26 Zeichen, koboldhaft ausgewählt und zusammengefügt zu einem kleinen Ganzen: dem Wort.
Wie ist es entstanden?
Welche Geschichten und Bilder haben ihm seinen Inhalt gegeben?
Ist mein Inhalt derselbe, wie Dein Inhalt?
Wenn ich herausfinden will, was hinter meinen Worten liegt, muss ich meinen Lebensweg rüwärts gehen, muss den Worten auflauern, sie packen und zurückverfolgen, bis dahin, wo sie einfach Worte waren.
Wie fang ich an, so viele Worte hängen wie Sonnenstrahlen, Nebelschwaden, Bienenschwärme in meinem Gehirm, einige sind schon fast ausgesprochen, auf der Zunge, andere lungern in trüben Hirnwindungen. Es gibt zwei Arten, mich leiten zu lassen, Systematik oder Intuition. Ich wähle die Intuition.
Worte umfliegen mich, wie Schmetterlinge, tagträumend schaue ich zu, wie sie tanzen in meinem Kopf. und dann.......wähl ich mir eines aus, weil es mir gefällt, weil ich mit ihm flirten will, wir tanzen zusammen, bis dahin, wo wir meinen, dieselbe Musik zu hören. Dann schick ich's weg. Keine Psychologie, keine Schwermut!' echte Begegnung ist nur in Leichtigkeit möglich. "Plötzlich bist Du da, PENELOPE. Warum und wieso fragen wir nicht. Du bis gekommen aus 3000-jähriger Vergangenheit. Du Gattin des Odysseus, des Helden und Schlaumeiers, den die Welt rief und der dich zurücklies mit Palast und Kind.
Unser Geschichtslehrer hat Dich als Vorbild herzangezogen. So wie Du sollten wir werden: treu, schaltend und waltend in der überschaubaren Welt des trauten Heims. Du, Penelope hattest zumindest einen Palast, wenn nicht gar eine Insel, Dienstboten und den Hauslehrer deines Sohnes Telemach...... uns ist die 3-Zimmerwohnung mit Teakholz-Wohnwand zugedacht. Nach getaner Arbeit, konntest du stickend am Feuer sitzen. Heute legen wir die Hände in den Schoss und starren auf ein kleines Fenster in der Wohnwand, das Leben ins Zimmer zaubert . Er und sie glotzen dösend in eine Welt, die keine ist. Unsere Ehemänner spielen nur tagsüber am Telefon als global players einwenig Odysseus; ansonsten sind zuverlässig programmiert, kommen abends nachhause zum Nüsschen knabbern und die Helden und Gladiatoren anzufeuern, die sich zappelnd auf grünen Rasen ihre Kämpfe liefern.
Dein Odysseus war weg. 30 Jahre oder so, und am Schluss wusstest Du nicht einmal mehr, ob er tot oder lebendig war. Er war weg und bot so eine herrliche Projektionsfläche für Deine Sehnsucht. Klug musst du gewesen sein, alte Freundin, denn wie leicht wäre es gewesen, aus den vielen polternden Freiern einen auszulesen.
Stattdessen hast Du deine Sehnsucht zum Anlass genommen, mit klitzekleinen Stichen Deine Welt zu sticken und zu weben. Es ist erwiesen, und ich habe es an Seele, Geist und Leib erlebt, dass im gedankenverlorenem Hantieren mit Garn und Faden Kopf und Herz in schwebender Leichtigkeit zusammenfinden; das Einsichten und Wahrheiten aufblitzen und ihre geheimnisvolle Niederschrift finden, in gestickten und gewobenen Bildertafeln. Du lehrst mich, Penelope, das was ich tagsüber gewoben habe, nachts wieder aufzuftrennen; denn wir wissen: etwas ist nie morgen so, wie es sich heute zeigt.
Du wirst mir Vorbild, Penelope! Lassen wir die Geschichtgslehrer erblassen, weil wir ihre Welt auf den Kopf stellen! Wir könnten einen neuen Schleier weben und besticken, Penelope! zusammen, Penelope, anstatt dass jede für sich allein in ihrer Ecke sitzt und sich die Wunden der Einsamkeit leckt! Ich bin ganz angeregt, Penelope, und wenn ich angeregt bin, bin ich grosszügig; sollen wir die Helden mitsticken lassen? Du meinst - wenn sie es mit Lust und Fantasie tun - ja? Hast Du ja gesagt? Ich höre dich schlecht.... Ich glaube, wir wurden unterbrochen. ........ in zeitloser Verbundenheit. V