Esposito, Elena: Soziales Vergessen, Suhrkamp, 2002
Esposito unterscheidet 4 Formen gesellschaftlichen Gedächtnisses:
1) Die nicht-alphabetisierte Schriftlichkeit ("devinatorisches Gedächtnis", das das ewig Gleiche nah an den Dingen wiederholt, aber
auch auf Wahrsagen und Magie angewiesen ist; ikonenhafte Schrift, Privileg der Sachdimension, sozial: Zentrum/Peripherie,
Leitunterscheidung: Oberfläche/Tiefe);
2) alphabetisierte Schrift ("rhetorisches Gedächtnis," Abstand von den Dingen, Unterscheidung Text und Inhalt, eigene Wahrheitskriterien und Kohärenzgrenzen ausbildend, Privileg der Sozialdimension, Leitunterscheidung: Wahr/Falsch);
3) Buchdruck ("Kultur als Gedächtnis"; massenhafte Verbreitung in interaktionsfreier Kommunikation zwischen Autor und
Leser; Privileg der Zeitdimension; Zwang zum Neuen Leitunterscheidung: System/Zufall);
4) das Netz (Übergang von speicherungsorientierten zu zugriffsorientierten Formen des Gedächtnisses, vom Speicher- zum Archivmodell; vorweggenommene Zukunft im Jetzt bei voller Akzeptanz, dass so zu entscheiden hoch riskant ist.)
[M.Rost]