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Zusammenfassungen aus der Wikipedia

Arendt, Hannah: Vita activa oder Vom tätigen Leben. (zuerst 1960) Piper, München, Zürich 2002, ISBN 3-492-23623-5 (englisch: The human condition. (zuerst 1958) University of Chicago Press, Chicago 1998, ISBN 0-226-02598-5.

Kurzfassung: de.wikipedia.org/wiki/Hannah_Arendt#Vita_activa_oder_Vom_tätigen_Leben

Im Gegensatz zu Heidegger begründete Arendt ihr Denken von der Geburt des einzelnen Menschen her und nicht vom Tod. In ihrem 1958 veröffentlichten, sich hauptsächlich auf Philosophie beziehenden zweiten Hauptwerk The Human Condition, in deutscher Sprache – von ihr selbst übersetzt – unter dem Titel: Vita activa oder Vom tätigen Leben, 1960 erschienen, führt Arendt diesen Gedanken aus. Mit der Geburt beginnt die Fähigkeit, einen Anfang machen zu können. Das Individuum hat die Aufgabe, in Verbindung mit anderen Personen die Welt zu gestalten. Dabei geht es ihr um die Grundbedingungen aktiven menschlichen Lebens, die sie auf „Arbeiten, Herstellen und Handeln“ beschränkt. Davon unterscheidet sie das „Wesen“ und die „Natur“ des Menschen, die begrifflich nicht zu definieren und menschlicher Erkenntnis nicht zugänglich seien. Versuche, sie zu bestimmen, endeten „zumeist mit irgendwelchen Konstruktionen eines Göttlichen“.

Das Handeln ist ihrer Ansicht nach enger an die Gebürtlichkeit gebunden als das Arbeiten und Herstellen.

Arbeiten und Herstellen

Die Arbeit dient dem Fortbestand des Einzelnen und der Gattung. Daher gehört Arbeit notwendig zum menschlichen Leben, aber auch zu dem jedes anderen Lebewesens. Arbeit ist, so sieht es Arendt, nicht mit Freiheit verbunden, sondern stellt einen Zwang zur Erhaltung des Lebens dar, dem der Mensch von der Geburt bis zum Tod ständig unterliegt.

Auf der Grundlage der Arbeit beginnt das Individuum über die Endlichkeit seines Daseins nachzudenken. Um dieser Gewissheit zu entfliehen, baut der Mensch neben der natürlichen eine eigene künstliche Welt auf, für die er Dinge aus unterschiedlichen Materialien herstellt. Arendt geht davon aus, dass diese Welt beständig ist, und das Individuum eine Beziehung zu den hergestellten Dingen und Phänomenen aufbauen kann. Ein Beispiel dafür ist das Gefühl des „nach Hause Kommens“. In einer sich ständig ändernden Welt kann der Mensch sich nicht zu Hause fühlen.

Die von Arendt eingeführte Unterscheidung zwischen „Arbeiten“ und „Herstellen“ bezieht sie auch auf die Produktion. Als Produkte der Arbeit bezeichnet sie Konsumgüter, die „verbraucht“ werden, während Produkte des Herstellens oder des Werkens „gebraucht“ werden.

Handeln

Das Handeln schließlich, soweit es der Gründung und Erhaltung politischer Gemeinwesen dient, schafft die Bedingungen für eine Kontinuität der Generationen, für Erinnerung und damit für Geschichte. Es spielt sich zwischen den Individuen ab und zeigt gleichzeitig die Einzigartigkeit, die Verschiedenheit und Pluralität der Menschen. Der einzelne Mensch kann, argumentiert Arendt, in einer Gesellschaft überleben, ohne jemals selbst zu arbeiten oder selbst etwas herzustellen.

Handeln besteht in politischer Interaktion, welche für Arendt fundamental ist. Kommunikation, d. h. „Finden des rechten Wortes im rechten Augenblick“ ist bereits Handeln. „Stumm ist nur die Gewalt, und schon aus diesem Grunde kann die schiere Gewalt niemals Anspruch auf Größe machen.“[138] Arendt betont: auch wenn der Einzelne noch weiß, dass er ein Mensch ist, so wird er anderen ohne Handlungen nicht als solcher erscheinen. Der für die deutsche Ausgabe gewählte Titel: Vita activa beruht auf diesem Gedankengang.

Handeln findet im öffentlichen Raum statt. Am klarsten realisiert war dies für Arendt in der griechischen Polis, wo das Arbeiten im privaten Raum des Haushalts – mit allen Folgen einer Zwangsherrschaft – stattfand, während sich das Handeln im öffentlichen Raum auf der Agora abspielte. Dieser öffentliche Platz war der Ort der Vita activa, der politischen Kommunikation, Gestaltung und Freiheit unter Gleichen.

