Homonym: siehe ganz unten |
Als Ereignis bezeichne ich ein in einem Deutungszusammenhang erzählbares Geschehen, das ich als relative Ganzheit zeitlich isoliere und bezeichne. Ein Ereignis hat einen Ort, einen Zeitpunkt und eine Dauer und begründet Zustände oder deren Aufhebung. Ein Ereignis ist in diesem Sinn eine Phase eines Prozesses, in welchem sich der Zustand von für mich relevanten Variablen schnell und stark verändert. Ereignisse geschehen, ich mache sie nicht. Ereignisse werden aber in dem Sinne gemacht, als sie von einem Beobachter als relevante Momente beobachtet werden. Ereignisse sind bedingt vorhersehbar, so dass man auf sie - etwa gegen Versicherungsgesellschaften - wetten kann.
Beispiele:
ein Vulkanausbruch, ein Unfall, die Geburt eines Menschen, ein Mensch erschiesst einen Menschen
Erläuterung:
Ich höre ein ein zeitlich begrenztes Geräusch, zB. einen Knall.
Es ist eine sinnliche Reaktion auf eine Schallwelle.
Wenn ich von Hören spreche, nehme ich etwas wahr.
Wenn ich nicht weiss, was das Geräusch bedeutet, weiss ich trotzdem, dass es eine Ursache hat. Es wird zum Ereignis, indem ich es beobachte, also bezeichne.
Umgangssprachlich (etwa in der Wikipedia durch Weiterleitung) wird Ereignis und Geschehen synonym verwendet. Das quasi-etymologische "eräugen - vor Augen stellen" deute ich aber als Moment innerhalb eines Geschehens, in welchem dessen Relevanz zu Tage tritt.
Weitergeleitet von Geschehen): Ein Ereignis (aus althochdeutsch irougen, neuhochdeutsch eräugen „vor Augen stellen, zeigen“) ist im allgemeinen Sinn eine Situation, die durch Dynamik oder Veränderung gekennzeichnet ist. Das Gegenteil eines Ereignisses ist ein „Zustand“: eine Situation ohne Veränderung oder Dynamik. Eine klassische Definition ist, dass ein Ereignis (minimal) darin besteht, dass ein Übergang von einem Zustand in einen anderen Zustand stattfindet.
Systemtheorie: In der soziologischen Systemtheorie bezeichnet Ereignis die zeitpunktbezogene, nicht bestandsfähige Einheit der Differenz von Vorher/Nachher in autopoietischen Systemen. Nach dem Ereignis ist etwas anderes möglich als vorher. Genau dieser Unterschied verleiht den Systemelementen trotz fehlender Dauerhaftigkeit ihre operative Anschlussfähigkeit im Zeitablauf. Beispielsweise bestehen mündliche Äußerungen nur zum Zeitpunkt des Sprechens und sind danach sofort wieder vergangen. Haben nacheinander gesprochene Worte eine Anschlussfähigkeit, dann ergeben sie einen zusammenhängenden Satz. Der Satz kann nur dann entstehen, wenn die einzelnen Ereignisse (hier: Worte) keine dauerhafte Existenz haben.
Beispiel:
Ein Mensch entsteht nicht bei seiner Geburt, aber er kommt dann vor die Augen seiner Mutter, was sie als speziellen Moment - der seinerseits eine Dauer hat - beobachten und erleben kann.
Ereignisse, die ich erlebe, bezeichne ich als Erlebnisse.
Als Nachrichten bezeichne ich Berichte von Ereignissen.
Erzählungen bringen eine Reihe von Ereignissen in einen Zusammenhang.
Notizen
In der Wahrnehmung passiert nichts, wenn ich zu den Zeitpunkten t und t+1 keinen Unterntscheide beobachte. Ich schaue aus dem Fenster, es passiert nichts. Jetzt fliegt ein Vogel vorbei. Das passiert zwar oft, aber jetzt gerade auch und gerade vorher ist es nicht passiert. Dieses Ereignis findet logischerweise nur einmal statt, ich kann nicht zweimal in denselben Fluss steigen.
Wenn ich lange genug aus dem Fenster schaue, wird es Nacht oder Winter. Das sind keine Ereignisse sondern Geschehen. Wenn es zu regnen beginnt, kann ich das als unerwartetes Ereignis erleben. Wenn es dann regnet, ist der Regen kein Ereignis mehr, es verändert sich vor meinem Fenster (Auge) nichts mehr, was ich beobachte.
H. Arendt schreibt, dass der Herstellungsprozess das Denken des Homo fabers in dem Sinne bestimme, dass er einen Anfang habe und einer linearen Geschichte beschrieben werde, während natürliche Prozesse kreisförmige Wiederholungen seien. Das Leben der Menschen sei eine endlose Abfolge, während das Leben eines einzelnen Menschen eine Geschichte repräsentiere.
Aus entsprechender Distanz ist das Leben eines Menschen, sein Auftauchen, ein Ereignis.
Ereignisse eignen sich als Elementareinheit von Prozessen. Sie sind kleinstzeitlich fixiert und kommen nur einmal vor (Luhmann, SozSyst, 102)
Homonym:
In der Wahrscheinlichkeitslehre wird Ereignis (auch Zufallsereignis) als Ergebnis eines Zufallsexperiments aufgefasst, dem eine Wahrscheinlichkeit zugeordnet werden kann. Das mit der leeren Menge identische Ereignis ist ein unmögliches Ereignis: Es tritt niemals ein. Beim Würfeln ist jeder Wurf ein Ereignis. Das sichere Ereignis ist die Menge { 1 , 2 , 3 , 4 , 5 , 6 } und das unmögliche Ereignis die leere Menge.