Bert Hellinger (1925) ist ein Psychoanalytiker, der die Aufstellung von Familienmitgliedern, die sich tragisch verstrickten, bekannt gemacht hat. |
Ein Kind macht sich selbst. Die Mutter bietet ihm als Milieu die Möglichkeit
Bert Hellinger arbeitet mit einem Verfahren, das er Aufstellungen nennt. In diesen Aufstellungen erzeugen Menschen Konstellationen, die sich ihrer bewussten Kontrolle entziehen und die sich - von esoterisch Geweihten - interpretieren lassen.
Ein zentrales Motiv von Bert Hellinger lautet: Leiden ist leichter als lösen. Dieses Motiv hat zwei Seiten: Wenn ein Mensch in einer therapeutischen Sitzung erkennt, worin sein Leiden begründet ist, darf nicht der Therapeut entscheiden, ob das Leiden gelöst werden soll. Der Patient darf das Leiden behalten, wenn es ihm leichter fällt als die Aufarbeitung. Er kann sich für das Leiden entscheiden. Diese Seite des Motives ist im positiven Sinn systemisch, weil sie die Autonomie des Patienten betont.
Die Kehrseite des Motives ist die Vorstellung, dass bestimmte moralische Setzungen nicht gelöst werden, auch wenn sie beliebiges Leiden verursachen. Bert Hellingers ist extrem normativ orientiert. Er weiss unerschütterlich, was gut und was bös ist. Er ist ein Exorzist wie aus dem Bilderbuch.
Diese zwei Sichten haben etwas von innen/aussen. Wer nicht drin ist, versteht nicht, was drinnen läuft, und wer drinnen ist, sieht nicht, was von aussen gesehen wird.
Auf der Homepage schreibt Bert Hellinger, dass er viele Neider habe. Damit vertritt er eine extreme Innensicht. Von aussen gesehen gibt es beliebig viele ebenso erfolgreiche Sekten, man muss nicht ausgerechnet auf Hellingers Erfolg neidisch sein.
Was Hellinger macht hat zweifelslos Sinn für ganz viele Menschen. Dass Hellinger von Carl Auer entdeckt wurde und verlegt wird, wäre auch nicht erwähnenswert, wenn nicht der Verlag selbst (in der Person von F. Simon) öffentlich bekennen würde, dass sie in Hellingers Verfahren nicht nur nichts systemisches, sondern sogar das Gegenteil davon sehen.
Das könnte man als Unglück oder - angesichts des enormen materiellen Erfolges - als übertriebenen Opportunismus seitens des Verlages betrachten, man kann daran aber auch erkennen, wie weit das Feld des "Systemischen" gesteckt ist: die allgemeine Systemtheorie ist an sich schon uferlos, das davon abgeleitete systemische Denken kann sich Ufer nicht einmal vorstellen.
Hellinger arbeitet mit Archetypen, vor welche sogar der faschoide C.G. Jung Angst hätte. Aber natürlich ist er im systemischen Umfeld von Luhmann in allerbester Gesellschaft.