Vom Verständigungsprozess im politischen Raum zur Massengesellschaft

Demgegenüber kam es, so Arendt, im Mittelalter auf der Grundlage christlicher Dogmatik zu einer Verschiebung. Die höchste Freiheit für den Menschen lag nun in der auf Gott ausgerichteten „Vita contemplativa“. Dabei wurde das Element des handwerklich-künstlerischen Herstellens höher bewertet als das (philosophische) Denken und (politische) Handeln. Der Mensch wurde zum Homo faber, d. h. Erschaffer einer künstlichen Welt. Das „sprachlose Staunen“, welches seit der Antike als „Beginn und Ende aller Philosophie“ galt und nur Wenigen zugänglich war, verlor an Bedeutung zugunsten des „betrachtend anschauenden Blicks der handwerklich-Schaffenden“.[139]

Arendt kritisiert die christlich-abendländische Philosophie. Zwar hätten die meisten Philosophen sich zu politischen Fragen geäußert, aber kaum einer habe unmittelbar am politischen Diskurs teilgenommen. Als Ausnahme sah sie lediglich Machiavelli. Auch wenn bei Hegel das Politische eine Aufwertung gefunden habe, wendet sich Arendt vor allem gegen die Vorstellung Hegels von der Notwendigkeit der geschichtlichen Entwicklung. Die Idee des Absoluten als Ziel der Geschichte führe zur Ideologie und damit zur Rechtfertigung von undemokratischen Praktiken und schließlich am Ende zu den Formen der totalen Herrschaft.

Das moderne Individuum entfernt sich ebenfalls vom Politischen auf Grund der „radikalen Subjektivität seines Gefühlslebens“ durch „endlose innere Konflikte“. Die Einzelnen werden gesellschaftlich normiert, Abweichungen von dieser Norm als asozial oder anormal verbucht. Es kommt zum Phänomen der Massengesellschaft mit der Herrschaft der Bürokratie. Dabei werden die sozialen Klassen und Gruppierungen einander angeglichen und mit gleicher Macht kontrolliert. Das Gleichmachen, der Konformismus in der Öffentlichkeit, führt dazu, dass Auszeichnungen und „Besonderheit“ zu Privatangelegenheiten von Individuen werden. Große Anhäufungen von Menschen entwickeln die Tendenz zur Despotie, entweder eines Einzelnen oder zum „Despotismus der Mehrheit“.[140]

Auch in der Vorstellung der Geschichtlichkeit als Grundbedingung der menschlichen Existenz bei Heidegger bleibt für die Autorin das Denken in der Kontemplation verhaftet. Eine „Vita activa“ erfordert aber die Fragen nach den Prinzipien des Politischen und den Bedingungen der Freiheit. Als Ansatz hierzu sah Arendt wie Jaspers die Moralphilosophie Kants, in der die Frage nach den Bedingungen der menschlichen Pluralität im Vordergrund gestanden habe. Kant habe nicht nur Staatsmänner und Philosophen betrachtet, sondern alle Menschen als Gesetzgeber und Richter angesehen und sei so zu der Forderung nach einer Republik gekommen, der sich die Forscherin anschließt.

In diesem Werk geht Arendt der historischen Wandlung von Begriffen wie Freiheit, Gleichheit, Glück, Öffentlichkeit, Privatheit, Gesellschaft und Politik nach und beschreibt genau den Bedeutungswandel im jeweiligen historischen Kontext. Dabei ist ihr Bezugspunkt das antike Griechenland, insbesondere zur Zeit des Sokratischen Dialogs. Ihrer Auffassung nach gilt es, die verlorenen Bereiche des Politischen wiederum in der Gegenwart modifiziert zu verankern und damit die Fähigkeiten politisch denkender und handelnder freier Individuen, die versuchen, sich voreinander auszuzeichnen, fruchtbar zu machen. Im Gegensatz dazu sieht sie den verbreiteten Behaviorismus, der darauf abziele, den Menschen in allen seinen Tätigkeiten „auf das Niveau eines allseitig bedingten und sich verhaltenden Lebewesens zu reduzieren“.[141]


Längere Fassung de.wikipedia.org/wiki/Vita_activa_oder_Vom_tätigen_Leben

Vita activa oder Vom tätigen Leben

Vita activa oder Vom tätigen Leben ist das philosophische Hauptwerk der politischen Theoretikerin Hannah Arendt. Die auf Vorlesungen beruhende Arbeit wurde zunächst 1958 in den USA unter dem Titel The Human Condition veröffentlicht. Die deutsche Fassung erschien 1960, von ihr selbst übersetzt. Vor dem Hintergrund der Geschichte politischer Freiheit und selbstverantwortlicher aktiver Mitwirkung der Bürger am öffentlichen Leben in den USA entwickelte Arendt darin eine Theorie des politischen Handelns.

