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Maturana, Humberto / Pörksen, Bernhard (2008): Vom Sein zum Tun. Die Ursprünge der Biologie des Erkennens. Carl Auer Systeme Verlag, Heidelberg 2002, ISBN 9783896702883

Klappentext
Die Biologie ist gegenwärtig dabei, unser Verständnis der Erkenntnis- und Lebensprozesse radikal zu verwandeln. Sie ergründet das Geheimnis des Bewusstseins und zeigt, dass der Beobachter und das Beobachtete im Akt des Erkennens unauflösbar miteinander verbunden sind: Die Welt, in der wir leben, ist nicht unabhängig von uns; wir bringen sie buchstäblich selbst hervor. Zu den Protagonisten dieses neuen Denkens in der Naturwissenschaft gehört der berühmte Neurobiologe und Systemtheoretiker Humberto R. Maturana. In Gesprächen mit dem Kommunikationswissenschaftler Bernhard Pörksen erkunden beide die Grenzen unseres Erkenntnisvermögens, diskutieren die Wahrheit der Wahrnehmung und die Biologie der Liebe und entwerfen - konkret, anschaulich und fabulierlustig - eine Anleitung zum systemischen Denken.

Kurzbeschreibung
Die Biologie ist gegenwärtig dabei, unser Verständnis der Erkenntnis- und Lebensprozesse radikal zu verwandeln. Sie ergründet das Geheimnis des Bewusstseins und zeigt, dass der Beobachter und das Beobachtete im Akt des Erkennens unauflösbar miteinander verbunden sind: Die Welt, in der wir leben, ist nicht unabhängig von uns; wir bringen sie buchstäblich selbst hervor. Zu den Protagonisten dieses neuen Denkens in der Naturwissenschaft gehört der berühmte Neurobiologe und Systemtheoretiker Humberto R. Maturana. In Gesprächen mit dem Kommunikationswissenschaftler Bernhard Pörksen erkunden beide die Grenzen unseres Erkenntnisvermögens, diskutieren die Wahrheit der Wahrnehmung und die Biologie der Liebe und entwerfen - konkret, anschaulich und fabulierlustig - eine Anleitung zum systemischen Denken.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 08.02.2003
Als "erfrischend lesbares Buch" würdigt Rezensent Peter Bexte den Band "Vom Sein zum Tun", in dem Humberto R. Maturana seine eigene Theorie im Gespräch mit Bernhard Pörksen erläutert. Der mit seiner Theorie lebender Systeme berühmt gewordene Biologe beantwortet zur Freude Bextes "engagiert" alle Fragen, die ihm Pörksen zur Biologie des Erkennens stellt. Etwa: Was nehmen Tauben im Flug wahr? Wie beobachten Menschen einander? Warum sieht niemand sich selbst von außen? Wie kann man Wahrheit und Illusion unterscheiden? Bexte hebt hervor, in welch hohem Maße Maturana von Anfang an ethische Reflexionen beschäftigten. Sein Nachdenken über die Biologie des Erkennens habe ihn auf eine Ethik der Verantwortung geführt. Wenn nämlich interne Strukturen über die Wahrnehmung entschieden, könne niemand sich hinter angeblich objektiven Wahrheiten verstecken. "Wir leben in genau der Welt, die wir hervorbringen", erklärt Bexte die ebenso "schlichte wie wirkungsvolle" Bio-Ethik Maturanas, "also sind wir selbst verantwortlich, ob es eine Hölle wird oder ein Miteinander."

Inhaltsverzeichnis

I. Kosmos einer Theorie
1. Ohne den Beobachter gibt es nichts
2. Spielformen der Objektivität
3. Biologie des Erkennens
4. Von der Autonomie der Systeme
5. Wie sich geschlossene Systeme begegnen
6. Autopoiesis des Lebendigen
7. Karriere einer Idee
II. Anwendung einer Theorie
1. Psychotherapie
2. Pädagogik
III. Geschichte einer Theorie
1. Anfänge und Inspirationen
2. Rückkehr nach Chile
3. Erfahrung der Diktatur
4. Welten der Wissenschaft
IV. Ethik einer Theorie
1. Biologie der Liebe

Textstellen:

