Japanese Monkeys on Koshima 1963
|
Bildquelle: Wikipedia |
Masao Kawai (1924–1921) war Primatenforscher. 1953 beobachtet er bei den Japanmakaken auf Koshima das Entstehen neuer Verhaltensweisen und deren Verbreitung: Eines Tages tauchte ein junges Weibchen, das der Forscher Imo genannt hatte, eine mit Sand bedeckte Süsskartoffel wohl zunächst zufällig ins Wasser eines Baches und wusch den Sand mit den Händen ab. Mit diesem eigentlich unauffälligen Verhalten leitete Imo die Affenkultur ein. Kurzer Zeit später begannen ihre Artgenossen dieses Verhalten nachzuahmen. Fünf Jahre nachdem die Erfindung gemacht worden war, wuschen 80% der Jungtiere der Gruppe die Süsskartoffeln bevor sie diese aßen, von den älteren Tieren hatten nur lediglich 18% die neue Technik übernommen. Es waren ausschliesslich ältere Weibchen, die das Waschen der Knollenfrüchte von ihren Jungtieren übernommen hatten. |
Das Waschen wurde nach und nach vom Bach ins Meer verlegt. Neu heranwachsende Jungtiere wurden von ihren Müttern beim Kartoffeln waschen ins Wasser mitgenommen und lernten somit dieses Verhalten. Aber damit nicht genug, sie begannen die Kartoffeln vor jedem Bissen erneut ins Meerwasser einzutauchen- anscheinend um diese zu salzen. Für die Jungtiere wurde dadurch das Meer, das frühere Generationen gemieden hatten, zu einem vertrauten Element. Bei heißem Wetter wurde das Planschen im Wasser für sie zu einem beliebten Zeitvertreib, der die Tiere auch noch vor Überhitzung schützte. Die nachfolgenden Generationen lernten sogar das Schwimmen und Tauchen und einige begannen Seetang aus dem Wasser zu holen und sich diesen als neue Nahrungsquelle zu erschließen, eines der Jungtiere schwamm sogar einmal zu einer benachbarten Insel. Ein neuer, großer Lebensraum wurde erschlossen.
Später legten die Wissenschaftler, die die Affen beobachteten, Weizenkörner im Sand aus und wieder war es die inzwischen vier Jahre alte Imo, die eine weitere noch bemerkenswertere Erfindung machte: Sie warf das Weizen-Sand-Gemisch ins Wasser - der Sand sank ab, aber der Weizen schwamm und konnte leicht von der Wasseroberfläche abgeschöpft werden. Auch diese Technik fand Nachahmer, aber einige Gruppenmitglieder versuchten davon zu profitieren und nahmen Weizen an sich, den andere Tiere "gewaschen" hatten. Daher waschen die Makaken heute den Weizen in der geschlossenen Hand oder in kleinen Wasserlöchern, von denen sie ihre diebischen Artgenossen fernhalten können.
Was die japanischen Forscher auf Koshima beobachtet haben, ist die Entstehung einer neuen Kultur, die allmählich zur Tradition innerhalb der Gruppe wird.
Überraschend war eine weitere Beobachtung: Im Laufe der Zeit fingen immer mehr Makaken an, auf zwei Beinen zu laufen. Dieses Verhalten stand offensichtlich in einem engen Zusammenhang mit der geschilderten neuen Affenkultur. Die Tiere liefen oft fast dreißig Meter weit aufrecht und trugen dabei Bataten oder Weizen in den Händen. Diese Beobachtung ist deswegen so interessant, weil ja auch in der menschlichen Stammesgeschichte enge Verknüpfungen zwischen der Entwicklung der Kultur und der Aufrichtung des Körpers zum zweibeinigen Gehen bestanden haben müssen. (Quelle:
Affenkultur. Corina Gericke, http://www.versuchstier-des-jahres.de/2004/kultur.htm
Kultur verwende ich in Bezug auf Menschen. Hier wird eine Art Tier-Mensch-Übergang beobachtet, in welchem das Herstellen (toolmaking animal) keine Rolle spielt.