zurück ]      [ Stichworte ]      [ Die Hyper-Bibliothek ]      [ Systemtheorie ]         [ Meine Bücher ]

Perrin, Daniel: Wie Journalisten schreiben. Ergebnisse angewandter Schreibprozessforschung. Inklusive CD-ROM mit Fallstudien aus Presse, Radio, TV und Internet

Inhalt:
Dieser Band zeigt an 17 Fallbeispielen aus einem schweizerischen Forschungsprojekt, gestützt auf die einschlägigen repräsentativen Befunde der Schreibprozessforschung, was Medienleute tun wollen und was sie tatsächlich tun, wenn sie am vernetzten Computer-Arbeitsplatz aus Quellentexten Nachrichten schreiben. Dazu wurde genau festgehalten, was beim Schreiben, Abschreiben, Umschreiben und Kopieren an den Arbeitsplätzen geschieht.

Ohne den natürlichen Schreibverlauf zu stören, wurde in der »Progressionsanalyse« jeder Tastendruck und jeder Mausbefehl der Schreibenden erfasst. Erst nach einer Deadline, als der Text fertig und weitergereicht war, führten sich der Autor oder die Autorin den eigenen Schreibprozess rückblickend vor Augen und kommentierten ihr Vorgehen. So liegen nun Daten vor zur Arbeitssituation, zum Schreibverlauf, zu den Strategien der schreibenden Person und zum fertigen Text.

Dabei zeigt sich, dass die Qualität eines Nachrichtentextes, seine Gestalt, seine Präzision und sein Reiz von Entscheidungen abhängen, die während des Schreibens getroffen werden. Bei diesen Entscheidungen stützen sich die Redakteurinnen und Redakteure auf ein Repertoire von Strategien, die teils aufs Textprodukt zielen, teils den Schreibprozess lenken. Diese Strategien, zum Beispiel »Leadsätze nicht überladen« oder »um den Inhalt herummogeln«, werden hier systematisch erfasst, dargestellt und interpretiert.

Die Studie macht deutlich, dass Journalisten während des Schreibprozesses personentypische und universelle Grundmuster wiederholen. Erfahrene Nachrichtenredakteure steuern den Schreibprozess bewusster und nutzen den Computer differenzierter als unerfahrene. Die dem Band beiliegende CD-ROM soll die Lektüre unterstützen und zeigen, wie die Texte am Arbeitsplatz entstanden sind – und wie die fertigen Print-, Online-, Radio- und TV-Beiträge aussehen und klingen. Sie macht am Bildschirm sichtbar, wie ein Text Schritt für Schritt entsteht, wie die Entscheidungen im Schreibprozess das Endergebnis, den fertigen Beitrag prägen.

Journalisten sollen angeregt werden, ihre eigenen Schreibstrategien zu überdenken. Das Buch beschreibt Werkzeuge für ein Redaktionscoaching, das nicht erst am fertigen Text, sondern frühzeitig bei den Strategien, Techniken und Entscheidungen ansetzt.

Inhaltsverzeichnis

I. Problem: Was geschieht am Arbeitsplatz?
1. Forschungslücke: Die strapazierten Schleusenwärter beim Schreiben
2. Strategien: Handlungsleitend fürs Mikro-Gatekeeping
2.1 Definition
2.2 Klassierung
2.3 Codierung
3. Hypothese: Anfänger fertigen Texte, Erfahrene steuern Prozesse
3.1 Bewusster
3.2 Prozeduraler
3.3 Funktionaler
4. Sample: Experten und Novizen, Kopieren und Assoziieren
4.1 Erfahrungstypen
4.2 Aufgabentypen
4.3 Texttypen
4.4 Medientypen
4.5 Überblick

II. Methode: Die Progressionsanalyse

1. Methodische Tücke: Schreibprozesse beschreiben, ohne zu stören
2. Methodischer Ansatz: Beobachten, Messen, Erschließen
2.1 Situationsporträt
2.2 S-Notation und Progressionsgrafik
2.3 Verbalprotokoll

