Die Sprache als Spiel auffassen, heisst beim Sprechen oder Schreiben mit Wörtern nach Spielregeln zu operieren. Im Sprachspiel sagt man etwas, was gemäss den Spielregeln sinnvoll ist, nicht etwas, was für aussersprachliche Zusammenhänge von Bedeutung ist. Im Schach etwa können Türme ziehen und Pferde oder die Dame schlagen, weil die Regeln das zulassen, nicht weil Türme ausserhalb des Schachs vergleichbare Möglichkeiten hätten. Im Sprachspiel kann man Wörter in bestimmten Kombinationen verwenden, weil das die Spielregeln zulassen, nicht weil diese Wortkombinationen ausserhalb des Spieles begründbar wären.
Operationelle Semantik heisst eine Sprachauffassung, in welcher die Wörter als solche keine Bedeutung haben, sondern durch den jeweiligen Gebrauch Bedeutung bekommen (vgl. Todesco 1992:190ff). In dieser Sprachauffassung sagt man etwas und schaut, welche Wirkungen damit erreicht wird. In Abhängigkeit davon sagt man anderes oder weiteres. Operationell heisst dieser Ansatz, weil die Bedeutung der Wörter in Handlungen - und mithin in Operationen - entsteht und variiert. Der operationelle Ansatz ist kybernetisch in dem Sinne, als er auf Feedback beruht. Die Wirkung der Worte wird nicht vorweg festgelegt, sondern im Nachhinein geprüft, so wie eine Thermostatenheizung im Nachhinein auf die Temperatur ragiert. Immer wenn ich mit meinen Wörtern eine gewünschte Wirkung nicht erreiche, sage ich andere Wörter, und schaue, ob diese funktionieren.
Diese operationelle Sprachauffassung kann man auf zwei Arten paraphrasieren. Man kan sagen, dass ein Wort seine Bedeutung jedesmal, in jeder Verwendung neu generiert und dass sich die Bedeutung deshalb nicht festlegen lässt. Oder man kann sagen, dass Bedeutung nur innerhalb einer Semantik existiert und dort etwas ganz anderes bedeutet als in der Pragmatik.
Das Funktionieren von Wörtern kann man in verschiedenen Hinsichten beurteilen. Wenn ich zu jemandem sage, er solle das Fenster öffnen, dann öffnet er das Fenster oder er öffnet es nicht. In der schöngeistigen Literatur, insbesondere in der Lyrik wirken Wörter durch ihre Literalität, durch ihre Aesthetik. Dort prüfe ich die Wahl der Wörter nicht daran, ob jemand ein Fenster öffnet. Und im Handlungszusammenhang "Wissen" prüfe ich die Verwendung der Wörter wieder auf je spezifische Arten.
Eine elementare Operation im Wissensmanagement ist die Textersetzung. Wenn wir in einem Gespräch den andern nicht verstehen, also umgangssprachlich gesprochen nicht wissen, was der andere meint, arbeiten wir mit solchen Ersetzungen. Ein Wort wird "erklärt", indem man andere Wörter dafür angibt. Für Tisch kann man je nach Kontext sagen: ein Möbel; eine Platte mit Beinen; das, was wir gestern gekauft haben; table; desk; das da; usw. Immer wird eine Buchstabenkette durch eine andere ersetzt. Einen anderen Menschen verstehen heisst in diesem Sinne, wissen, welche Ersetzungen er in welchen Situationen machen oder zulassen würde. Was sich der je andere dabei denkt, ist unerheblich. Ich kann in einem operationellen Sinne nicht wissen, was die andern wissen, ich kann nur in Erfahrung bringen, welche materiellen Texte und Text-Ersetzungen sie unabhängig von den Bedeutungen, die die Texte für mich haben, akzeptieren und welche nicht.
Wissen erscheint nur im expliziten Wissen. Und in bezug auf Textersetzungen geht es nicht darum, welche Texte was über die Welt aussagen, sondern welche Texte von andern Menschen als Wissen akzeptiert werden. In diesem Sinne ist Wissen das Resultat eines dialektischen Prozesses, in welchem Widersprüche, also mithin Aussagen von sich sich widersprechenden Menschen als Ausgangspunkt für neue Formulierungen dienen, die von allen beteiligten Parteien akzepiert werden.
