen und instabil machen. Überdies mehren sich die Stimmen, die ausgehen von einer Komplizenschaft zwischen den realitätsauflösenden Wirkungen der Neuen Medien und den im Umkreis des Radikalen Konstruktivismus gebildeten Positionen, die Realität als bloße Konstruktion bzw. Interpretation verstehen.
Daß wir keinen unmittelbaren Zugang haben zu unserer Außenwelt, kann nahezu als ein Konsens der philosophischen Reflexion seit Beginn der Neuzeit gelten. Doch wo angenommen wird, daß die Differenz zwischen Wirklichkeit und Simulation, zwischen Realität und Fiktion verschwindet, da verlieren mit dem Wirklichkeits- und Realitätsbegriff zugleich auch die Begriffe »Simulation« und »Fiktion« ihren Sinn. Mehr noch: »Konstruktion« und »Interpretation«, selbst wenn sie einen grundlegenden Zug an unseren Weltbildern und Wirklichkeitskonzepten offenlegen, sind Handlungen von Menschen, die sich immer auch an etwas bewähren müssen, angesichts dessen sie fehlgehen und mißlingen können. So etwa zeichnet es den Begriff »Wahrheit« aus, mit seiner Verwendung gerade anzuerkennen, daß sprachliche Ausdrücke, sofern sie Wahrheit verfehlen, auch scheitern können. Könnten dann »Realität« und »Wirklichkeit« nicht auch als Begriffe konzipiert werden, die genau das zu artikulieren versuchen, was in all unserem Machen und Interpretieren immer auch unverfügbar, vielleicht auch unkontrollierbar bleibt?
Wie auch immer diese Frage zu beantworten ist, neigen alle Autoren, die sich in diesem Band mit der Frage nach der Realität auseinandersetzen, dazu, das Ineinssetzen von »Virtualität«, »Simulation« und »Realität« nicht mitzumachen, vielmehr einer konstitutionellen Unterscheidbarkeit von »wirklich« und »nicht wirklich« gerade unter den Bedingungen virtueller Computerwelten theoretisches - und praktisches - Gewicht beizumessen.
Die anfangs aufgeworfene Frage lautete, ob es eine Perspektive gibt, in welcher die heterogenen Themen »Medium«, »Computer« und »Realität« ein homogenes, zumindest ein zusammenhängendes Feld markieren. Die Antwort auf diese Frage gibt uns der Begriff »Medialität«.
»Medialität« drückt aus, daß unser Weltverhältnis und damit alle unsere Aktivitäten und Erfahrungen mit welterschließender - und nicht einfach weltkonstruierender - Funktion geprägt sind von den Unterscheidungs-möglichkeiten, die Medien eröffnen, und den Beschränkungen, die sie dabei auferlegen. Was das angesichts der Neuen Medien bedeutet, dieser Frage wollen die Autoren des Bandes nachspüren.
Zu den Texten dieses Bandes: Die Anordnung der Texte folgt den drei Themen des Titels. Diese 3 Aufteilung ist nicht puristisch zu verstehen, denn die Überlegungen der Autoren berühren zumeist Fragen auch der jeweils anderen »Abteilungen«.
I. Was sind Medien?
In den Texten, die Phänomen und Begriff des Mediums erörtern, bildet das herkömmliche Konzept vom Medium als »Übertragung«, »Vermittlung« oder als »Mittelbarkeit« den Ausgangspunkt der Überlegungen. So nimmt Martin Burckhardt den traditionellen Übertragungsbegriff auf, möchte aber dabei eine zweifache Bedeutungsverschiebung bewirken: Ein frühes klösterliches Experiment mit der Elektrizität demonstrierte in Gestalt von sechshundert unter Stromfluß gleichzeitig zuckenden Mönchen, daß Elektrizität räumliche Ferne überwindet, ohne dabei - jedenfalls für menschliches Wahrnehmen - Zeit zu verbrauchen. »Übertragung« im Zeitalter des elektronischen Informationsflusses meint also nicht einfach den Transport, vielmehr in einem ursprünglichen Sinne die »EntRaumes. Zum andern erinnert Martin Burckhardt an die psychoanalytische »bertragung« im Sinne einer Projektion: Nur daß im Medienumgang keine Vaterfigur projeziert wird, sondern in der Materialität des Mediums eine überpersöuliche Wirkmacht zur Geltung kommt, die den ergreift, der sich seiner bedient. Das »unter Strom stehen wird zur Metapher (griech. »metaphora«: Übertragung) für das, was am Medium die instrumentelle Dimension überschreitet. Was das heißt, zeigt Martin Burckhardt an dem Verhältnis von Autor und elektromagnetischer Schrift.
