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Zopfi, Emil: Kilchenstock - Der Bergsturz in den Köpfen. 376 g. 335 S. 2. A. 1996. Limmat Gebunden. SFr. 39.00, ISBN 3-85791-275-8

Leseprobe

Aufstieg
Schwarz stand der Berg im Licht. Der alte Mann sass vor dem Haus auf der Bank, zeigte hinauf in den Schatten. »Er kommt wieder.« Es war Sommer, Hitze lag im Tal. Ich schlug mein Notizbuch auf und schrieb. Neue Runsen haben sich in den Hang gefressen, im Wald versteckt, Bäume sind umgestürzt, Fels ist abgebrochen. Der Sturm hat grosse Flächen des Schutzwaldes entwurzelt, Borkenkäfer fressen im Holz. Er hoffe, sagte der alte Mann, der Berg komme nur brockenweise. Unten sei der Fels fest, bilde einen Riegel. Angst habe er nicht. Damals, als Kind, ja, da habe man den Berg gefürchtet.

Es war im Jahr 1283, als die Menschen am Fuss des Bergs eine Kirche bauten, ihr Turm lehnte sich an den steilen Hang, als wolle er die Mächte beschwören, die auf dem Gipfel wohnen zwischen Erde und Himmel. Im magischen Weltbild der Bergler stand der Turm als Bannzeichen gegen den Berg, schützte vor Lawinen und Steinschlag, vor den Kräften der Zerstörung, die ständig drohten. »Meister Walter und Ulrich, sin son« hiessen die Baumeister, lese ich auf einer Tafel. Ulrich war auch der erste Sigrist. Die Kirche gab dem Berg den Namen: Kilchenstock.

Verloren stand der alte Turm in der wuchernden Wildnis, Weiden und Haselstauden schossen auf, Brombeerstauden rankten über Schutt. Eine Runse zog vom Berg herab, mündete in ein ausgebaggertes Becken. Ich schritt durch die Pforte im Wall, der das Dorf gegen den Berg schützt, ein Bauer schnitt Gras, grüsste knapp. Ich kämpfte mich durchs Dickicht, kletterte über Felsbrocken und Wurzelstöcke. Am Turm blätterte gelblicher Verputz, an der Fassade zeichnete sich noch der Giebel des Schiffs ab, das längst abgebrochen war.

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