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Literatur

Dialektik der Aufklärung (mit T. Adorno)

Zur Person

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Bildquelle: Wikipedia
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Max Horkheimer (1895-1973) war Sozialphilosoph und führender Kopf der Frankfurter Schule.


 

HORKHEIMER: Das Glück wäre ein Zustand des Tiers, gesehen von der Perspektive dessen, was nicht mehr Tier ist. ADORNO: Am Tier könnte man lernen, was Glück ist. HORKHEIMER: Den Zustand des Tiers erreichen auf der Ebene der Reflexion, das ist Freiheit. Freiheit bedeutet, daß man nichts arbeiten muß. ADORNO: Die Philosophie sagt immer, Freiheit ist, wenn man sich die Arbeit aussucht, wenn man alles Miese zu seiner eigenen Sache macht. HORKHEIMER: Darin steckt die Angst. Im Osten haben sie gemerkt, daß es mit dieser Art von Freiheit nicht so weit her ist, und haben darum die Sklaverei gewählt. Die Hauptsache dort ist, daß Gerechtigkeit herrscht, auf die Freiheit legen sie keinen Wert. Freiheit wäre, daß man auf einer höheren Stufe wieder in das Diffuse zurückgleitet. Deshalb ist die Vergötzung der Zivilisation, die mit der Vergötzung der Arbeit identisch ist, so schlecht. Das Chaotische, das Diffuse wäre das Glück." (Diskussion über Theorie und Praxis, 1956) HORKHEIMER: Freiheit ist nicht, daß ich akkumulieren kann, sondern daß ich nicht zu akkumulieren brauche. ADORNO: Das steckt auch bereits im Marx. Auf der einen Seite stellte sich Marx die Befreiung von der Arbeit vor. Auf der andern Seite fällt ein ungeheurer Glanz auf die gesellschaftliche Arbeit, beide Momente sind nicht recht artikuliert. Marx hat nicht die Ideologie der Arbeit kritisiert, weil er den Begriff der Arbeit selber gebraucht hat, um der bürgerlichen Klasse die Rechnung aufmachen zu können. HORKHEIMER: Hier muß eine Dialektik entfaltet werden. Die Menschen verdrängen ihre eigenen chaotischen Triebe, die sie aus der Arbeit herausführen wollen, dadurch wird ihnen die Arbeit zu etwas Heiligem. ADORNO: Anstelle des Gedankens der Freiheit von Arbeit tritt, daß man sich seine Arbeit aussuchen kann. Selbstbestimmung heißt, daß ich in der vorgezeichneten Arbeitsteilung in den Sektor schlüpfen kann, der mir den größten Bissen verspricht. HORKHEIMER: Es ist eine erbärmliche Vorstellung, daß die Freiheit in der Selbstbestimmung bestehe, daß man sich nichts anderes darunter vorstellen kann, als daß man sich die Arbeit, die früher der Herr befohlen hat, nun selber aussucht; der Herr hat sich aber nicht selber bestimmt. ADORNO: Der Begriff der Selbstbestimmung hat nichts mit Freiheit zu tun. Kant: Autonomie: pariere Dir selber.
Zu Anfang heißt es: "Die Protokolle dieser fortlaufenden Diskussion, die sich über neun teils halbe teils ganze Tage erstreckte, wurden wahrscheinlich, wie andere zu den Diskussionen zwischen Horkheimer und Adorno, von Gretel Adorno niedergeschrieben." HORKHEIMER: Wir sind für das Moment des Chaotischen, für das, was nicht drin ist. ADORNO: Das Chaotische kann man nicht advozieren. Beispiel für Muffigkeit von Engels. HORKHEIMER: Wir sind noch nicht dahinter gekommen, warum es so etwas Furchtbares ist, wenn in der bürgerlichen Gesellschaft, schon in Rom, jemand den Leib einer Frau geil betastet. Das hängt mit dem Schlimmsten und mit dem Besten zusammen. Der Abscheu gegen die Welt des Tauschs hat sich da hinein geflüchtet, in der Liebe soll das Nichtbürgerliche erhalten bleiben. ADORNO: Die bürgerlichen Sexualtabus hängen wohl mit dem jus primae noctis zusammen. Die Frauen sollen die Verfügung über sich selbst bekommen, die Menschen werden sich selbst zum Eigentum. Das bedroht der Sexus, und dadurch wird die perennierende Sexualfeindschaft bedingt. HORKHEIMER: Kants Definition der Ehe.** In der Liebe steckt wahrscheinlich die falsche Negation der bürgerlichen Gesellschaft. ADORNO: Negiert auf eine ohnmächtige Weise und durch ihre Ne- gation perpetuiert."


 
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