Auswertung und weiterführende Gedanken

Voller Spannung habe ich in die Woche vorausgeschaut. In den Wochen vor Beginn waren sehr viele organisatorische Dinge zu erledigen. Kurzfristige Ab-und Anmeldungen mussten geregelt werden, die Infrastruktur fertiggestellt-und Kalkulationen berechnet werden, sowie Inhalte und Arbeitsweisen festgelegt werden. Die Wegleitung und die abgelegten Texte von Rolf auf der Homepage skizzierten den Lernweg und legten den Rahmen der Zusammenarbeit in der Woche fest. Es war geschafft. Ich freute mich, das in der kurzen Zeit das Arbeiten auf der Ranch geebnet und ein genügend grosses vielfältiges Lernangebot gestaltet war. Die Reise konnte beginnen.

Ich bin davon ausgegangen, das alle sich inhaltlich auf die Woche vorbereitet hatten, und ihre Fragen und die persönlichen Ziele formuliert hatten. Damit wir rasch zu einer gemeinsamen Zusammenarbeit finden konnten.

Nach meinem Verständnis war ich Teilnehmerin und gleichzeitig auch Leitung sowie alle anderen auch. Ich hatte meinen Plan und wollte am ersten Tag beginnen, und als ich gerade nach ca. 30 Sekunden im Plenum beginnen wollte, hatte es schon begonnen -ohne das ich wusste – wie ? Das Schweigen war das Thema. Ich war irritiert, weil nach meinem Empfinden - war es nur für einen Moment lang still. Das Tempo der Prozess lief weiter und ich hielt noch an meinem Plan fest, den ich vorher in akribischer Arbeit zu Papier gebracht hatte. Ich merkte, obwohl ich eigentlich eine schnelle-effiziente Auffassungsgabe habe, das ich in der Zusammenarbeit mit anderen eher langsam bin. Wenn ich etwas höre, habe ich das nicht unbedingt verstanden, und wenn ich etwas verstanden habe, dann habe ich es nicht unbedingt begriffen. So hörte ich viel-ohne zu verstehen und zu begreifen, und habe viel verstanden ohne zu hören. Für mich in dieser Woche war die grösste Herausforderung zu hören zu lauschen, und in mir zu erforschen was ich begreifen soll oder nicht. Jedes Einzelne in der Gruppe war mein Reflektionsschild, in dem ich mich wiedererkannte. Ich lernte so unbeschreiblich viel, das ich vieles zum jetzigen Zeitpunkt noch garnicht wirklich erfassen konnte. Es lebe die Langsamkeit !

Am Anfang sagte Rolf das- was ich auch sagen wollte, und ich fühlte eine nicht ausgesprochene Übereinstimmung, die mich zurücklehnen liess. Die Sache mit der Co-Existenz begann ich zu begreifen. Also blieb ich konsequent bei mir. Wenn ich das mache was für mich gut ist, dann ist das auch für alle anderen gut. Ich stellte dann fest, dass ich zweimal versuchte mich als „Leitung“ einzubringen, weil ich dachte, dass das für die Gruppe gut sein könnte. Es funktionierte nicht. Ich lehnte mich zurück. Eine Gruppe leiten - steuern wollen - wenn sie nicht will - ist unmöglich, dies hatte ich schon gewusst. Ich änderte meine Position meine Sicht. Ich nahm Teil war Teilnehmende und brachte mich ein, da wo ich es wollte und für nötig fand. Ich bin verantwortlich für das was ich mache, aber auch für das was ich nicht mache. Von Einzelnen in der Gruppe habe ich unausgesprochene Erwartungen über die Einhaltung der Zertifizierungsbestimmungen und eingreifen bei dysfunktionalem Verhalten wahrgenommen. Auch die Erwartung das die Woche wie ein gewohnter Unterricht ablaufen soll. Ich habe die Wegleitung so verstanden, dass die Erfahrungen der Gruppe genutzt werden sollen, um die Inhalte der Gruppendynamik verknüpfen

