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Als Verlagswesen bezeichne ich bestimmte Produktionsverhältnisse, die sich etwa gleichzeitig wie die Manufaktur entwickelten und wie diese die Zunft verdrängten. Im Verlagswesen hat der Verleger den verlegten Heimarbeitern Produktionsmittel, etwa Geräte wie Spinnrad oder Webstuhl, und Rohstoffe, wie z.B. Rohbaumwolle, "vorgelegt" oder vorfinanziert.

Das Verlagswesen begann im 16. Jhd um sich zu greifen. Im 19. Jhd. gab es Verlage mit mehrere Tausend Beschäftigten. Überwiegend wurden im Verlagswesen Textilien hergestellt, entscheidend für die Heimarbeit war, dass die Geräte einfache und die Waren leicht zu transportieren waren - und natürlich, dass keine maschinelle Konkurrenz in Form von Fabriken vorhanden war (Maschinenstürmerei). In den Zuliefererländern ist es bis heute noch verbreitet.

Im Buchdruck war das Verlagswesen nicht sehr weit entwickelt, weil die Druckerpressen eher in die Manufaktur passten. Gleichwohl hat sich die Bezeichnung "Verlag" im Druckereigewerbe angesiedelt und bis heute erhalten.


 
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Verleger und das Verlagswesen

Ich wundere mich gerade über eine eigenartige Lücke in meinem Wissen, die ich im Internet nicht schliessen kann. Es gibt Unternehmen, dieverlagswesen sich selbst als Verlage bezeichnen, obwohl das Verlagswesen gemeinhin als frühkapitalistisches Ausbeutungssystem übelster Sorte – für Textile und Texte – schlechthin gilt.

In einer etwas derben Analogie gibt es eine politische Partei, die sich als Piraten bezeichnet, obwohl Piraten gemeinhin als Verbrecher gelten, die vor gar nichts zurückschrecken. Die politischen Piraten meinen vielleicht, dass Piraterie unter bestimmten gesellschaftlichen Verhältnissen nicht nur kein Verbrechen, sondern sogar notwendig sei, das meinen wohl auch viele Terroristen, weil doch einige im Nachhinein zu Helden werden. Ich bin gespannt, wann die erste Partei mit dem Namen expliziten Terroristen antritt, also Terror nicht mehr mit “demokratisch” kaschiert wird.

Aber eigentlich interessiert mich, was heutige Verlage vom Verlagswesen halten. Viellleicht meinen sie, dass unter bestimmten gesellschaftlichen Verhältnissen das Verlagswesen nicht nur keine Ausbeutung repräsentiere, sondern eine notwendige Form der Warenproduktion darstelle.

PS 1: In der Wikipedia war urspünglich eine positive Verknüpfung zwischen Verlagswesen und Verlag, die aber bald total bereinigt, also ersatz- und kommentarlos gestrichen wurde. Ob das ein heutiger Verleger getan hat, ist nicht ersichtlich.

PS 2: Das Kapital vieler Verleger ist in den letzen Jahren durch das Internet in grosse Bedrängisse geraten. Viele Verleger, namentlich solche von grossen Zeitungen, rufen nach staatlichen Subventionen für ihre Verlagsmodelle, die jetzt als die jetzt “Medienkonzerne” die Demokratie sichern sollen. Es gibt sozusagen wie bei der Piraterie eine neue Deutung des Verlagswesen. Es hat ja auch früher schon gutmütige Piraten gegeben, was J. Deep eindeutig beweist. Vielleicht hat es früher ja auch gutmütige Verleger gegeben …

Quelle


 
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