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Ich betrachte im folgenden den Hyperbibliotheks"prozess" etwas eingehender. Im Alltag haben wir sehr viele Prozesswörter, ein grosser Teil der Verben bezeichnet Prozesse. Systemtheoretisch kann ich aber Prozesse nicht direkt, sondern nur differentiell beschreiben, also nur dadurch, dass ich Systemzustände zu verschiedenen Zeitpunkten beschreibe. Prozesse im systemtheoretischen Sinn finden in der Zeit statt, Zeit ist das einzige, was in der Systemtheorie nicht variiert werden kann. Die Fiktion der Zeit ermöglicht es mir, von älteren und neueren Zuständen, und mithin von Veränderung und Entwicklung, also von Prozessen zu sprechen.
In der Hyperbibliothek hat Text - wie in der ursprünglichen Bibliothek - den Charakter von flüchtigen Dialogbeiträgen, die in der Schwebe gehalten, aber steter Aenderung unterworfen sind. Jeder Text kann jederzeit verändert werden, ist aber - von Uebergangssituationen abgesehen - auch in jedem Zeitpunkt als Text materiell je eindeutig vorhanden.
Anweisungen an potentielle Bibliothekare:
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Wir wiederholen den Anfang des Kurses auf einer neuen Stufe. Es ist die Bewegung einer Spirale: Wir sind wieder am selben Ort im Kreis, aber eine Ebene höher. Mach Dir eine Vorstellung von einer Bibliothek, in welcher alle Texte der Akkommodation unterliegen. |
Umsetzung:
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Hinweis: Die bisherigen Kursunterlagen repräsentieren noch keine entwickelte Hyperbibliothek, weil noch keine Akkommodationsprosse darüber gelaufen sind. |
Anweisungen an potentielle Bibliothekare:
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Bedenke, es handelt sich nicht darum, Texte von anderen Menschen - lehrerhaft oder besserwisserisch - zu korrigieren. Alle Texte der Hyperbibliothek sind DEINE Texte. Und alle Texte werden auch von allen andern überschrieben. Die Hyperbibliothek entwickelt sich nicht durch Diskurse über die Texte, sondern durch die Veränderung der Texte. |
Umsetzung:
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Dabei kann ich mit den Herkunftstexten - von der Versionierung abgesehen - auf zweierlei Art umgehen: Ich kann die Glossarformulierung in die Texte einsetzen oder aber die Formulierung in den Herkunftstexten durch einen Link ins Glossar ersetzen. Die zweite Variante radikalisiert die Hyperbibliothek. Die Herkunftstexte werden dabei nicht eigentlich umgeschrieben, sondern durch Aufhebung von Formulierungen gekürzt, was zur Struktur der Hyperbibliothek führt. Für Hyperleser, also für die Hyper-Bibliothekare werden die Texte dadurch kompakt, prägnant und effizient, für konventionelle Leser der Bibliothek werden die Texte oft zu prägnant. |
Die Hyperkommunikation repräsentiert aber auch, was wir ohnehin tun:
Wenn ich in einem Text oder in einem Gespräch den Ausdruck "Computerprogramm" verwende, unterstelle ich normalerweise, dass die andern wissen, was ein Computerprogramm ist (und eigentlich gehe ich sogar davon aus, dass sie diesbezüglich das gleiche wissen wie ich). Ich biete aber - mindestens als freundliche Implikation - immer auch an, dass andere zurückfragen. Im Link auf das Glossar biete ich diese Möglichkeit explizit.
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Ich verwende die Bibliothek als Metapher zur Darstellung der Hyperbibliothek. Aber natürlich passiert dabei - wie mit jeder Metapher - auch das umgekehrte. Soweit wie die Bibliotheks-Metapher zur Klärung der Hyperbibliothek funktioniert, erläutert sie mir auch, wie ich die Bibliothek auffasse. Einige Vorstellungen, die ich von einer konventionellen Bibliothek habe, werden mir durch meine Metapher auf eine Weise suspekt, dass ich mich frage, ob sie hauptsächlich die Bibliothek als solche oder ganz andere Aspekt vermeintlicher Textorganisation - wie etwa die Autorität der Autoren oder das copyright - betreffen.
Darüber, wie Text in gesellschaftliche Verhältnisse eingebunden ist, will ich später nachdenken. Zunächst will ich mich mit der operativen Aufhebung von Texten befassen.