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Die Bibliothek als System aufzufassen - wie es in diesem Kurs getan wird - bedeutet Prozesse wahrzunehmen. Eine Menge von Büchern in Gestellen oder eine Menge von verlinkten Dateien in einem Computernetz sind natürlich keine Prozesse. Aber die Entwicklung einer Bibliothek ist ein Prozess. In diesem Prozess entsteht die Bibliothek und gewinnt an strukturellem Niveau. Dazu sind viele verschiedene Operationen nötig. Einige davon sind bisher in Form von Anweisungen beschrieben worden (was ja den Crashkurs überhaupt ausmacht).
Im eigentlichen Bibliotheksprozess entwickelt sich die Bibliothek, wobei immer mehr "Bücher" immer schlanker (lean) und passender (modular) werden (high modular lean production). Alle Texte werden durch Assimilation und Akkommodation - die beiden wichtigsten Prozessaspekte des autopoietischen Systems (J. Piaget) - immer stärker integriert.
Natürlich bedarf die Bibliothek eines Milieus, in welchem Texte quasi als "Nahrung" zur Verfügung stehen, so wie die Bibliothekare auch Sauerstoff und Nahrung brauchen. Der eigentliche Prozess besteht jedoch in der Organisation des Bibliothe-Textes, zu welcher die Einverleibung quasi als primäre Assimilation auch gehört, hier aber - jenseits davon, dass notwendige Voraussetzung ist - nicht näher interessiert.
Der eigentliche Bibliotheksprozess besteht aus Assimilationen, in welchen Texte so gesehen werden, dass sie zur bestehenden Bibliothek passen und aus Akkommodationen, in welchen sich die Bibliothek den Texten, die sie nicht assimilieren kann, anpasst. Im ersten Fall werden Texte in die Bibliothek intergriert, welche Textauslagerung zulassen, die mit den Bereits bestehenden Texten zusammen passen. Im zweiten Fall, der der Sache nach viel komplexer ist, wird die Bibliothek so umorganisiert, dass sie Texte, die zuvor nicht passten, aufnehmen kann.
Wenn in mehreren von einander relativ unabhängigen Texten, die in die Bibliothek kommen, erläutert wird, was "Computerprogramm" heisst, kann ich aus jedem dieser Texte eine Erläuterung von "Computerprogramm" auslagern. Dabei können die Ausslagerungen perfekt passen, weil sie wortwörtlich gleich sind. Oder sie passen, weil sie ähnlich sind, oder sich wenigstens nicht widersprechen. Es kann aber auch sein, dass es sich um (mindestens scheinbar) unverträgliche Formulierungen handelt.
Beispiel für mehrfach vorhandene Erläuterung
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In unserer Bibliothek haben wir bereits zwei verschiedene Formulierungen zu "Computerprogramm" angetroffen (siehe Textauslagerung). In einem Fall wird gesagt, dass Computerprogramme - in einem definitorischen Sinne - Texte seien, in der andern Erläuterung von "Computerprogramm" steht aber nicht, dass es sich um einen Text handelt. Wenn ich beide Texte unter "Computerprogramm" auslagern will, muss ich eine passende Form finden. Und darin besteht der Bibliotheksprozess, mit welchem ich mich hier befassen will. |
Im vorliegenden Fall scheinen sich die Formulierungen vordergründig nicht zu widersprechen, ich kann sie einfach quasi additiv zusammenführen, aber selbst in diesem Fall handle ich mir einige Komplikationen ein, die ich als Assimilationskosten (oder Nebenwirkungen) auffassen kann.
Natürlich könnte ich auch einfachere "Lösungen" wählen:
Den ersten Fall werde ich als praktische oder pragmatische Zwischenlösung nochmals aufgreifen. In den beiden andern Fällen würde sich die Bibliothek aber gar nicht entwickeln, weil ich im einen Fall zugunsten einer vermeintlichen Ordnung die Anzahl der Dokumente sogar reduzieren würde, und im andern Fall die Anzahl der Verlinkungen nicht erhöhen würde.
Der Bibliothekssystemprozess ist damit benannt. Es geht darum, wie sich die Blibliothek gegenüber weiteren Texten verhält. Zuerst betrachte ich die Assimilation von Texten.