PÖRKSEN: Bereits Kant unterscheidet zwischen einer absoluten Wirklichkeit, einem Ding an sich, und einer Welt der Erscheinungen; allein sie sei uns, so heißt es, zugänglich.
MATURANA: Woher will man wissen, dass diese absolute Wirklichkeit besteht, von deren Unerkennbarkeit man doch gleichzeitig ausgeht? Das ist ein sinnloses Gedankenspiel, weil man über die als unabhängig bezeichnete Realität eben doch nur in Abhängigkeit von der eigenen Person zu sprechen vermag. Wenn ich dagegen betone, dass alles Gesagte von einem Beobachter gesagt wird, dann rückt eine andere Schlüsselfrage ins Zentrum, die das gesamte traditionelle System der philosophischen Auseinandersetzung mit der Realität, der Wahrheit und dem Wesen des Seins verändert: Sie handelt nicht mehr von Erforschung einer äußeren Wirklichkeit, die man als extern und gegeben wahrnimmt und voraussetzt. Es ist der Beobachter, dessen Operationen ich – operierend als ein Beobachter – verstehen möchte; es ist die Sprache, die ich – in der Sprache lebend – erklären will; es ist das Sprechen, das ich – sprechend – genauer beschreiben möchte. Kurzum: Es gibt keine Außenansicht dessen, was es zu erklären gilt. (25)

“Es geht um zwei unterschiedliche Einstellungen, zwei Wege des Denkens und Erklärens. Die eine Einstellung nenne ich Objektivität ohne Klammern. Hier setzt man die beobachterunabhängige Existenz der Objekte voraus, die – so nimmt man an – erkannt werden können. Man glaubt an die Möglichkeit einer externen Validierung der eigenen Aussagen. Diese Validierung verleiht dem, was man sagt, Autorität und eine fraglose, auf Unterwerfung zielende Gültigkeit. Sie führt zur Negierung all derjenigen, die den “objektiven” Feststellungen nicht zustimmen. Man ist nicht bereit, ihnen zuzuhören, will sie nicht verstehen. Die fundamentale Emotion, die hier regiert, handelt von der Autorität des als universal geltenden Wissens. Man lebt im Bereich transzendentaler Ontologien, die einander ausschließen: Jede dieser Ontologien erfasst vermeintlich die objektive Realität; das Sein erscheint als unabhängig von der eigenen Person und dem eigenen Tun. Die andere Einstellung bezeichne ich als Objektivität in Klammern; die emotionale Basis besteht hier darin, dass man die Gesellschaft des anderen genießt. Die Frage nach dem Beobachter wird vollkommen akzeptiert, und man versucht, sie zu beantworten: Die Unterscheidung von Objekten und die Erfahrung des Seins werden gemäß diesem Erklärungsweg nicht geleugnet, aber der Verweis auf die Objekte bildet nicht die Basis von Erklärungen, sondern es ist die Kohärenz von Erfahrungen mit anderen Erfahrungen, die die Grundlage der Erklärungen darstellt. Der Beobachter wird aus dieser Sicht zur Quelle aller Realitäten, er bringt diese selbst durch seine Unterscheidungsoperationen hervor. Es ist der Bereich der konstitutiven Ontologien, den man hier betritt: Das Sein konstituiert sich durch das Tun des Beobachters. Wenn man diesem Erklärungsweg folgt, dann wird einem bewusst, dass man sich keineswegs im Besitz der Wahrheit befindet und dass es zahlreiche mögliche Realitäten gibt. Sie sind für sich genommen alle legitim und gültig, aber natürlich nicht in gleichem Maße wünschenswert. Folgt man diesem Erklärungsweg, dann verlangt man nicht die Unterwerfung des anderen, sondern man hört ihm zu, man möchte die Zusammenarbeit, man sucht das Gespräch und will herausfinden, unter welchen Umständen, das, was der andere sagt, Gültigkeit besitzt. Als wahr erscheint eine Aussage dann, wenn sie den Valitäitätskriterien des jeweiligen Realitätsbereichs genügt.” (S. 39-40, Maturana über den Trialog… Publiziert am 13. Juni 2014 von Apollon Trialog funktioniert nicht für jede(n)…http://zeithueter.de/2014/06/maturana-ueber-den-trialog/)

[Die Ohnmacht der Macht]