zu können. Und das haben wir gemacht. Ich merkte, dass offensichtlich unterschiedliche Verständnisse darüber bestehen, was in der Wegleitung steht. Sollte ich mich als Leitung dafür verantwortlich fühlen ob die Wegleitung gelesen wurde, und wie verstanden wurde ? Sollte ich mich auch für die Störungen der Einzelnen verantwortlich fühlen ? Meine Schwierigkeit beginnt, wenn Störungen nicht formuliert werden und ich sie nicht hören kann. Ich merkte, dass ich mich in die Rolle der „Lehrerin“ drängen liess. Verantwortung wurde deligiert. Ich verspürte einen innerlichen Groll. Einen Groll den ich in der Erwachsenenbildung immerdann verspüre, wenn Strukturen, Wegleitung, Diskussionen über Standarts und Qualität das „Lernen/ Leben“ reduzieren. Und wenn die Verantwortung für das eigene Lernen nicht übernommen wird. Interessanterweise scheinen alle KursleiterInnen damit auch ihre Mühe zu haben, aber wenn sie selber Kusteilnehmer sind, verhalten sie sich ähnlich wie ihre eigenen KursteilnehmerInnen. Für mich ein typisches Phänomen Konflikte zu verschieben, zu deligieren.

Da wir alle KurleiterInnen sind und nicht Schüler, war ich dann wieder erstaunt, dass die Wegleitung nicht zum Thema in der Gruppe wurde, diese Stand im Raum. Die Werte und Normen der Gruppe wurden nicht ausgesprochen. In der Rolle als Ausbildungsverantwortliche in einem Betrieb ist das mein Dauerthema- einen vernüftigen Umgang mit Erwachsenen und Reglementen und deren Umsetztung zu finden. Eine Intervention in diese Richtung wurde nicht aufgegriffen. Das habe ich bedauert. Also war es für die Gruppe kein Problem. Ich beschloss nur das zu hören was direkt ausgesprochen wurde. Probleme anderer nicht zu meinen zumachen. Denn ich hatte kein Problem. Ich fühlte mich wohl.
Jetzt im nachhinen hätte ich gerne darüber diskutiert.

Am Donnerstag wollte ich gestalten. Durch etwas machen reflektiere ich. Die Wortproduktionen, welche in der kleinen Gruppe enstanden sind, werde ich weiterverarbeiten. Mein Anliegen war, „ das die Schüler nicht am Ende das wissen, was ich am Anfang schon wusste“. Ich lernte sehr viel und das gemeinsame entwickeln führte für mich zu zentralen Aussagen in bezug auf meine Arbeit in und mit Gruppen. In der kleinen Gruppe erlebte ich das alle ihre Funktion für die Aufgabenstellung wahrgenommen haben. Diese Arbeitsweise möchte ich in Zukunft vermehrt praktizieren.

Open Space fand ich als Teilnehmende toll, ich konnte für mich frei entscheiden an was, und wie ich arbeiten wollte. Als Leitung bin ich zwischenzeitlich ziemlich nervös geworden. Untergruppen hatten sich bebildet, und die vielfältigen Erkenntnisse hätten gegenseitig transparent gemacht werden können. Ich verspürte den Wunsch nach Strukur, wollte moderieren, zusammenhalten, bündeln und Erkenntnisse ausspucken lassen. Ich merkte aber, dass ich mich nicht durchsetzten konnte. „Je mehr loslassen, dann mehr Freiwilligkeit“. Dies habe ich bei den Pferden erfahren. Ich habe es eigentlich schon gewusst, aber es ist immernoch schwer konsequent durchzuziehen. Na ja !

Die Feedbacks am Freitag waren Klasse. Besonders die mit „man sollte“.
Hier die Sammlung:
Arbeit auf der Ranch
_ Mehr Beobachtungssitutaionen bei den Pferden einplanen
_ 50 % der Arbeit mit den Pferden hat den persönliche Lernprozess unterstützt
_ Erweiterung vom Horizont
_ Arbeit mit den Pferden war nicht notwendig und doch interessant im Sinne einer Horizonterweiterung -wirkungsvolle Kombination
_ Pferde war der Aufhänger
_ Wahlmöglichkeiten und die Vielfalt waren günstig für den persönlichen Lernprozess
_ Die Kulisse der Ranch noch mehr mit Inhalten verbinden und Erfahrungen mit den Pferden übertragen
_ Regelmässige Feedbackrunden
_ Zeitrahmen klarer deklarieren
_ Transparenz vom Programm
_ Programm hat gefehlt
_ Klagemauer , damit Störungen gesammelt werden können
_ Kein Programm zu haben war positiv der Prozess konnte erlebt werden
_ Mehr Zeit einplanen für das Lerntagebuch
_ Mehr Transparenz in bezug auf die Störungen
_ Die ungewöhnliche Arbeit /Zusammenarbeit soll bestehen bleiben
_ Nicht das was ich schon kenne hat Spuren hinterlassen und mein persönliches Lernen unterstützt
_ Das Spezielle hinterlässt Spuren
_ Vielfalt ermöglichen –die Anzahl der Lernmöglichkeiten erhöhen...