Die einfachste Form von Textersetzungen ist das Wörter-Lexikon, wo jedes Stichwort durch den das Stichwort erläuternden Text ersetzt wird. Umgekehrt kann man jeden Ausdruck als Er-Satz für den Text lesen, der den Ausdruck erläutert. Wenn ich sage, ein Tiger ist eine gestreifte Katze, dann ist der Ausdruck "Tiger" ein Er-Satz für "gestreifte Katze. Ihrer Struktur nach sind Lexika vorweggenommene Hypertexte, in welchen die Stichwörter als Links auf die Erläuterungen zu verstehen sind, die ihrerseits Links enthalten. Umgekehrt lässt sich jeder Hypertext in dem Sinne als Lexikon auffassen, als die jeweiligen Ziele der Links einen Er-Satz für die Link-Begriffe darstellen. Am Bildschirm ist diese Funktion sogar sehr unmittelbar: Es ist zwar üblich zu sagen, dass man per Link zu einem andern Text springe, aber natürlich springe ich nirgendwohin, wenn ich einen Link anklicke, sondern ich bewirke damit, dass ein neuer Text den vorangegangen am Bildschirm ersetzt.
Den Ausdruck "Er-Satz" verwende ich für einen Ausdruck, der durch eine semiotische Vereinbarung als Er-Satz für einen Satz eingeführt wird. Als Begriff bezeichne ich einen Er-Satz-Ausdruck, der eine Definition ersetzt, und den ich umgekehrt durch eine Definition ersetzen kann.
Definition sind Beschreibungen, die einen - inhaltlich gebundenen - Oberbegriff und ein Kriterium einführen um Gegenstand zu klassifizieren. Wenn ich beispielsweise sage, Maschinen sind Werkzeuge, die durch nicht lebende Energie-Lieferanten angetrieben werden, führe ich Werkzeug als Oberbegriff und "nicht von Lebewesen angetrieben" als Kriterium für den Begriff "Maschine" ein. Mit dieser Definition von Maschine sage ich, dass alle Maschinen Werkzeuge sind, dass aber nicht alle Werkzeuge Maschinen sind, sondern nur jene, die nicht von Menschen angetrieben werden.
Wenn Definitionen pragmatisch verstanden werden, definieren sie Gegenstände, nicht Wörter oder Begriffe. Umgangssprachlich wird ''Definition'' häufig synonym zu Vereinbarung verwendet, weil zwischen Semantik und Pragmatik nicht hinreichend unterschieden wird. Pragmatik ist die Lehre darüber, was wir mit den Wörtern bezeichnen, das ist keine Sprachwissenschaft, sondern eine Allerweltswissenschaft. die sich mit dem Verhältnis Sprache und Welt befasst. Semantik dagegen ist die Beschreibung, welche Wörter wir in welchen Kontexten verwenden, also eine Regelung des Sprachspieles, die sich nicht um Aussersprachliches kümmert. Die Semantik hat zu den Gegenständen in der Welt dieselbe Beziehung wie die Mathematik zu den Gegenständen der Physik - nämlich an sich keine, auch wenn wir uns gewohnt sind, das eine durch das andere zu verstehen.
Das Begreifen, das im Begriff "Begriff" angesprochen ist, fasse ich als spezifische Operation auf, die sich vordergründig als mit den Händen greifen analogisieren lässt. Eigentlich definieren kann man bewusst hergestellte Gegenstände, und darin ist auch das Begreifen aufgehoben. Ein Artefakt ist ein begreifbares Faktum. Begreifen bezeichnet dabei weniger die Möglichkeit des Berührens als das prinzipielle Wissen um die Konstruktion. Im pragmatischen Sinne des tool-making-animals begreifen oder verstehen wir, was wir herstellen können.
Begriffe und Definitionen sind Konstruktionselemente für Systeme.