Überblick

Arendts Text ist in sechs Hauptkapitel untergliedert: Das Eröffnungskapitel Die menschliche Bedingtheit ist der Entwicklung ihres Leitbegriffs, der Vita activa, gewidmet. Das zweite Kapitel dient der Unterscheidung zwischen dem „Raum des Öffentlichen“ und dem „Bereich des Privaten“. In den anschließenden Kapiteln drei bis fünf stellt sie unter den Überschriften Die Arbeit, Das Herstellen und Das Handeln jeweils zentrale menschliche Hervorbringungsprozesse in den Mittelpunkt ihrer Analyse. Im Schlusskapitel Die Vita activa und die Neuzeit beschreibt sie die einschneidenden Wandlungsprozesse zwischen europäischer Vormoderne und Moderne und endet mit ihrer Diagnose vom „Sieg des Animal laborans“, wonach das politische Handeln durch Konformität und Funktionalität begrenzt werde.

Die Möglichkeit, einen Anfang zu machen, als Voraussetzung eines aktiven politischen Lebens

Im Gegensatz zu Heidegger begründet Arendt ihr Denken von der Geburt des einzelnen Menschen her und nicht vom Tod. In Vita activa führt sie diesen Gedanken der „Gebürtlichkeit“ („Natalität“) aus. Mit der Geburt beginne die Möglichkeit, einen Anfang machen zu können. Das Individuum habe die Aufgabe, in Kooperation mit anderen Individuen die ihnen gemeinsame Umwelt aktiv zu beeinflussen, zu formen. Dabei geht es ihr um die basalen Existenz- und Persistenzbedingungen menschlichen Lebens, die sie auf drei „Grundtätigkeiten“ beschränkt: „Arbeiten, Herstellen und Handeln“ (nach den altgriechischen Begriffen ponos, poiesis und prāxis). Als davon unabhängig und letztlich nicht beschreibbar charakterisiert sie das menschliche „Wesen“ bzw. die menschliche „Natur“, die weder terminologisch noch ontologisch zu definieren seien. „Versuche, das Wesen des Menschen zu bestimmen, [enden] zumeist mit irgendwelchen Konstruktionen eines Göttlichen.“[1]

„Alle drei Grundtätigkeiten […] sind nun nochmals in der allgemeinsten Bedingtheit menschlichen Lebens verankert, daß es nämlich durch Geburt zur Welt kommt und durch Tod aus ihm wieder verschwindet. Was die Mortalität anlangt, so sichert die Arbeit das Am-Leben-Bleiben des Individuums und das Weiterleben der Gattung; das Herstellen errichtet eine künstliche Welt, die von der Sterblichkeit der sie Bewohnenden in gewissem Maße unabhängig ist und so ihrem flüchtigen Dasein so etwas wie Bestand und Dauer entgegenhält; das Handeln schließlich, soweit es der Gründung und Erhaltung politischer Gemeinwesen dient, schafft die Bedingungen für eine Kontinuität der Generationen, für Erinnerung und damit für Geschichte.“

Das Handeln sei enger an die Gebürtlichkeit gebunden als das Arbeiten und Herstellen. Jeder, der neu in diese Welt geboren werde, besitze die Potenz, wiederum einen Anfang zu machen, also aktiv und damit verändernd zu handeln.[2]

Arbeiten und Herstellen

Die Arbeit als erste Komponente der Vita activa „entspricht dem biologischen Prozess des menschlichen Körpers“. Sie dient dem Fortbestand der Gattung. Daher gehört Arbeit notwendig zum menschlichen Leben, aber auch zu dem jedes anderen Lebewesens. Arbeit ist, so sieht es Arendt, nicht mit Freiheit verbunden, sondern stellt einen Zwang zur Erhaltung des Lebens dar, dem der Mensch von der Geburt bis zum Tod ständig unterliegt.