Siegfried J. Schmidt knüpft ebenfalls an die vertraute Idee vom Medium als Mittler und als Vermittlung an. Doch im Unterschied zu Martin Burckhardt entfaltet sich hier kein psychoanalytischer, sondern ein sozialkonstruktivistischer Blick auf das Mediengeschehen. Für Siegfried Schmidt - wie schon für Niklas Luhmann - sind Kognition und Kommunikation kategorial trennbar, also autonom; Medien gewährleisten die dann überfällige strukturelle Kopplung beider Bereiche. Diese Kopplung kann nicht als eine direkte Verknüpfung gedacht werden. Vielmehr kommt hier die Kultur ins Spiel, deren symbolische Ordnungen sowohl die individuelle Kognition wie auch die gesellschaftliche Kommunikation orientieren und binden. Und es sind gerade die Medien, welche die dem kulturellen Programm eigenen Bindungsenergien und Orientierungsschemata verkörpert und also für Kognition ; und Kommunikation verfügbar machen, zumal beide in ihren Operationen auf Medien angewiesen sind. Dieser Kreislauf zwischen den Dimensionen Kommunikation, Kognition, Kultur und Medien bringt dann erst hervor, was für Siegfried J. Schmidt »Realität« heißt.
Sybille Krämer lässt die Konturen ihres Medienbegriffes hervorgehen aus den Unterschieden zum Begriff »Zeichen« und »technisches Instrument«. Im Unterschied zum arbiträren Zeichen dessen Bedeutung auf Konvention beruht, wirkt das Medium wie eine unbeabsichtigte »Spur«: Daher entfalten sich die vorprädikativen, bedeutungsstiftenden Wirkungen des Medialen zumeist »im Rücken« der Zeichenbenutzer. Im Unterschied zu Werkzeugen bzw. Maschinen, die wir als Instrumente zur Leistungssteigerung von Arbeit einsetzen, sind technische Medien Apparate, mit denen wir künstliche Welten erzeugen, die neue Erfahrungen und Operationsweisen eröffnen, die uns ohne Apparatur nicht zugänglich sind. Was das heißt, wird am Beispiel der Kommunikation im elektronischen Netz untersucht. Die These ist, daß mit der telematischen Kommunikation eine Modalität des Kommunizierens im Entstehen ist, die abweicht von den uns vertrauten Verhältnissen mündlicher oder schriftlicher Kommunikation, und deren philosophischen Reflexionen in den Termini der Sprechakt- und Kommunikationstheorien.
Martin Seel, der seinen Platz in diesem Buch bei den Autoren zum Realitätsproblem findet, sei mit seinem Medienbegriff schon hier erwähnt. Im Zusammenhang seines Konzeptes von »Medialität« entwickelt er einen in der Mediendebatte so noch nicht artikulierten Gedanken: »keine Intentionalität ohne Medialität.« Überall wo wir in ein Verhältnis treten zu etwas, das uns im Wahrnehmen Erfahren, Denken oder Vorstellen gegeben ist, sind es Medien, die dieses Gegebensein jeweils eröffnen. Und sie können das kraft ihrer Eigenschaft, Unterscheidungsmöglichkeiten bereitzustellen und für uns Differenzen damit allererst erfahrbar und fixierbar zu machen. Mit dieser Idee, Medien als Spielräume für Formbildungen zu interpretieren, bei denen jede Form wiederum als Medium betrachtet werden kann, ist ein - erweiternder - Anschluß hergestellt zu Niklas Luhmanns Medienbegriff.