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F. Schulz von Thun greift das Konzept von P. Watzlawick auf, nach welchem Mitteilungen eine Sach- und eine Beziehungseben haben. Er unterscheidet in seinem "4-Ohren-Modell" 4 Botschaften: Sach-, Beziehungs-, Selbstoffenbarungs- und Appell-Botschaften, die zu einander in "double-bind" (G. Bateson) oder Disonanz stehen können und dann die Kommunikation stören. Ein typisches Beispiel von F. Schulz von Thun ist etwa, dass ein Beifahrer im Auto vor einer Ampel zum Fahrer sagt: "Es ist grün!". Der Fahrer kann das dann sehr verschieden auffassen. Er kann es als sachliche Mitteilung verstehen, oder als Aufforderung, endlich loszufahren, oder als Hinweis auf mangelde Kompetenz usw. Bei F. Schulz von Thun ist das "interpretierende System" von G. Bateson stärker in den Vordergrund gerückt als bei P. Watzlawik. Er argumentiert weniger mit Double bind, als damit, dass der Interpret die Interpretationsebene unglücklich wählen kann, also beispielsweise immer gleich beleidigt ist, wenn man ihm etwas sachlich mitteilen will. |
F. Schulz von Thun befasst sich wie P. Watzlawick mit sogenannten Kommunikationsstörungen. Er unterscheidet mehr Fälle, verarbeitet mehr Theorien (etwas Bühler's Sprachphilosophie) und ist weniger psychotherapeutisch orientiert als P. Watzlawick. Er steht stärker in der Tradition der Verkäuferschulung, die euphemistisch Kommunikationstraining genannt wird. Auch bei ihm gibt es keine theoretische Reflexionen auf den verwendeten Kommunikationsbegriff. Er geht stillschweigend davon aus, des Menschen sich gegenseitig mit Botschaften oder Mitteilungen mehr oder weniger gut verständlich machen. Systemtheoretisch gesehen (und wohl auch der Sache nach) unterscheidet er sich nicht von P. Watzlawick, das heisst, alle seine Fälle lassen sich systemtheoretisch begreifen, er aber begreift sie als Kommuikation zwischen Systemen.
Auch alle Beispiele von F. Schulz von Thun sind ziemlich banal, vielleicht weil es ihm nur darum geht, das Prinzip seiner 4 Ohren zu zeigen.
F. Schulz von Thun und P. Watzlawick erklären nicht, wie es möglich ist, dass verschiedenen Systeme "sich verstehen" können. Sie haben keinen Begriff von Kommunikation, sondern postulieren vielmehr eine Krankheit oder eine Störung, wo das gegenseitige "Verstehen" nicht funktioniert. Und das "Verstehen" selbst verstehen sie ganz praktisch: Der Kunde hat den Verkäufer verstanden, wenn er dessen Produkte kauft. Wenn der Verkauf nicht gelingt, müssen der Kunde und oder der Verkäufer zum Therapeuten.
Während F. Schulz von Thun und P. Watzlawick sich die Frage nach den Grundlagen des Verstehens nicht stellen, weil sie Verstehen als menschliche Gegebenheit einfach voraussetzen, muss eine eigentliche Kommunikationstheorie natürlich erklären, wie das Phänomen des "Verstehens" bei welchen Systemtypen zustande kommt. N. Luhmann bezeichnet "Verstehen" als eine Beobachterleistung, mit welcher wir bestimmte Systemprozesse umschreiben.