III. Daten: 17 Arbeitsplätze bei Presse, Radio, Tv und Online

1. Direkte Textreproduktion: Schreiben mit Einkopieren
1.1 Associated Press
1.2 Solothurner Zeitung
1.3 Teletext
1.4 Radio 32
1.5 Schweizer Radio DRS, Nachrichten
2. Indirekte Textreproduktion: Schreiben mit Abschreiben
2.1 Schweizerische Depeschenagentur
2.2 Berner Zeitung
2.3 WochenZeitung
2.4 Basler Zeitung
2.5 Neue Luzerner Zeitung
3. Assoziative Textreproduktion: Schreiben aus Erinnerung
3.1 Blick
3.2 Weltwoche
3.3 Nouveau Quotidien
4. Parallele Textreproduktion: Schreiben zu anderen Texten
4.1 Tages-Anzeiger
4.2 Beobachter
4.3 Schweizer Radio DRS, Echo der Zeit
4.4 TeleZüri

IV. Befunde: Die Unterschiede in den Repertoires

1. Prozessgerichtete Strategien: Das Schreiben steuern
1.1 Schreibziel
1.1.1 Beispiel AP: Mit einer Kurzfassung die Stoßrichtung vorzeichnen
1.1.2 Die Repertoires im Querschnitt
1.2 Schreibplan
1.2.1 Beispiel »Schweizer Radio DRS, Echo der Zeit«: Den Textaufbau mit O-Ton abstecken
1.2.2 Die Repertoires im Querschnitt
1.3 Schreibfluss
1.3.1 Beispiel BaZ: Komplexe Quellenwelt in die Publikumswelt übersetzen
1.3.2 Die Repertoires im Querschnitt
1.4 Schreibkontrolle
1.4.1 Beispiel »Beobachter«: Hyperlinks setzen und Informationslücken entdecken
1.4.2 Die Repertoires im Querschnitt
2. Produktgerichtete Strategien: Den Text vorwegnehmen
2.1 Textfunktion
2.1.1 Beispiel »Weltwoche«: Quellentext dramaturgisch zuspitzen
2.1.2 Die Repertoires im Querschnitt
2.2 Textbedeutung
2.2.1 Beispiel »Schweizer Radio DRS, Nachrichten«: Quellentext laufend mit Eigeninformationen ergänzen
2.2.2 Die Repertoires im Querschnitt
2.3 Textstruktur
2.3.1 Beispiel »Blick«: Wechselnde Quellenrede verbinden
2.3.2 Die Repertoires im Querschnitt
2.4 Text- und Sprachtyp
2.4.1 Beispiel »TeleZüri«: Schriftdeutsche Quellensprache in Mundart übersetzen
2.4.2 Die Repertoires im Querschnitt
3. Längsschnitt: Fokus in den Repertoires

V. Interpretation: Die Forderungen an Schreibcoachings

1. Diagnose und Intervention: Expertise erfassen, Repertoires erweitern
1.1 Erfassen
1.2 Beschreiben
1.3 Bewusst machen
1.4 Verbessern
2. Zwölf Leitfragen zum Prozess: Survival Kit fürs Schreibcoaching
2.1 Schreibziel
2.2 Schreibplan
2.3 Schreibfluss
2.4 Schreibkontrolle
3. Zwölf Leitfragen zum Produkt: Survival Kit fürs Redigieren
3.1 Textfunktion
3.2 Textbedeutung
3.3 Textstruktur
3.4 Text- und Sprachtyp

Intermezzi
Arbeitstechniken für die Schreibpraxis
A. Die Schreibtisch-Technik
B. Der Typo-Test
C. Der Stolper-Test
D. Die Tatort-Technik
E. Der Überfall-Test
F. Die Etappen-Technik
G. Die Antipasti-Technik
H. Die Tank-Technik
I. Die Skizzen-Technik
J. Die Partitur-Technik
K. Der Rückerklär-Test

Anhang

Literatur und Quellen
Abkürzungen
Die CD-ROM zum Buch