zurück ]      [ Stichworte ]      [ Die Hyper-Bibliothek ]      [ Systemtheorie ]         [ Meine Bücher ]         [ Meine Blogs ]

Rueschemeyer, Dietrich: Spencer and Durkheim über Arbeitsteilung und Differenzierung: Kontinuität oder Bruch? in: Luhmann, Niklas, ed., Soziale Differenzierung. Opladen: Westdeutscher Verlag 1985, l63-180.

Volltext

Klappentext:
Die Begriffe Arbeitsteilung und soziale Differenzierung repräsentieren eine Problematik, die seit mehr als zweihundert Jahren eine zentrale Rolle in der Theorie der Gesellschaft gespielt hat. Von den frühesten Behandlungen der Arbeitsteilung in der Sozialphilosophie des griechischen Altertums abgesehen, zieht sich eine kontinuierliche Theorietradition durch das soziologische Denken des neunzehnten Jahrhunderts, die nicht nur auf Adam Smith sondern weiter auf Mandeville und andere Vorläufer der schottischen Gesellschaftstheoretiker zurückgeht. Wenn Adam Smith, Claude-Henri Saint-Simon, August Comte, Alexis de Tocqueville, Karl Marx, Herbert Spencer, Karl Bücher, Georg Simmel, Emile Durkheim und Max Weber die Thematik in der jeweils verschiedenen Problemperspektive ihres Werkes aufnehmen und ihre spezifischen Beiträge zum Verständnis der verschiedenen Formen der Arbeitsteilung, ihrer Ursachen und ihrer Wirkungen machen, so sind sie sich in ganz besonderer Weise der jeweiligen Vorgänger bewußt. Diese Kontinuität äußert sich nicht etwa nur darin, daß Smith’s pin factory so oft zitiert wird, daß sie zum fast sprichwörtlichen Modell der Arbeitsteilung geworden ist. Viel esoterischere Teilthemen wie zum Beispiel das der „Entfremdung“ als Folge von Arbeitsteilung zeigen eine ganz ähnliche Kontinuität: ist man willens, Ähnlichkeiten des Begriffs und der Problematik auch dann anzuerkennen, wenn sie nicht unter dem romantischen Etikett erscheinen, so finden sich bedeutende Beiträge zum Beispiel bei Smith, de Tocqueville, Spencer, Durkheim und Weber. Wichtiger noch als solche spezifischen Zitate und unmittelbaren Fortentwicklungen früherer Ideen ist, daß auch und gerade, wo ein Marx, Spencer oder Durkheim an der Problematik von Arbeitsteilung und Differenzierung den eigenen theoretischen Standort entwickelt, der Bezug auf die Theorietradition von besonderer Bedeutung bleibt - sei es in der Form von Distanzierung und Kritik, sei es in Übereinstimmung und Berufung auf die Vorgänger oder sei es in rekonstruierender Uminterpretation. Es gibt nur wenige Probleme der Gesellschaftstheorie, die über so lange Zeit hinweg ein solch kontinuierliches Interesse gefunden und zudem im Zentrum der Theoriebildung gestanden haben.

Textstellen:
"Differenzierung und Integration gehen nach Spencer Hand in Hand. So gewinnt die moderne Gesellschaft ihren Zusammenhalt weitgehend aus der durch die Arbeitsteilung gesteigerten Interdependenz; weitgehend, aber - und das ist wichtig zu betonen - nicht ausschliesslich: Auch Spencer erkennt verschiedentlich an, daß die moderne Gesellschaft nicht ohne moralische Fundierung auskommt." (S.170)

Ich bin der überzeugung, daß nur durch solche Prozessanalysen von Differenzierung, und ebenso von De-Differenzierung, die Problematik weiter zu klären ist." (S.176)