Der Ring


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Diskussion der Linie. Wir haben uns im letzten Traning einige Unterschiede zwischen der Ideallinie und der Kampflinie angeschaut. Wir haben dabei auch neue Formen der Ideallinie kennengelernt. Ein wesentlicher Punkt in der Beurteilung der Linie ist das Rückwärtslesen von Kurvenkombinationen. Man kann sich fragen, wo man am Schluss einer Kombination rauskommen will, und dann die Linie daraufhin optimieren. Allerdings muss man sich auch über die Kombination Gedanken machen. Wenn man sich durch Namen wie Fuchsröhre und Adenauer Forst beirren lässt, schneidet man eventuell Kurven auseinander, die zusammen gehören.

Einige Stellen am Ring sind exemplarisch geeignet für die Diskussion: vor allen andern der Adenauer Forst und der Wehrseifen.

Adenauer Forst

Zuerst zur Grundrisslinie, die natürlich durch die Zweidimensionalität verzehrt ist. Grün eingezeichnet ist die Ideallinie, also diejenige, in welcher die aufsummierten Radien am grössten sind. DIe Linie wird normalerweise im Perfektionstraning gefahren.. Rot eingezeichnet ist eine Kampflinie, die wir in diesem Jahr erkundeten. Kampflinie bedeutet dabei zwei Dinge. Zum einen die Linie auf welcher man am schlechtesten überholt werden kann (was einem Kampf mit andern Rennfahrern entspricht), und zum andern, die Linie, die am schnellsten ist, wenn man sehr gute Brems- und Beschleunigungswerte hinkriegt, (was einem Kampf mit den eigenen Nerven und mit dem Material entspricht)

Da die Ausfahrt aus der Fuchsröhre zuerst sehr steil ist und dann mit einer Kante auf das Plateau des Adenauerforst übergeht, ist die im Grundriss eingezeichnete Gerade im Aufriss ein beachtliche Kurve, was in der reelen Ueberlagerung eine ziemlich komplizierte Kurve ergibt, in welcher man den Scheitelpunkt der ersten Rechtskurve beim Einfahren nicht sieht.

Die rote Linie muss wesentlich schneller gefahren werden, damit der Zeitverlust in der engen Linkskurve am Ausgang kompensiert wird. Man ist also bei hohem Tempo in relativer Schräglage am starken Bremsen. Ein Musterbeispiel für den Der Kamm'schen Kreis.

Wehrseifen

Auch hier gilt natürlich, dass im Grundriss nicht die reelen Kurven eingezeichnet sind, weil's im Wehrseifen extrem steil abwärts geht.


Die Faszination des Rings Als ich mit 20 Jahren als Maschinenzeichner mein erstes Geld verdiente, kaufte ich sofort ein Motorrad, zwei Freunde von mir hatten schon Motorräder, obwohl in den 70-er Jahren Motorräder in der Schweiz ganz selten zu sehen waren. Wer Geld hatte, hatte ein Auto, der Motorradmarkt war praktisch verschwunden. Ab ca. 1965 brachten die Japaner sportliche Motorräder auf den Markt, die jedes Jahr mit mehr Leistung aufwarteten. 1971 kaufte ich eine 2-Takt-Suzuki mit 500 ccm und einer Leistung von etwa 50 PS, was eine Spitzengeschwindigkeit von etwa 170 km/h erlaubte. Das Fahrwerk und die Bremsen waren dafür viel zu schwach, aber das interessierte uns nicht. Geschwindigkeitsbeschränkungen gab es noch sehr wenige, ausserorts war freie Fahrt. Ich fuhr, was die Motoren hergaben, jedes Jahr etwas schneller. Die Motorräder entwickelten sich in riesigen Schritten, mein Fahrkunst entwickelte sich kaum. 1985 kaufte ich nach einer studiumsbedingten Pause wiedr mit meinem ersten Einkommen wieder ein Motorrad, ein 4-Takter mit 1000 ccm und etwa 100 PS, was schon für gutes Stück über 200 km/h reichte. Dann fuhr ich auf einer Motorradreise nach Belgien recht zufällig am Nürburgring vorbei. Ich sah auch recht zufällig - wenn es in solchen Sachen Zufälle gibt - dass man auf dem Nürburgring mit Privatfahrzeugen fahren konnte. Ich meinte damals, dass ich ein recht guter Motorradfahrer sei, ich hatte ja Jahre und Tausende von Kilometer hinter mir. Aber dann auf dem Ring sah ich andere, wie ich sie eben auf den öffentlichen Strassen nie gesehen habe. Wie die an mir vorbeifuhren, das war für mich unvorstellbar. Und wieder zurück auf dem Parkplatz, zerfiel auch meine Erklärung, dass die eben wesentlich bessere Motorräder hätten als ich. Die hatten dieselben Maschinen, aber die konnten einfach viel besser fahren als ich. Ich war damals schon ein alter Mann, sozusagen. Ich meldete mich sofort zu einem Lehrgang auf den Nürburgring an und kaufte, um in dieser Hinsicht gewappnet zu sein, das schnellste Motorrad, das von der Stange damals zu haben war. Der Fahrkurs war als Sicherheitstraining von einem "Institut für Zweiradsicherheit" ausgeschrieben, mich interessierte aber natürlich (!) nur das Tempo. Und was ich dort in zwei Tagen lernte, war eben für mich noch unglaublicher, als die schnellen Anderen, die ich zuvor dort gesehen hatte. Danach ging ich jedes Jahr mindestens zu einem Training auf den Ring. Ich weiss nicht mehr genau, wann ich Bernt Spiegel kennenlernte. Er war in diesen Trainings stets als sportpsychologische Ratgeber dabei und hielt und die Vorträge, die sein Buch von der oberen Hälfte ausmachen. Da Bernt ja noch ein Stück älter und wohl auch (auch auf dem Motorrad) etwas vernünftiger ist als ich, fuhren ich und meine Freund dann in Gruppen, denen er tempomässig nicht folgen wollte. Als wir unsererseits an unserem Tempolimit angekommen waren, so dass wir dort nicht mehr viel gewinen konnten, baten wir ihn ein zweitägiges Training mit uns zu machen, bei welchen er das Tempo bestimmen konnte. Für uns war es dann eine Art praktischer Unterricht in Motorradpsychologie. Wir bekamen von Bernt andere Lernziele, die wir unsererseits wieder in Tempo messen konnten. Er zeigte uns, dass da viel mehr ist, als wir zunächst bei unseren Rennfahrerinstruktoren lernten. Neben Bernt ist auch immer der Mentaltrainings-Psychologe Hans Eberspächer vor Ort, der uns einmal sagte, wir hätten wie Rennfahrer Bretter vor der Stirn. Bernt und Hans habe uns ein bisschen davon befreit, aber Motorräder bleiben für mich eine Temposache. Die Wende auf dem Ring kann ich leicht benennen: davor war Tempo auf der Geraden, Spitzengeschwinigkeit in meinem Focus, das braucht nur Mut und starke Motoren, danach ist das Tempo durch die Kurveb in meinem Focus, da entwickle ich Feeling oder eben mich. Ich habe auf dem Nürburgring er-Fahren, dass ich lernen kann, wie ich es zuvor nie erfahren hatte. Der Ring ist ein Symbol für mich. Und er liegt halt in der Eifel. Unsere Passstrassen sind wunderbar, aber da es öffentliche Strassen sind, kann man dort nicht am Limit Motorrad fahren und deshalb auch viel beschränkter lernen. Am Ring ist die Unterhaltung (Unterhalt des Feelings) viel grösser.