Auf der Grundlage der Arbeit, die seine Existenz sichert, beginnt der Mensch über die Endlichkeit seines Daseins nachzudenken. Um dieser Gewissheit zu entfliehen, schafft er sich eine Welt aus Dingen, die er mit „Geist“ und „Kraft“ aus unterschiedlichen Materialien herstellt und die seine Lebenszeit überdauern. Das Wichtige ist hierbei, dass der Mensch sich nicht nur in einer Umgebung wiederfindet, so wie jedes Tier es tut, sondern er baut eine eigene Welt auf. Arendt geht davon aus, dass diese Welt beständig ist. Die einzelnen hergestellten Dinge, die sie ausmachen, sind so dauerhaft, dass das Individuum eine Beziehung dazu aufbauen kann. Eine starke Form einer solchen Beziehung stellt zum Beispiel das Gefühl des „nach Hause Kommens“ dar. Ohne gewisse beständige Eigenschaften des „zu Hause Seins“ kann eine Beziehung nicht aufgebaut werden. In einer sich ständig ändernden Welt kann der Mensch sich nicht zu Hause fühlen.

Die von Arendt eingeführte Unterscheidung zwischen Arbeiten und Herstellen bezieht sie auch auf die Produktion. Als Produkte der Arbeit bezeichnet sie Konsumgüter, die „verbraucht“ werden, während Produkte des Herstellens oder des Werkens „gebraucht“ werden.

Handeln

Die dritte Komponente stellt das Handeln dar, das sich „zwischen“ den Individuen abspielt und zugleich die Einzigartigkeit und Pluralität menschlichen Seins veranschaulicht. Das Handeln ist im ontologischen Sinne eine menschliche Fähigkeitsoption. Jedes Individuum kann, argumentiert Arendt, gesellschaftlich existieren, ohne jemals selbst zu arbeiten oder selbst etwas herzustellen. Handeln hingegen stellt den Kern menschlicher Interaktion und damit politischen Existierens dar, was für Arendt eine fundamentale Eigenschaft menschlichen Seins ist. Kommunikation, d. h. „Finden des rechten Wortes im rechten Augenblick“ ist immer schon Handeln. „Stumm ist nur die Gewalt, und schon aus diesem Grunde kann die schiere Gewalt niemals Anspruch auf Größe machen.“[3] Das Bewusstsein des eigenen Menschseins könne zwar auch ohne zu handeln beim Individuum vorhanden sein, für die anderen menschlichen Handelnden werde aber dieses nicht-handelnde Individuum niemals als Mensch wahrnehmbar sein.

Handeln ist für Arendt wesentlich mit dem öffentlichen Raum verknüpft, ohne ihn nicht ausführbar oder denkbar. Am deutlichsten erkennbar wird dies, so Arendt, am Beispiel der antik-griechischen Polis, in der das Arbeiten, zumindest in ihrer historischen Perspektive, zum privaten Raum des Haushalts („Oikos“) gehört, während sich das gemeinschaftliche Handeln der individuellen Vollbürger der Polis im öffentlichen Raum auf dem Marktplatz (der Agora) abgespielt habe. Für Arendt scheint in dieser Epoche der europäischen Geschichte der paradigmatische Ort der Vita activa auf, der politischen Kommunikation und Interaktion unter Bürgern, die allesamt im Besitz der gleichen Freiheitsrechte gewesen seien. Obwohl Aristoteles die höchste Erfüllung in der Vita contemplativa, mithin in der philosophischen Suche der Weisheit, sah, erachtete er den Menschen nichtsdestoweniger als wesenhaft politisch (zoon politikon).

Vom Verständigungsprozess im politischen Raum zur Massengesellschaft

Demgegenüber kam es, so Arendt, im Mittelalter auf der Grundlage christlicher Dogmatik zu einer Verschiebung. Die höchste Freiheit für den Menschen lag nun in der auf Gott ausgerichteten Vita contemplativa. Dabei wurde das Element des handwerklich-künstlerischen Herstellens höher bewertet als das (philosophische) Denken und (politische) Handeln. Der Mensch wurde zum Homo faber, d. h. Erschaffer einer künstlichen Welt. Das „sprachlose Staunen“, welches seit der Antike als „Beginn und Ende aller Philosophie“ galt und nur Wenigen zugänglich war, verlor an Bedeutung zugunsten des „betrachtend anschauenden Blicks der handwerklich-Schaffenden“. [4]

Eine erneute Verschiebung der Werte ergab sich in der Neuzeit. Durch Ausweitung der Ökonomie in den öffentlichen Raum trat die gesellschaftliche Bedeutung der Arbeit immer mehr in den Vordergrund und ist in der modernen Massengesellschaft dominierend geworden. Der Mensch wurde zum „animal laborans“ (arbeitenden Tier). Ziel ist die möglichst hohe Steigerung der Arbeitsproduktivität und die Umwandlung aller Dinge in Konsumgüter. Der Begriff der Gesellschaft umfasst nunmehr auch tendenziell den politischen Bereich. Die Bedeutung des Politischen, des Handelns, ist somit in den Hintergrund getreten.

