Projektarbeit

ADA-2

 

Thema: Fallanalyse

 

Christoph Jost

Ausgangslage

Jeweils am 1. Oktober eines jeden Jahres fängt im Kanton Basel-Stadt eine neue Polizeischule, mit jeweils 40 – 45 (Asp), an.

Am Ende dieser einjährigen, theoretischen Ausbildung werden die Aspirantinnen und Aspiranten in 6 etwa gleich grosse Gruppen aufgeteilt. Das zweite Lehrjahr absolvieren die nun von Aspirantinnen und Aspiranten zu Polizistinnen und Polizisten beförderten jungen Leute, unter fachkundiger Anleitung, in diesen 6 Gruppen, beim Bereitschaftszug.

In diesem zweiten Lehrjahr gibt es immer Polizistinnen und Polizisten, welche entweder aufgrund mangelnder Fähigkeit das im theoretisch erlernte in die Praxis umzusetzen oder aufgrund ihres Teamverhaltens aus der Gruppe ausgestossen werden respektive den Anschluss verliert.

Seit 3 Jahren werden, seitens Polizeileitung, solche Leistungsschwachen und / oder Teamunfähige Polizistinnen und Polizisten, mit sogenannten Neuausrichtungen in der Zielformulierung aus der angestammten Gruppe in eine andere Gruppe versetzt. In allen mir bekannten Fällen hat diese Versetzung die Kündigung der/s Polizistinnen und Polizisten zur Folge. Sei es von seiten des Betriebes oder auf Wunsch des Versetzten.

 

Meine Beobachtungen zu dieser Massnahme:

Mit jedem Neubeginn des zweiten Ausbildungsjahres spielen sich in den neu formierten Gruppen dieselben 5 Phasen des Gruppenprozesses ab.

 

 

(Reihenfolge der Phasen bleibt vorbehalten)

Phase 1 = Orientierungsphase

(Ängste, Erwartungen, Bedürfnisse, Suche nach Orientierung, Ausrichtung auf den Chef, Selbstausrichtung, Suche nach namenbestimmenden Rollen, Normenbildung, Platz finden, Sicherheit)

Phase 2 = Differenzierungsphase

(Realitätsfindung, Selbstbewusste treten besonders hervor, "Sinn" – Frage, erste Subgruppen werden akzeptiert, sich selber akzeptieren)

Phase 3 = Konfliktphase

(Ambivalenz, Misstrauen / Chef – MA, Suche nach Regeln, Konsensbildung, Kampf, Bildung neuer Subgruppen, Sündenböcke / Führerfiguren, Rückzug der weniger Selbstbewussten, Festigung der gebildeten Normen)

Phase 4 = Harmoniephase

("Wir" Gefühl, Geborgenheit, Paarbildung, Arbeitslust, Produktivität)

Phase 5 = Ablösungsphase

(Trennschmerz, Infragestellen des Erfolges, Abschied, Diskussion der Rollen, Wunsch nach Feedback, Ablösung, Transfer)

Es spielt nun keine Rolle in welcher der 5 Phasen sich eine Gruppe befindet aus welcher ein/e Polizistinnen und Polizisten herausgenommen wird und versetzt wird. Viel wichtiger ist die Tatsache, dass die neue Gruppe, in welche die/r versetzte Polizistinnen und Polizisten gekommen ist, innert kürzester Zeit eine Konfliktphase durchläuft. Der Grund der entstandenen Konfliktphase wird immer der/dem Neuen zu geschrieben. Auch die Rolle des Sündenbockes ist schnell verteilt !

Aufgrund dies Resultates drängt sich, aus meiner Sicht, eine Analyse des Vorgehens (Versetzung der betroffenen Person) auf.

Verschiedene Möglichkeiten:

Beibehalten des bisherigen Vorgehens:

Dabei handelt es sich um die einzige Variante bei welcher auf aus der Vergangenheit gemachte Erfahrungen zurückgegriffen werden kann. Gleichzeitig handelt es sich aber um eine aus Sicht des Betriebes und aus Sicht des/der Betroffenen schlechte Variante, weil das Resultat bis anhin für beide Parteien negativ ausgefallen ist (Kündigung).

Mit neu ausgerichteten Zielformulierungen und gegenseitig festgelegtem Zeithorizont in der angestammten Gruppe belassen.

Dabei handelt es sich aus meiner Sicht um die Variante welche die besten Chancen auf Erfolg hat, aus Sicht des Betriebes, aus Sicht des/der Betroffenen und im Hinblick darauf, dass die Gruppe sich mit einer neuen, sechsten Phase, der Solitaritätsphase, auseinandersetzen muss.

Aus Sicht des Betriebes gesehen besteht, obwohl auf keinerlei Erfahrung zurück gegriffen werden kann, die Möglichkeit auf eine Leistungssteigerung. Also ein Gewinn. Aus Sicht des/der Betroffenen betrachtet, könnte unter Beweis gestellt werden, dass die Kapazitäten vorhanden sind, sei es aus eigenem Antrieb oder unter Mithilfe dritter, das eigene Teamverhalten zu ändern und oder gerade deshalb die Leistung zu steigern. Aus der Sicht der Gruppe betrachtet, lernen die Gruppenmitglieder, dass ein Team bis zu einem gewissen Punkt Mitverantwortung hat, Leistungsschwäche mit zutragen. Sei es durch sanfte Umerziehung im Gespräch, durch sanften Gruppendruck und/oder durch Verbaleüberzeugung und Vorbildfunktion.

Vorzeitige Kündigung ohne Neuformulierung der Ziele

Dabei handelt es sich um eine Variante, welche sicherlich nur in ganz aussichtslosen Fällen zur Anwendung gelangen darf.

Belassen der Tatsache, einen leistungsschwachen, unrentablen Mitarbeiter mit zu tragen (Hoffen darauf, dass sich der/die Mitarbeiter/in aus eigener Initiative in seiner Leistung und seinem Teamverhalten steigert)

Auf diese Variante wird in einem Betrieb, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nur zurückgegriffen, wenn dem oder der Mitarbeiter/in ein zeitlich begrenzter Leistungsabfall und eine dadurch verursachten momentanen Störung im Teamverhalten diagnostiziert werden kann.

 

 

 

Christoph Jost