Psychologisches Institut der Universität Zürich
Psychologische Methodenlehre

    Systemtheorie 2. Ordnung     Folienverzeichnis rückwärts - vorwärts    


 
Uebungen
 

1. WC-Spülung

Rekapitulation der technisch-kybernetischen Sicht:
Ueberlege welche Störungen durch die Regelung kompensiert werden und bezeichen die Mechanismen.


 


2. Vorlesungs-Feedback

Phänomen: Ein Kursteilnehmer sagt dem Kursleiter am Ende eines Kurses, was ihm nicht gefallen hat.


 

1. WC-Spülung

Funktional gesehen dient der Spülkasten natürlich der Spülung. Konstruktiv gesehen ist das Spülen aber eine Störung des Gleichgewichtes des Spülkastenssystems. Der Regelung des Spülkastens kompensiert also das Spülen.
Der Ist-Wert ist die aktuelle Höhe des Schwimmkörpers, die durch den Wasserstand gegeben ist. Der Sollwert ist der höchste Wasserstand, der erreicht werden kann. Die Differenz wird nicht berechnet, sondern implizit dadurch festgestellt, dass das Zuflussventil geöffnet ist, wenn der Schwimmer nicht ganz oben ist. Der Regler fällt also in diesem Fall mit dem Differenzglied zusammen. Die Strecke ist durch den Durchmesser des Zuleitungsrohres und den Wasserdruck definiert, denn das System reagiert in Abhängigkeit von diesen Werten auf die Störung.

    


 

2. Vorlesungs-Feedback


"Kommunikation" zwischen zwei "offenen Systemen"
welche Motive, welche Ziele


 


Kommunikation innerhalb des Systems
Wahl der Systeme: Kursteilnehmer oder Kursleiter oder beide zusammen

Auch im zweiten Fall kann ich als Kursteilnehmer oder als Kursleiter "betroffen sein" oder die Situation von aussen sehen. Ich beobachte zunächst den Kursteilnehmer als System, das heisst ich betrachte mich als Kursteilnehmer. Ich stelle dann etwa fest, dass sich in mir während des Kurses eine Ist-Soll-Wert-Differenz ergeben hat, und dass ich diese mit einer bestimmten Massnahme kompensiere(n will). Ich könnte meine Erwartungen so ändern, dass sie zu meinen Kurserfahrungen passen, oder ich kann bestimmte Sätze an den Kursleiter richten. Beides sind Massnahmen, die mir möglich sind. Als Sensor fungiert meine Zufriedenheitserwägung, als Effektor fungiert beispielsweise meine Massnahme, etwas bestimmtes zu sagen. So wie eine Heizung heizt, sage ich, was ich zu sagen habe. Der Kursleiter gehört nicht zum System "Kursteilnehmer", ihn kann ich ja mit Systemoperationen nicht ändern, er ist ein Teil der Umwelt. Nach der Massnahme frage ich mich, ob meine Massnahme meine Ist-Soll-Wert-Differenz verkleinert hat oder nicht. (An diesem Punkt unterbreche ich die Analyse).

Ich beobachte als nächstes den Kursleiter als System, das heisst ich betrachte mich als Kursleiter. Vielleicht bin ich ein Kursleiter, der Kritik nicht gerne hat. Dann stelle ich angesichts bestimmter Rückmeldungen eine Ist-Soll-Wert-Differenz in mir fest. Ich frage mich, mit welcher Massahme ich diese Differenz abbauen kann. Ich habe verschiedenen Möglichkeiten. Ich könnte die Kritik anders deuten, etwa so, dass sie nicht mich, sondern irgendeinen andern Umstand betrifft, oder ich kann solche Meldungen als Hinweis auf nicht richtig funktioniernende Sensoren betrachten. Ich könnte auch mein Verhalten ändern und überprüfen, ob meine Massnahme meine Ist-Soll-Wert-Differenz reduziert. Der Kursteilnehmer gehört nicht zum System "Kursleiter", ihn kann ich mit Operationen innerhalb des Systems nicht ändern. (Auch hier unterbreche ich, ich werde später hier weiterfahren).

Ich beobachte als nächstes ein System, in welchem der Kursteilnehmer und der Kursleiter vorkommen. Dazu brauche ich natürlich eine Aussensicht, weil ich mich jetzt nicht mehr identifizieren kann. Ich muss also eine Systemfunktion sehen, die nicht an einen der beiden Menschen gebunden ist, ich betrachte also ein "soziales" System. Ich muss also von aussen sehen, welche Sollwerte das System wie regelt. Wenn der Kurs beispielsweise im Rahmen einer betrieblichen Weiterbildung stattfindet, haben unter anderen die Inhaber des Betriebes ein Interesse an Effizienz und Effektivität. Aber wie kann der Kursteilnehmer diese Sensorfunktion erfüllen? Wenn die Kursteilnehmer zahlende Kunden sind, kann sich eine Schule auch andere Sollwerte als Bildung geben. Die Schule muss dann beispielsweise immer genügend Kunden haben. Die Kritik eines Kursteilnehmers kann dann als negative Werbung gesehen werden.

Die systemtheoretische Perspektive verschiebt also den Focus. In der Aussensicht entsteht eine bewusste Diskussion des Zweck des Systemes, und die je spezifische Innensicht sagt viel mehr über die beteiligten Menschen als über den Kurs. Eine systemtheoretisch plausibler Zweck einer sogenannten Feedbackrunde besteht beispielsweise darin, dass sich die Teilnehmenden ihre Erwartungen und Vorlieben bewusst machen. Feedback ist dann innerhalb der einzelnen Menschen angesiedelt und gibt ihnen selbst Auskunft über ihren eigenen Systemzustand.