Hier interessiert die Zivilgemeinde nicht als solche (also nich als Körperschaft), sondern deshalb, weil sie als zivil bezeichnet wird und in einem gewissen Sinne diesen Ausdruck erläutert, der auch in Zivilisation, Zivilgesellschaft und in zivilem Ungehorsam aufscheint.
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Die Zivilgemeinde war eine im schweizerischen Kanton Zürich im 19. Jahrhundert häufige, heute nicht mehr existente Gemeindeart. Sie wurde, gestützt auf die neue Kantonsverfassung, per Anfang 2010 aufgehoben.
Bei den Zivilgemeinden handelte es sich um die historischen Dorfgemeinschaften, die eine jahrhundertealte Tradition hatten. Einige von ihnen entstanden als Rechtsnachfolgerinnen der alten, vor der Helvetik entstandenen Dorfgemeinden. Sie wurden schon vor der Proklamation der Helvetischen Republik als Zivilgemeinden bezeichnet. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden zahlreiche Neugründungen vorgenommen, so dass man im Jahre 1855 einen Höchststand von 420 Körperschaften mit Zivilgemeindestatus registrierte. 1894 gab es noch 294 Zivilgemeinden, 1960 noch deren 41. Bis 2005 – dem Zeitpunkt der Abstimmung über die neue Kantonsverfassung – war der Bestand auf 20 Körperschaften geschrumpft.
Kompetenzen und Aufgaben
Wie alle übrigen Gemeinden waren auch die Zivilgemeinden der Aufsicht des Bezirksrates sowie des Regierungsrates unterstellt und damit öffentlichrechtlich organisiert. Die Zivilgemeinden hatten aber keinen Anspruch auf Zahlungen aus dem Finanzausgleich, sie mussten selbst für ihren Unterhalt aufkommen, beispielsweise über Gebühren und Erträge aus den ihnen verbliebenen Aufgaben wie der Elektrizitäts- und der Wasserversorgung oder dem Flurweg-Unterhalt. Steuern durften sie keine erheben.
Die neue Kantonsverfassung des Standes Zürich brachte die Abschaffung der Zivilgemeinden mit sich. Der Verfassungsentwurf wurde am 27. Februar 2005 durch die Stimmbürger angenommen und ist am 1. Januar 2006 in Kraft getreten. Gemäss Art. 143 Abs. 1 KV waren die Zivilgemeinden innert vier Jahren, d.h. per 1. Januar 2010, mit der jeweiligen politischen Gemeinde, auf deren Territorium sie lagen, zu vereinigen. In der Diskussion der neuen Verfassung wurde die Zivilgemeinde als alter Zopf bezeichnet, den es abzuschneiden gelte. Die Zivilgemeinden waren allerdings anderer Ansicht und verteidigten ihre Existenz unter anderem mit dem Argument, sie seien so effizient wie sonst kaum eine Körperschaft. Diese Argumente verfingen beim Verfassungsrat nicht.