Ich weiss jetzt was noch alles zu tun ist, wenn ich das Angebot Gruppenprozzess begleiten auf der Ranch in Zukunft in der Migros etablieren möchte. Ungewöhnliches hinterlässt Spuren. So bin ich mit dem wie es war sehr zufrieden.

Folgende Spuren habe ich gelegt, diese werde ich weiterverfolgen:
_ Ich werde die Wortspiele mit Wiesel weiterverarbeiten, und die Bilder in andere Formen transferieren. Ich verspreche mir davon weitere Hinweise über das
Sichtbarmachen von Lernprozessen zu erhalten. Ich möchte Lehrmittel produzieren.
_ Ich möchte verschiedene Aspekte vom Feedback berücksichtigen
_ Ich werde das Konzept der Co - Existenz noch bewusster leben.
_ Ich will am Ende des Unterrichtes wissen was die Schüler schon wussten.

Ich erlebte in der Woche unglaublich tolle Auseinandersetzungen, Gespräche, Erfahrungen, eine grosse Lernvielfalt, Nähe, Lachen, und Zusammensein.
Wenn es gelungen ist jeden Einzelnen dahin zu sensiblisieren in Zukunft seine Aufgaben und seine Funktion bewusster wahrzunehmen, dann hat sich für mich viel erfüllt.


Für die Offenheit und das Vertrauen möchte ich allen danken.


 

Liebe Sabine

Du schreibst: "Als Leitung bin ich zwischenzeitlich ziemlich nervös geworden. Untergruppen hatten sich bebildet, und die vielfältigen Erkenntnisse hätten gegenseitig transparent gemacht werden können. Ich verspürte den Wunsch nach Strukur, wollte moderieren, zusammenhalten, bündeln und Erkenntnisse ausspucken lassen".

Dabei fallen mir zwei Dinge ins Auge. Zuerst frage ich mich, inwiefern Du "als Leitung" und nicht als Teinlnehmerin nervös geworden bist. Viel mehr irritiert mich aber, dass Du am Schluss mehr Transparenz gesucht hast, während die andern Leiter/TeilnehmerInnen vor allem am Anfang mehr Transparenz wollten. Ich glaube, ich habe überhaupt nicht verstanden, was Transparenz sein könnte.

In der Open Space - Technologie wird ganz bewusst auf Präsentationen von den einzelnen Teilgruppen verzichtet. Das ist das, was mir am ganzen Open Space am besten gefällt. Mit (vorhandener oder fehlender) Transparenz kann ich das so wenig in Verbindung bringen, wie wenn ein Lehrer von Lernzielen spricht, wenn er Lehrziele meint - das habe ich als Transparenzanliegen am Anfang verstanden.

Ich glaub mir fehlt der Durchblick - ob da Transparenz helfen würde?


herzliche Grüsse
Rolf
 

> ... Erkenntnisse ausspucken lassen
 
genau das isses, heute weiss ich das ich als sabine nervös geworden bin, und meiner vorstellung von effizienz gerecht werden wollte..die idee das alle voneinander profitieren könnten, wenn sie voneinander hören was sie gelernt haben......

> ... während die andern Leiter/TeilnehmerInnen vor allem am Anfang mehr Transparenz wollten.
 
ja das ist interessant, dieses bedürfnis hatte ich am anfang garnicht, da für mich ja alles durchsichtig war....die durchsicht hatte ich am ende nicht mehr....
für mich ist transparenz ...durchscheinen lassen, was flüchtiges, was durchsichtiges...

> ... was mir am ganzen Open Space am besten gefällt.
 
genau, weil das so ist habe ich bemerkt, dass ich lernen muss loszulassen, und mich von gewohnten arbeitsweisen trennen muss...oder vielmehr eine andere sicht einnehmen kann/muss... open space habe ich jetzt begriffen, vorher habe ich es nur verstanden....
 
herzlichst sabine