Charaktermaske        zurück ]      [ Stichworte ]      [ Literatur ]      [ Die Hyper-Bibliothek ]      [ Systemtheorie ]     

Charaktermaske ist ein Begriff von K. Marx, der reflektiert, dass der Produzent in seiner Ware in dem Sinne aufgehoben ist, als seine Person, die quasi hinter der Maske Gebrauchswert herstellt, keine Rolle mehr spielt. "Die Personen existieren hier nur füreinander als Repräsentanten von Ware".

Da auch die Arbeitskraft als eine Ware gehandelt wird, die der Arbeiter mit dem Kapitalisten gegen Lohn tauscht, sind sowohl "Kapitalist" als auch "Lohnarbeiter" solche Charaktermasken, d.h. Personifizierungen ökonomischer Kategorien.

Charakterisierung, Charaktermaske


„Die Naturalform der Arbeit, ihre Besonderheit, und nicht, wie auf Grundlage der Warenproduktion, ihre Allgemeinheit, ist hier ihre unmittelbar gesellschaftliche Form. Die Fronarbeit ist ebensogut durch die Zeit gemessen wie die Waren produzierende Arbeit, aber jeder Leibeigne weiß, daß es ein bestimmtes Quantum seiner persönlichen Arbeitskraft ist, die er im Dienst seines Herrn verausgabt. Der dem Pfaffen zu leistende Zehnten ist klarer als der Segen des Pfaffen. Wie man daher immer die Charaktermasken beurteilen mag, worin sich die Menschen hier gegenübertreten, die gesellschaftlichen Verhältnisse der Personen in ihren Arbeiten erscheinen jedenfalls als ihre eignen persönlichen Verhältnisse und sind nicht verkleidet in gesellschaftliche Verhältnisse der Sachen, der Arbeitsprodukte.“ (MEW Bd.23, S. 91f)

„Die Waren können nicht selbst zu Markte gehn und sich nicht selbst austauschen. Wir müssen uns also nach ihren Hütern umsehn, den Warenbesitzern. Die Waren sind Dinge und daher widerstandslos gegen den Menschen. Wenn sie nicht willig, kann er Gewalt brauchen, in andren Worten, sie nehmen. Um diese Dinge als Waren aufeinander zu beziehn, müssen die Warenhüter sich zueinander als Personen verhalten, deren Willen in jenen Dingen haust, so daß der eine nur mit dem Willen des andren, also jeder nur vermittelst eines, beiden gemeinsamen Willensakts sich die fremde Ware aneignet, indem er die eigne veräußert. Sie müssen sich daher wechselseitig als Privateigentümer anerkennen. Dies Rechtsverhältnis, dessen Form der Vertrag ist, ob nun legal entwickelt oder nicht, ist ein Willensverhältnis, worin sich das ökonomische Verhältnis widerspiegelt. Der Inhalt dieses Rechts- oder Willensverhältnisses ist durch das ökonomische Verhältnis selbst gegeben. Die Personen existieren hier nur füreinander als Repräsentanten von Ware und daher als Warenbesitzer. Wir werden überhaupt im Fortgang der Entwicklung finden, daß die ökonomischen Charaktermasken der Personen nur die Personifikationen der ökonomischen Verhältnisse sind, als deren Träger sie sich gegenübertreten.“ (MEW Bd.23, S. 99f)

„es handelt sich hier um die Personen nur, soweit sie die Personifikation ökonomischer Kategorien sind, Träger von bestimmten Klassenverhältnissen und Interessen“, für die es keinen Sinn hätte, „den einzelnen verantwortlich [zu] machen“ (MEW Bd. 23, S. 16). Die Menschen im Kapitalismus haben nach Marx zwar spezifische Rollen und Funktionen, die durch die Gesellschaft bestimmt werden. Grundsätzlich aber müssen sie immer als Kapitalisten bzw. Proletarier agieren, alles andere (z. B. professionelle Ethik) – auch „persönliche“ Eigenschaften (z. B. Großherzigkeit) – sind Masken, die fallen, wenn es Ernst wird.

Literatur
Frigga Haug: Kritik der Rollentheorie und ihrer Anwendung in der bürgerlichen deutschen Soziologie. Frankfurt Main/1973: Fischer ISBN 3-436-01630-6
Wolfgang Fritz Haug: „Charaktermaske“, in: Wolfgang Fritz Haug (Hrsg.): Historisch-kritisches Wörterbuch des Marxismus, Bd. 2. Argument, Hamburg 1995.


 
[wp]