Modul – Auswertung
Gruppenprozesse begleiten
von Regina Imhof
Das Geschehen i n der Gruppe hat mich diese vier Tage einerseits gefesselt aber auch gerüttelt.
ImVorfeld
In meiner Wirklichkeit kann ich nicht auf Gruppenerfahrungen zurückgreifen, die ausserhalb der Familie stattfinden. Ich kenne Skilager oder Landschulwochen nur aus der Mutterperspektive und kann kein Erlebnislernen damit verbinden. Aus diesem Grund habe ich etwas nachgeholt, was viele meiner Gruppenmitglieder aus ihrer Kindheit kannten.
Ich stand im Vorfeld dieser Woche ziemlich unter Druck. Zum einen musste ich sämtliche Stellvertretungen planen ,zum anderen schwebte bis zum letzten Augenblick die Angst über mir, dass die gesundheitliche Situation meines Mannes eine Teilnahme unmöglich machen würde.
Die Umgebung, der Ort
Die Abgeschiedenheit , die Dominanz der Natur sagte mir zu, denn nur da kann ich abschalten, eintauchen und mich für Neues öffnen. Durch diesen Tapetenwechsel konnte ich auch besser arbeiten, fühlen und in mich hineinhorchen.
Die Infrastruktur war zu meiner Überraschung wesentlich komfortabler als ich es erwartet hatte. Das Vierbett-Zimmer war für eine positive Erfahrung und das morgendliche Duschen lief ohne Vereinbarungen reibungslos, ritualmässig ab, was mich erstaunte und freute.
Die Anwesenheit der Pferde rief zahlreiche Erinnerungen an meine Studentenzeit wach und liess die aufregenden Jahre, die wir mit unsrer Tochter und ihrem eigenen Pferd erlebten, an mir vorüberziehen. So bekam ich bereits zu beginn einen positiven Emotionsschub, der mich die Woche über trug.
Ich und die Gruppe
Da ich bereits die alte Gruppe kannte, habe ich mich besonders um die vier Neuen bemüht. (André, Sepp, Ester und Edith) Das war unter anderem mein aktiver Beitrag zur Gruppendynamik, eben nicht immer auf die gleichen Personen zuzugehen, sondern absichtlich neue Verbindungen zu knüpfen, Brücken zu schlagen. Dabei habe ich entdeckt, was mich mit diesen Personen verbindet. Ich spürte intuitiv eine Sensibilität und Emotionalität, die mir den Zugang erleichterte.
Als beunruhigende Phase empfand ich das anfängliche lange Schweigen.
Da ich auch Ruhe und Stille suche, war es für mich durchaus auszuhalten. Was mir jedoch bewusst wurde, dass ich Schweigen als KL leichter akzeptieren kann als wenn ich Teilnehmerin bin.
Der Ausbruch der Störung am Dienstag lag in der Luft. Sie traf mich zutiefst, was bei mir den Helfertrip auslöste und ich versuchte, Christophs Gefühle zu interpretieren. Störungen wahrzunehmen, damit umzugehen und sie zu bearbeiten sind zwei paar Schuhe. Da wurde Rolfs Verhalten für mich modellhaft. Die Suche nach Alternativen zur Behebung der Störungen haben die Situation entdramatisiert und mir gezeigt, dass ich mich emotional nicht implizieren darf.
Die gewohnte Sitzordnung des Kreises zu brechen, war für mich eine bedeutsame Intervention, um physische und perspektivische Veränderungen hervorzurufen. Ich hatte den Eindruck, etwas in Bewegung gebracht zu haben.( 6.11.)
Der Mittwoch ( 7.11.) war für mich der arbeitsintensivste Tag. Denn einerseits erlebte ich durch Rolfs konsequente Inszenierung die Widerspiegelung des klassischen KL- Modells und andererseits die "abnormale" Art und Weise Grammatik zu unterrichten. Das Rollenspiel provozierte mich zur kurzen Übernahme der KL – Rolle mit dem Transfer zur Technik. Was mich dabei verblüffte war meine spontane Idee, den Vergleich von Grammatik und Technik als Einstieg zu benutzen. Wobei mein Motiv daraufhin abzielte, die Arbeitswelt der TN einzubeziehen und nicht wie bei Rolf die Grammatik als Maschine anzusehen. Unsere Motive waren grundverschieden aber das Vorgehen identisch.
Am Donnerstag (8.11.) befand ich mich auf dem Weg zum WIR. Der blaue Dativ wurde aktiv, denn meine Beziehungen zur Gruppe hatten sich verändert. Ich wusste wem ich vertrauen kann und von wem ich " Futter" bekomme. Das waren für mich aber keineswegs ausschlaggebende Auswahlkriterien. Denn mir muss ein Gruppenmitglied nicht nur fachlich etwas geben, sondern ich brauche auch eine harmonische Beziehung. In meinem Unterricht begleitet mich ein positives Menschenbild. Ich erwarte von den TN eigene Entscheidungen und lasse ihnen Freiräume. Mein durch Empathie geleiteter Unterricht berücksichtigt vor allem die Person.
Bei der abschliessenden Feedback-Runde wurde mir klar, welche Normen mir im KL-Dasein wichtig sind.
Mein Feedback an Rolf soll auch mein Schlusswort sein
Upside down Rolf you turned me...
Mein traditionelles KL-Bild ist aus den Fugen geraten. Ich bin mir bewusst, dass ich zur Zeit ausserhalb meiner eingefahrenen Spuren stehe oder liege. Ich muss die neu gelegten Spuren vertiefen und das was ich tue, - ich weiss, dass es gut ist, - bewusst tun .
Dir, Sabine gilt mein besonderer Dank, dass du viel vertrauen und Zuversicht in mich setzt.
Herzlich Regina
Liebe Regina
"Upside down" - ich habe lieber Upside up. Nach dem geflügelten Wort hat Marx Hegel auf die Füsse gestellt, nicht auf den Kopf. Aber gemeint ist damit ohnehin etwas eigenartiges, den Hegel war damals schon lange tot. Marx hat durch seine Formulierungen einfach gezeigt, dass man quasi alles umgekehrt auch sagen kann. Wenn der Leserin/Hörer versteht, kann man so oder so rum spielen. Der Witz der Geschichte ist: Die Leser/Hörerin entscheidet, was gesagt wurde. Und wenn Du jetzt gerne kopfstehst - auch gut, den die besten Yogi tun es so.
"aus den Fugen geraten" - Beim zügeln, und das mache ich öfters, zerlege ich meinen Kasten. Mein Kasten könnte da von sich sagen, er sei aus den Fugen geraten. Aber ich sage natürlich nicht, er sei "geraten", ich sage, ich habe ihn aus den Fugen genommen, um ihn - am neuen Ort - erneut zu fügen. Und so halte ich es auch mit meinen Bildern. Ich nehme sie auseinander (unfreeze), schaue sie an, finde sie gut (change), und füge sie wieder zusammen (freeze). Bei mir sind die neuen Spuren meistens sehr genau über den alten - und das freut mich jeweils sehr. Viel Erfolg in Deiner neuen Spur.