Zaubern heisst im wesentlichen etwas verschwinden und etwas erscheinen lassen. Die Verknüpfung von Verschwinden und Erscheinen kann als Verwandlung gesehen werden. Ich unterscheide 2 Fälle: Wirkliche Zauberer zaubern wirklich, Als-ob-Zauberer tun "als ob". Zaubern (und Konstruktivismus) heben dies Unterscheidung auf.
Beispiel:
Eine Frau steigt in einen Kasten, ein schwarzer Panter springt aus dem Kasten raus. Entweder ist die Frau verschwunden oder si hat sich in einen Panter verwandelt. Entweder ist die Frau wirklich verschwunden, oder es scheint nur so, oder ich kann nicht wissen, welcher Fall der Fall ist.
Der Zauberer als Manipulator:
Der wirkliche Zauberer (etwa ein Regenmacher, Schaman, Voodoo-Priester etc) beeinflussen die Lebensverhältnisse von Menschen gut oder schlecht.
Der als-ob-Zauberer (etwa ein Regenmacher, Schaman, Voodoo-Priester etc) gibt vor, die Lebensverhältnisse beeinflussen zu können.
Der Zauberer als Aufklärer:
Der als-ob-Zauberer zeigt, dass er mit Tricks zaubert, und das hinter jedem Zauber ein Trick steht. (Entzauberung).
Der Zauberer als Unterhalter:
Der als-ob-Zauberer verführt ein Publikum, das weiss, das er mit Tricks arbeitet, dieses Wissen vorübergehend aufzugeben oder in der Schwebe zu halten. Ich spreche wenn ich nichts andres sage von diesem Zauberer.
Die Zauberei beruht auf den Konstruktionen des Publikums, die im Radikalen Konstruktivismus Thema sind. J. Piaget nannte die elementarste Konstruktion Objektkonstanz. Objektkonstanz nenne ich die Vermutung, das ein Objekt hinter einem andern "verschwinden" kann und trotzdem noch exisiert. Wenn der Zauberer ein Objekt in seiner Hand versteckt, kann er es nur verschwinden lassen, wenn der Zuschauer Objektkonstanz aufrecht erhält. Eine weitere Stufe ist die Erklärungskonstanz. Bestimmte Phänomene kann ich mit bestimmten Erklärugen erklären. Bestimte Phänomene sprengen aber das Paradigma einer Erklärung.
Der Zauberer muss also Situationen schaffen, in welcher die Objektkonstanz problematisch wird. Wenn der Zauberer anheischig macht, die Objekte seinen in Wirklichkeit nicht vorhanden oder nicht konstant, stösst er auf Ablehnung. Wenn er deklariert, dass er zaubert, sind die Zuschauer bereit, als-ob zu erwägen. Die Zuschauer realisieren dann, was es heissen könnte, wenn sie bestimmte Objekt- oder Erklärungskonstanzen aufgeben würden.
Der Zauberer braucht einen Trick (Techne der Naturüberlistung). Der Trick ist aber nur Mittel. Denn das Publikum weiss ja, dass e sich um einen Trick handelt. Ein Teil des Publikums besucht keine Zaubervorstellung, sondern eine Art Rätsellösung. Dort geht es darum, den Trick herauszufinden. Wenn das Publikum eine Zaubervorstellung besucht, will es - mehr oder weniger bewusst - etwas über sich selbst herausfinden. Scheinbar gibt es so etwas wie eine Sehnsucht nach dem Magischen, die von Zauberere bedient wird. Ich glaube viel mehr, es gibt eine Sehnsucht nach Selbsterkenntnis und dazu gehören insbesondere die eigenen Konstruktionen, die der Zauberer bewusst macht, weil er sie einsetzt.
Der Zauberer muss die Aufmerksamkeit des Publikums lenken. Scheinbar muss er den Trick verstecken, also das Publikum davon ablenken. Ich glaube es geht vielmehr darum, das Publikum mit dessen Konstruktionen zu bedienen. Die Frage ist also, wo genau passiert der Zauber innerhalb einer Vorführung. Es gibt so etwas wie den dramatischen Moment. Der Trick kann lange vorhe stattgefunden haben. Es gibt soetwas wie eine Dramaturgie der Publikumsführung. Der Witz ist ncht ablenken, sondern hinlenken: das Publikum soll etwas bestimmtes Denken. In der Vorführung kann die Zauberei in eine Rahmenhandlung eingebettet sein, um diesen Prozess zu unterstützen.
Ein Kartentrick
Klaus Peter Pfeiffer, Zauberer
Zauberbuch
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[ ein paar Tricks ]
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