Arendt kritisiert die christlich-abendländische Philosophie. Zwar hätten die meisten Philosophen sich zu politischen Fragen geäußert, aber kaum einer habe unmittelbar am politischen Diskurs teilgenommen. Als Ausnahme sah sie lediglich Machiavelli. Auch wenn bei Hegel das Politische eine Aufwertung gefunden habe, wendet sich Arendt vor allem gegen die geschichtsphilosophische Vorstellung Hegels von der Notwendigkeit der geschichtlichen Entwicklung. Die Idee des Absoluten als Ziel der Geschichte führe zur Ideologie und damit zur Rechtfertigung von undemokratischen Praktiken und schließlich zu den Formen der totalen Herrschaft.

Das moderne Individuum entfernt sich ebenfalls vom Politischen auf Grund der „radikalen Subjektivität seines Gefühlslebens,“ der dauernd wechselnden „Stimmungen und Launen,“ die es in „endlose innere Konflikte“ verstricken. Die Einzelnen werden gesellschaftlich normiert. Abweichungen von dieser Norm werden als asozial oder anormal verbucht. Es kommt zum Phänomen der Massengesellschaft mit der Herrschaft der Bürokratie. Dabei werden die sozialen Klassen und Gruppierungen nivelliert. Alle Glieder der Gemeinschaft werden mit gleicher Macht kontrolliert. Das Gleichmachen, der Konformismus in der Öffentlichkeit führt dazu, dass Auszeichnungen und „Besonderheiten“ zu Privatangelegenheiten von Individuen werden. Große Anhäufungen von Menschen entwickeln die Tendenz zur Despotie, entweder eines Einzelnen oder zum „Despotismus der Mehrheit“.[5]

Auch in der Vorstellung der Geschichtlichkeit als Grundbedingung der menschlichen Existenz bei Heidegger bleibt für die Autorin das Denken der Kontemplation verhaftet. Eine Vita activa erfordert hingegen die Fragen nach den Prinzipien des Politischen und den Bedingungen der Freiheit. Als Ansatz hierzu sah Arendt wie Jaspers die Moralphilosophie Kants, in der die Frage nach den Bedingungen der menschlichen Pluralität im Vordergrund gestanden habe. Kant habe nicht nur Staatsmänner und Philosophen betrachtet, sondern alle Menschen als Gesetzgeber und Richter angesehen und sei so zu der Forderung nach einer Republik gekommen, der sich die Forscherin anschließt.

In diesem Werk geht Arendt der historischen Wandlung von Begriffen wie Freiheit, Gleichheit, Glück, Öffentlichkeit, Privatheit, Gesellschaft und Politik nach und beschreibt den Bedeutungswandel im jeweiligen historischen Kontext. Dabei ist ihr Bezugspunkt die Attische Demokratie, insbesondere zur Zeit des Sokratischen Dialogs. Ihrer Auffassung nach gilt es, die verlorenen Bereiche des Politischen wiederum in der Gegenwart modifiziert zu verankern und damit die Fähigkeiten politisch denkender und handelnder freier Individuen, die versuchen, sich voreinander auszuzeichnen, fruchtbar zu machen. Im Gegensatz dazu sieht sie den verbreiteten Behaviorismus, der darauf abziele, den Menschen in allen seinen Tätigkeiten „auf das Niveau eines allseitig bedingten und sich verhaltenden Lebewesens zu reduzieren.“[6]

Kritik

Ihr Schüler Richard Sennett (2008) behauptet, dass Arendt folgende Unterscheidung trifft, die er „für falsch hält, weil sie den praktisch tätigen Menschen zerlegt“: „Während «Animal laborans» auf die Frage des Wie fixiert ist, fragt «Homo faber» nach dem Warum.“[7] Sennett stellt heraus, dass auch das Animal laborans denken kann. Dieser Ansatz erfordere „ein tieferes Verständnis des Herstellens von Dingen, ein materialistischeres Engagement, als man es bei Denkern vom Schlage Hannah Arendts findet.“[8] Laut Sennett kann das „«Animal laborans» [...] «Homo faber» als Führer dienen.“[9]

Der marxistische Philosoph Helmut Seidel wendet sich gegen die Trennung von Arbeiten, Herstellen und Handeln bei Arendt. Volker Caysa (2010) zufolge ist für Seidel „Praxis (also Handeln) Herstellen durch Arbeit“. Seidel gehe von einer „konkreten Identität von Arbeit, Herstellen und Handeln“ aus, die durch ihre „Entfremdung in der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft getrennt“ erscheine.[10]


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